Reformstau im Sozialministerium

(c) APA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Sozialminister Hundstorfer kämpft zunehmend mit Schwierigkeiten: Die Arbeitslosenrate bleibt dramatisch hoch, bei der Pensionsfinanzierung ist er unter Druck, Reformpläne hat er aufgeschoben.

Wien. Er war in den vergangenen Jahren der rote Tausendsassa mit den höchsten Sympathiewerten der SPÖ-Regierungsmitglieder. Eifrig und emsig ist Sozialminister Rudolf Hundstorfer wie eh und je. Politisch ist er in den vergangenen Monaten allerdings vor allem wegen der für Österreich extrem hohen Arbeitslosenrate – Ende Jänner war sie mit 10,5 Prozent und fast einer halben Million Arbeitssuchender so hoch wie in den 1950er-Jahren – zunehmend in Bedrängnis geraten. Trotz einiger ab 2014 erfolgter Reformen sind die Schwierigkeiten wegen steigender Pensionskosten für ihn nicht ausgestanden. Bei weiteren Neuerungen ist er säumig. Selbst die schon vor Jahren angekündigte Bildungspflicht bis 18 Jahre muss erst umgesetzt werden.

Arbeitslosigkeit: Im Gespräch mit der Austria Presseagentur (APA) räumte Hundstorfer am Sonntag ein, dass dem Arbeitsmarkt noch weitere ein bis zwei schwierige Jahre bevorstünden. Dabei steigt die Zahl der Arbeitslosenrate bereits seit August 2011. Mit dem Auslagern in Schulungen kann die hohe Arbeitslosenrate immer weniger kaschiert werden. Die Probleme für Ältere über 50 und Ausländer, einen Job zu finden, werden größer. Reformbedarf sieht er, wie er der APA erklärte, beim Arbeitsmarktservice (AMS) dennoch keinen. Im Vorjahr seien beispielsweise insgesamt 101.000 Sperren von Arbeitslosengeld erfolgt, rechnete er vor.


Pensionsprobleme: Bei den Pensionen lagen die Bundeszuschüsse im Vorjahr um 60 Millionen über dem Voranschlag. Der Sozialminister spielte das mit dem Hinweis darauf, dies liege angesichts der Gesamtaufwendungen des Bundes für die Pensionen von rund zehn Milliarden im Promillebereich, herunter. Eine Bagatelle? Seine SPÖ-Parteikollegin im Bildungsministerium, Gabriele Heinisch-Hosek, könnte damit immerhin gut die Hälfte der von ihr bestätigten Finanzlücke im Schulressort decken.


Tricks: Der Sozialminister hat zwar vorgerechnet, dass das durchschnittliche Pensionsantrittsalter im ASVG um 13 Monate gestiegen sei. Er sieht damit die Einhaltung des von der Regierung zum Koalitionsstart Ende 2013 vorgegebenen Pfads gesichert. Allerdings handelt es sich neben dem tatsächlich gebremsten Zustrom zur Hackler- und Invaliditätspension jedenfalls zum Teil um einen statistischen Trick, weil ehemalige Bezieher einer Invaliditätspension unter 50 Jahren, die seit Anfang 2014 Reha-Geld erhalten, einfach nicht eingerechnet werden. Das lässt das Durchschnittsalter auf dem Papier steigen.


Umfasssendes Monitoring fehlt: Das in der Koalition vereinbarte Pensions-Monitoring, in das auch die Beamten einbezogen werden, existiert nach wie vor nicht. Der Sozialminister kann lediglich auf Pensionsdaten der gesetzlichen Pensionsversicherung zurückgreifen, genauere gesetzliche Vorgaben gibt es auch dafür nicht.


Verzögerungen: Bei weiteren Neuregelungen bei den Pensionen hinkt der Sozialminister hinterher. Die Grundlage für das umstrittene Bonus-Malus-System für Betriebe, die Ältere einstellen oder hinauswerfen, sollte längst vorliegen (auch wenn das System erst ab 2017 zur Anwendung kommen soll). Hundstorfer wird das spätestens nach der dieswöchigen Wirtschaftskammer-Wahl nachholen. Es gilt jedoch als sicher, dass die Wirtschaftsvertreter dabei nicht mitmachen werden. Gleichzeitig ist das Modell für Teilpensionen (neben einer Teilzeitarbeit kann bereits die Pension bezogen werden) überfällig. Nach einem der „Presse“ vorliegenden Protokoll der Sozialpartner soll die Teilpension erst ab 2016 umgesetzt werden. Damit konfrontiert, hat der Sozialminister versichert, es werde schon im März so weit sein. Ein Beschluss im Parlament samt Begutachtung des komplizierten Gesetzes ist jedoch allein wegen des Fristenlaufs nicht mehr bis Ende März möglich.

Feierliche Bilder vom Opernball

Hundstorfer hat stets versichert, noch bis zum Jahr 2020 Sozialminister bleiben zu wollen. Das könnte sich allerdings ändern. Denn der Sozialminister gilt nach wie vor als aussichtsreicher Anwärter als SPÖ-Kandidat bei der Wahl für das Bundespräsidentenamt. Entsprechend feierliche Fotos mit Amtsinhaber Heinz Fischer gab es zuletzt vom heurigen Opernball.

AUF EINEN BLICK

Arbeitsmarkt. In Österreich waren Ende Jänner 472.539 Personen auf Arbeitssuche (inklusive Schulungsteilnehmer). Die Arbeitslosenrate erreichte mit 10,5 Prozent den höchsten Stand seit den 1950er- Jahren. Sozialminister Hundstorfer rechnet noch ein bis zwei Jahre mit Jobproblemen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ)
Politik

Hundstorfer prognostiziert schwere Zeiten

Sozialminister Hundstorfer erwartet zwei weitere schwierige Jahre am Arbeitsmarkt. Kritik am Arbeitsmarktservice wies er zurück.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.