"Rechtsextremist im Parlament" - Grüne kritisieren FPÖ-Event

Austrian Freedom Party member Graf answers journalists questions in Vienna
Austrian Freedom Party member Graf answers journalists questions in Vienna(c) REUTERS (Leonhard Foeger)
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Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf hat Walter Marinovic als Redner in den FPÖ-Klub eingeladen. Marinovic war bereits Gast-Referent der rechtsextremen AFP. Für die Grünen ist sein Auftritt im Parlament "inakzeptabel"

Der Dritte Nationalratspräsident Martin Graf sorgt wieder für Aufregung. Grund ist diesmal eine Einladung: Der Freiheitliche hat Walter Marinovic zu einem Referat am Mittwoch in den FPÖ-Parlamentsklub eingeladen. Anlass ist eine Buchpräsentation des freiheitlichen EU-Abgeordneten Andreas Mölzer.

Marinovic war bereits mehrmals Vortragender bei der rechtsextremen "Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik" (AFP). Dem "Kurier" zufolge ist er außerdem Unterzeichner des 2004 formulierten "Appells zu Württemberg". Darin ist von dem "biologisch-genetischen Erbe des deutschen Volkes" die Rede, das durch die "Wahnvorstellung einer multikulturellen Gesellschaft tödlich bedroht" sei. Verantwortlich dafür seien "Hintergrundmächte", zu denen Juden gehörten. Laut Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) liegt gegen Marinovic nichts Strafrechtliches vor. Er habe aber "kaum Berührungsängste zum deutschen Nationalsozialismus".

Grünen kritisieren Prammer

Die Grünen üben heftige Kritik an der Einladung Marinovics. "Es ist unerträglich, dass Menschen mit dieser Geisteshaltung von einem Dritten Nationalratspräsidenten ins Parlament eingeladen werden und es keinen Protest gibt", erklärte der Grünen-Abgeordnete Harald Walser in einer Aussendung.

Die stellvertretende Parteichefin der Grünen, Ulrike Lunacek, sagte im "Kurier", dass Nationalratspräsidentin Barbara Prammer untätig bleibe, sei "völlig inakzeptabel". "Dass ein Rechtsextremist nicht im Parlament referieren darf, ist keine Frage der Zensur. Hier geht es um die Würde des Hohen Hauses", so Lunacek.

Aus Prammers Büro hieß es am Mittwoch, der FPÖ-Klub habe angesucht, eine Buchpräsentation im Abgeordneten-Sprechzimmer zu veranstalten. Dass dabei auch Marinovic anwesend sein wird, sei damals noch nicht bekanntgewesen. Grundsätzlich nehme die Nationalratspräsidentin keinen Einfluss auf die Inhalte und Themen von Veranstaltungen der Klubs. Prammer zeige sich über die Einladung jedenfalls besorgt und werde dies auch in der Präsidiale am Donnerstag thematisieren, kündigte ihr Sprecher an. Zudem würden Graf und Klubobmann Heinz-Christian Strache von ihr einen Brief erhalten, in dem sie Klärung fordert.

Graf: "Aufregung gekünstelt"

Graf selbst bezeichnete die Aufregung am Mittwoch als gekünstelt. Er freue sich über ein "hervorragendes Podium mit guten Fachreferenten". Selbstverständlich werde Marinovic, der "unbescholten" sei, teilnehmen.

Außerdem sei sogar SP-Bundeskanzler Werner Faymann mit Marinovic in Briefkontakt gestanden - laut Graf als sein ehemaliger Klassenvorstand. Faymann wies das zurück: Marinovic sei erstens nicht sein Klassenvorstand gewesen, sondern nur sein Lateinleherer und zweitens gebe es keinerlei Kontakt, sagte die Sprecherin des Kanzlersam Mittwoch. Marinovic habe Faymann anlässlich dessen Angelobung wie Tausende andere eine Glückwunschkarte geschickt, die routinemäßig beantwortet worden sei.

Der Titel von Marinovics Referat lautet übrigens: "Arminius befreite 09 Germanien von den Römern - wovon befreien wir uns 2000 Jahre danach?"

(Ag./Red.)

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