Die Nachfrage nach Darlehen wächst, jene nach Bausparverträgen geht zurück. Ursachen sind die niedrigen Zinsen und die Erwartung steigender Finanzierungskosten. Auch die staatliche Prämie ist derzeit niedrig.
Wien/Apa/B.l. Bauspardarlehen erfreuen sich hoher Beliebtheit: Im ersten Halbjahr haben die vier Bausparkassen (S-Bausparkasse, Raiffeisen, ABV und Wüstenrot) um sieben Prozent mehr Darlehen ausbezahlt als im Vergleichszeitraum des Vorjahres: Konkret waren es 1,53 Mrd. Euro. In Summe stieg die Zahl der Ausleihungen um 5,1 Prozent auf 17,95 Mrd. Euro. Ursache dürfte die Angst vor steigenden Zinsen sein, die Bauspardarlehen mit ihrem automatischen Zinsdeckel von sechs Prozent attraktiv erscheinen lassen.
Förderung bleibt bei drei Prozent
Das Bausparen hat dagegen in der Gunst der Anleger etwas verloren. Die Zahl der Neuabschlüsse ging um 4,2 Prozent auf 475.512 Verträge zurück. Die Spareinlagen stiegen aber um 2,6 Prozent auf 18,8Mrd. Euro. Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Marktforschungsunternehmens GfK zeigte, dass der Bausparer an Attraktivität eingebüßt hat: Fanden 2010 noch 49 Prozent der Österreicher diese Anlageform sympathisch, waren es heuer 44 Prozent.
Ursache dürften auch hier die niedrigen Zinsen sein. Auch die staatliche Prämie liegt derzeit auf dem niedrigst möglichen Wert von drei Prozent der Einzahlungen, maximal aber 36 Euro im Jahr. Sie dürfte auch nächstes Jahr auf diesem Wert bleiben, schätzte Josef Schmidinger, Generaldirektor der S-Bausparkasse und Vorstand der S-Wohnbaubank, am Dienstagabend vor Journalisten. Der Prozentsatz für das nächste Jahr orientiert sich an der „Sekundärmarktrendite“ (Rendite für Staatsanleihen, die man an der Börse erhält) im Zeitraum von 1. Oktober des Vorjahres bis 30. September des laufenden Jahres. Damit dürfte auch die staatliche Förderung für die Zukunftsvorsorge auf dem geringst möglichen Niveau von 8,5 Prozent der einbezahlten Prämien verharren– Sozialminister Rudolf Hundstorfer hatte kürzlich angedeutet, dass er sich hier Kürzungen vorstellen könnte.
Nächstes Jahr dürften allerdings die Zinsen für Darlehen wie Sparverträge leicht steigen, und zwar um 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte, meinte Schmidinger. Auch bei der S-Bausparkasse ist das Volumen der neuen Darlehen im ersten Halbjahr gestiegen, und zwar um 24,4 Prozent auf 378 Mio. Euro. Die Zahl der neuen Bausparverträge sank um 16,5 Prozent auf 153.345.
Dagegen ist die Nachfrage nach Wohnbauanleihen gewachsen: Die S-Wohnbaubank platzierte von Jänner bis Juni 97 Mio. Euro neue Wohnbauanleihen, um 27,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Dabei erfreuen sich vor allem fix verzinste Anleihen (mit 3,6 Prozent pro Jahr) mit monatlicher Auszahlung großer Nachfrage. Sie seien bei Pensionisten sehr gefragt. Variabel verzinste Anleihen seien eher ein Ladenhüter. Für solche Produkte erhält man 1,5 Prozent Zinsen pro Jahr bis September 2012, danach gibt es 90 Prozent des Sechs-Monats-Euribors (Letzterer liegt bei 1,818 Prozent, Tendenz seit zwei Jahren steigend).
Steuerzuckerl wurde gestrichen
Ursache für die höhere Beliebtheit der Wohnbauanleihen dürfte der Steuervorteil sein: Die Zinsen in Höhe von bis zu vier Prozent sind von der 25-prozentigen Kapitalertragssteuer befreit. Wenn man für eine Wohnbauanleihe 3,6 Prozent Zinsen erhält, müsste man auf einem Sparbuch vor Abzug der KESt 4,8 Prozent bekommen, um genauso viel zu haben. Nachteil von Wohnbauanleihen: Sie haben eine Laufzeit von mehr als zehn Jahren. Auch hat der Gesetzgeber den zweiten Steuervorteil, die Absetzbarkeit als Sonderausgabe, kürzlich gestrichen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2011)