Immobilienaktien gelten als günstig, konnten sich aber den Kursrückgängen der vergangenen beiden Wochen nicht entziehen. Die Anleger fürchten offenbar einen Konjunktureinbruch.
Die jüngsten Unruhen an den Börsen gingen auch an den heimischen Immobilienaktien nicht spurlos vorüber. Der Immobilien-ATX, der monatelang zwischen 180 und 200 Punkten herumpendelte, rutschte vergangenen Dienstag auf unter 130 Zähler ab, erholte sich dann aber wieder etwas. Der Index spiegelt die Wertentwicklung der Immobilienfirmen Immofinanz, CA Immo, S-Immo, Conwert und Warimpex wider. Dass diese Papiere schon vor den jüngsten Kursrückgängen günstig waren– sie kosten um bis zu 40 Prozent weniger, als der Wert ihrer Immobilien ausmacht– wissen die Anleger dieser Tage wenig zu schätzen. Zu groß ist derzeit die Angst vor einer Rezession.
Eine solche würde die Nachfrage nach Büroflächen dämpfen, das Umfeld für Einkaufszentren verschlechtern und den Druck auf die Mieten steigen lassen. Dann wären die günstigen Immobilienaktien gar nicht mehr so günstig. Derzeit sehe es aber nicht nach einer Rezession aus, meint Raiffeisen-Analyst Peter Brezinschek. Warum gerade österreichische Aktien in letzter Zeit besonders schwer getroffen wurden? Den Grund sieht Brezinschek darin, dass sich internationale Investoren generell aus kleinen Börsen – an denen vergleichsweise wenig Handel stattfindet – zurückziehen.
Osteuropa gilt als unsicherer Markt
Ähnlicher Ansicht ist UniCredit-Analyst Alexander Hodosi: Investoren aus dem angelsächsischen Raum würden in Krisenzeiten als Erstes jene Märkte verlassen, die als instabil gelten. Osteuropa gehöre zumindest in den Köpfen dazu, auch wenn die Wirtschaft dort vergleichsweise gut dastehe.
Die Aktie der auf Büro- und Gewerbeimmobilien spezialisierten CA Immo legte in den vergangenen Tagen eine besonders heftige Achterbahnfahrt hin. Hodosi erklärt das damit, dass in nächster Zeit einige Entwicklungsprojekte fertiggestellt werden und vermietet werden müssen. Kommt es tatsächlich zu einer Rezession, könnte letzteres schwierig werden. Am relativ besten sollte sich im Fall eines starken Wirtschaftseinbruchs die Conwert halten, deren Immobilien zu 62 Prozent aus Wohnimmobilien bestehen. Auch dürfte das Unternehmen, das in großem Stil Zinshäuser verkauft, von der anhaltenden Flucht der Anleger in Immobilien profitieren.
Die Immofinanz liege, was das Risiko betrifft, dazwischen, bei ihr beläuft sich der Wohnimmobilienanteil auf 31 Prozent, stellt Hodosi fest. Das Unternehmen hat dieser Tage die Bilanzdaten für das Geschäftsjahr bekannt gegeben, das Ende April endete: Das Konzernergebnis konnte um 60 Prozent auf 313,5 Millionen Euro gesteigert werden. Ursachen sind die Erholung in Osteuropa und höhere Verkaufserlöse. Auch die Mieterlöse kletterten um fast sieben Prozent auf 579 Millionen Euro. Das Unternehmen zahlt nun eine Dividende von zehn Cent je Aktie. Da die Ausschüttung als „Einlagenrückzahlung“ gilt, ist sie von der 25-prozentigen Kapitalertragssteuer befreit. In den nächsten Jahren soll die Dividende auf bis zu 20 Cent pro Aktie steigen.
Nach Bekanntgabe dieser Zahlen legte die Aktie stark zu, in den vergangenen Tagen wurden alle diese Zugewinne aber von den Kursturbulenzen wieder aufgefressen. Dass die Turbulenzen schon vorbei sind, glaubt kaum jemand. Angesichts der großen Unruhe an den Börsen könnte es ein weiteres Mal nach unten gehen, meint Brezinschek. Langfristig orientierte Anleger könnten sich aber in zwei bis drei Jahren auf Gewinne einstellen, meint er. Auch Hodosi glaubt nicht, dass die Kurse noch einmal so tiefe Niveaus wie nach der Finanzkrise sehen. Ende 2008 war der Immobilien-ATX auf 40 Punkte abgerutscht. Seinen Höchststand verzeichnete er im Jahr 2007 bei fast 400 Punkten. Bis dahin ist es aber ebenfalls noch ein weiter Weg.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2011)