Die Staatskrise hält Ägypten in Atem. Nachdem Präsident Mohammed Mursi von der Armee aus dem Amt geputscht wurde, vergeht kein Tag ohne neue Unruhen. DiePresse.com stellt die wichtigsten Akteure im Machtkampf um Ägypten vor. von Elona Kamberi
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Militärchef Abdel Fattah al-Sisi ist ohne Zweifel der starke Mann Ägyptens. Seit August 2012 steht der 58-Jährige an der Spitze der Streitkräfte und des Verteidigungsministeriums. Erstmals in der ägyptischen Geschichte wurde er von einem demokratisch gewählten Präsidenten, Mursi, ernannt. Ausgerechnet al-Sisi ist es dann, der die Entmachtung des islamistischen Präsidenten Mursis verkündet. Und seither mit voller Härte gegen dessen Anhänger vorgeht. In der Öffentlichkeit präsentiert er sich zwar als moderner Armeeführer, er soll aber ein tiefgläubiger Moslem sein.
Nach seiner Wahl inszenierte er sich zunächst als Präsident aller Ägypter. Für seine Gegner war er jedoch nichts weiter als eine Marionette der Muslimbruderschaft. Ohne Rücksicht auf die Opposition boxte er mit Hilfe von Sondervollmachten - die er sich selbst erteilte - eine islamistische Verfassung durch. Zuletzt äußerte er sein Bedauern über seinen autoritären Regierungsstil und rief alle politischen Kräfte des Landes zum Dialog auf. Für seine Kritiker kam diese Einsicht zu spät. Mursi wurde aus dem Amt geputscht und sitzt derzeit in Untersuchungshaft. Ihm wird Geiselnahme und Mord vorgeworfen.
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Die salafistische Partei war die zweitgrößte Fraktion im Parlament Ägyptens. Radikaler als die Muslimbrüder, trugen die Salafisten den Kurs der Muslimbruderschaft lange Zeit mit. Für sie war deren Regierung aber nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Gottesstaat. Präsident Mursi ging ihnen diesen Weg nicht konsequent genug, deshalb stellten sie sich zuletzt gegen ihn. Die Salafisten unterstützten dann auch offen den Putsch. Ihre Hauptsponsoren sind Saudiarabien und die Vereinigten Arabischen Emirate.
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Die Bewegung versteht sich als Sammelbecken der demokratischen Jugend, die sich von Muslimbrüdern um ihre revolutionären Ziele betrogen fühlt. Tamarod hat die jüngsten Massenproteste in Ägypten angefacht. Die Gruppierung hat nach eigenen Angaben mehr als 22 Millionen Unterschriften gegen Mursi gesammelt. In die aktuellen politischen Prozesse der Übergangsregierung wird sie nur am Rande eingebunden.
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Unter dem Namen sind Vertreter des alten Mubarak-Systems bekannt. Ihr wichtigster Vertreter ist der ehemalige Präsidentschaftskandidat Ahmed Shafik (Bild), der im Juni 2012 die Stichwahl gegen Mursi nur knapp verlor. Der letzte Regierungschef Mubaraks verließ anschließend Ägypten und reiste nach Abu Dhabi, um einer Anklage wegen Korruption zu entgehen. Die islamistische Regierung machte bei Unruhen stets "bezahlte Schläger des alten Regimes" für tödliche Konfrontationen verantwortlich.
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Nach der Wahl Mursi zum ägyptischen Präsidenten hat sich das mächtige Militär zunächst aus der Politik herausgehalten. Der Präsident wies die Armee in die Schranken und entmachtete die alte Führungsriege. Doch blieb das Militär ein Staat im Staate. Wachsende Konfrontationen zwischen islamistischer Regierung und Opposition brachten die Generäle wieder auf den Plan. Die Armee sieht sich weniger in einer politischen Rolle, sondern als eine Art Schutzmacht, die den Staat vor einem Kollaps bewahren soll - notfalls mit radikalen Mitteln.
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Die Muslimbruderschaft ist seit 1954 offiziell verboten, wurde aber inoffiziell geduldet. Sie ist die am besten organisierte politische Bewegung Ägyptens und arbeitete vornehmlich im Untergrund. Deren Partei "Freiheit und Gerechtigkeit" erhielt bei der ersten Parlamentswahl die meisten Stimmen (37,5 Prozent). Kritiker werfen der Bewegung islamistische Ziele vor. Auch der abgesetzte Präsident Mursi stammt aus der Muslibruderschaft.
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Der Wirtschaftswissenschaftler und ehemalige Finanzminister wurde zum Übergangspremier ernannt. Als neuer Regierungschef versuchte zunächst vergeblich, die Muslimbrüder für seine Regierung zu gewinnen. Beblawi gilt als liberal.
Seit 2010 bestimmt der 67-Jährige gemeinsam mit seinem Stellvertreter Khairat el-Shater den Kurs der Muslimbruderschaft. Der ausgebildete Tierarzt saß in der Ära Mubarak wegen seiner politischen Aktivitäten jahrelang im Gefängnis. Badie hat den aktuellen "Militärputsch" für "ungültig" und erklärt und zu weiteren Massenprotesten aufgerufen. Er wird von der Justiz gesucht. Sie wirft ihm Verhetzung vor.
Der Friedensnobelpreisträger und ehemalige Chef der in Wien ansässigen Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) war in der Vergangenheit vor allem vom Westen immer wieder als Hofnungsträger für den demokratischen Transformationsprozess angesehen worden. Die Salafisten blockierten aber seine Ernennung zum Übergangs-Premier. ElBaradei wurde schließlich Vize-Präsident.
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Die ''Player'' in Ägyptens blutigem Machtkampf
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