Ära Haider: Korruptionsaffären dominieren Wahl

Gerhard Dörfler
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Gerhard Dörfler muss um seine Wiederwahl bangen. Der Staatsanwalt ermittelt gegen FPK- und SPÖ-Politiker, Jörg Haider ist der große Abwesende auf den Anklagebänken.

Wien. Vor vier Jahren war es noch eine Jörg- Haider-Gedächtniswahl. Der Unfalltod des glamourösen Landeshauptmannes lag erst wenige Monate zurück, die Freiheitlichen – damals noch mit dem BZÖ vereint – versprachen, auf „sein Kärnten“ aufzupassen und trafen offensichtlich den Punkt: einen verklärten, fast verliebten Rückblick auf einen Politiker, in den man all die positiven Eigenschaften hineinprojiziert hatte, die man bei Politikern gern sehen würde. Die Freiheitlichen erhielten damals 35 Prozent der Stimmen, Gerhard Dörfler blieb in einer Koalition mit der ÖVP Landeshauptmann.

Auch bei der Landtagswahl am 3. März wird Jörg Haider im Mittelpunkt stehen: Diesmal stimmen die Kärntner über das Erbe Haiders ab. Das Bild des Strahlemanns ist gebröckelt, die Folgen seiner Politik sind weithin sichtbar. Kärnten ist heute ein schwer verschuldetes Land, das sich die Verteilung von Wahlzuckerln und Geschenken an seine Bürger schlicht nicht mehr leisten kann. Dass das Land nicht pleite ist, verdankt es nur dem Bund, der die ehemalige Landesbank Hypo Alpe Adria notverstaatlicht hat, womit 20 Mrd. Euro Haftungen nicht schlagend wurden.

Eine Reihe von Korruptionsblasen

Noch schwerwiegender aber: Eine Reihe von Korruptionsblasen ist aufgebrochen, der tote Jörg Haider ist der große Abwesende auf den Anklagebänken. Ein kleiner Auszug aus den bekannt gewordenen Affären: Der Verkauf der Hypo Alpe Adria brachte als „Nebengeräusch“ eine Millionenspende an den Fußballklub Austria Kärnten. Die Staatsbürgerschaft für zwei russische Geschäftsleute war mit einem Sponsoring für einen Kärntner Motorsportler verbunden (und einem Restbetrag, den Haider selbst einsteckte). Das Wohlverhalten beim Kauf der Eurofighter brachte eine Millionenspende für eine Kärntner Technologiestiftung ein. Und das Sechs-Millionen-Honorar für den Steuerberater Dietrich Birnbacher, für das Ex-ÖVP-Chef Josef Martinz nicht rechtskräftig zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde, hatten Haider und Martinz gemeinsam zu verantworten.

Gerhard Dörfler war einst als biederer Adlatus Haiders angetreten. In den vier Jahren als Landeshauptmann hat er durchaus an Statur gewonnen: So hat er wesentlich zur Lösung des Jahrzehnte dauernden Ortstafelkonflikts beigetragen. Und er hat sich gegen die Scheuch-Brüder durchgesetzt, die drauf und dran waren, die Partei ganz zu übernehmen. Dass Uwe Scheuch selbst über eine Korruptionsaffäre stolperte und inzwischen rechtskräftig verurteilt wurde, war für Dörfler sicherlich kein Nachteil.

Aber von der Ära Haider hat er sich nicht abkoppeln können – zu sehr ist er da selbst involviert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen einer Broschüre im letzten Wahlkampf, bei der angeblich Firmen indirekt für BZÖ-Werbung bezahlen mussten. Und es droht der nächste Prozess in der „Connect“-Affäre: Firmen, die von Landesaufträgen profitierten, hatten einer Werbeagentur der Freiheitlichen Partei Aufträge zukommen lassen (müssen?). Dörfler ist da gleich doppelt betroffen: als damaliger Finanzreferent der Freiheitlichen und als ehemaliger Landesrat für Straßenbau. Etliche Baufirmen hatten an Connect für „Layoutberatung“ gezahlt.

Gehen die Freiheitlichen damit chancenlos in die Wahl? Das ist noch nicht gesagt. Denn einerseits ist auch die Konkurrenz angeschlagen. So ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen SPÖ-Spitzenpolitiker wegen des Verdachts, eine Parteifirma begünstigt zu haben. Und andererseits darf der psychologische Aspekt nicht missachtet werden: Die Wahrheit über die Ära Haider zu akzeptieren, heißt für viele, zu akzeptieren, dass man jemandem Verehrung entgegengebracht hat, der es nicht verdient hätte. Und dazu sind nicht alle bereit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2012)

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