Häupls Mini-Rochade mit Unsicherheitsfaktor

Finanzstadträtin Renate Brauner (l.), Bürgermeister Michael Häupl und Landesparteisekretärin Sybille Straubinger.
Finanzstadträtin Renate Brauner (l.), Bürgermeister Michael Häupl und Landesparteisekretärin Sybille Straubinger.APA (GEORG HOCHMUTH)
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Frauenberger folgt Wehsely, Czernohorszky wird Bildungsstadtrat – ein Mediationsteam soll den SP-Streit beenden.

Wien.  Die Erwartungen im Vorfeld waren enorm. Von einer großen Rochade, bei der zwei weitere Mitglieder der Stadtregierung ihren Sessel räumen müssen, war im Vorfeld die Rede – nachdem bereits Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely ihren Rückzug aus der Stadtregierung verkündet hatte. Aus einer großen Rochade, um den Frieden in der Wiener SPÖ wieder herzustellen, wurde am Ende de facto nur die Nachbesetzung von Wehselys Posten, die nach Deutschland zu Siemens wechselt: Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger folgt ihrer Vertrauten Sonja Wehsely und übernimmt das Gesundheits- und Sozialressort. Damit muss naturgemäß Frauenbergers Bildungs- und Integrationsressort nachbesetzt werden – die Frauenagenden nimmt Frauenberger in ihr neues Ressort mit. Frauenbergers Aufgabe werde es vor allem sein, den Gesprächskontakt und das Vertrauen mit den Ärzten und MItarbeitern in den Spitälern wieder herzustellen, so Häupl.

Abstimmung am Montag

Für das Bildungsressort hat Bürgermeister Michael Häupl Stadtschulratspräsidenten Jürgen Czernohorszky nominiert, der seit langem als Zukunftshoffnung gilt. Die Nachfolge von Czernohorszky soll wiederum Heinrich Himmer übernehmen – ein Lehrergewerkschafter aus Simmering, also einem Flächenbezirk. Am Freitagabend wurde Häupl vom Parteivorstand ermächtigt, dieses Personalpaket am Montag den zuständigen SPÖ-Gremien zur Abstimmung vorzulegen. „Es war eine wichtige Diskussion, weil es in erster Linie das Ziel ist, wieder ein geordnetes Gesprächsverhältnis herzustellen“, so Häupl.

Ob diese kleine Rochade, wie von Häupl erhofft, den Frieden im roten Richtungsstreit bringt, ist fraglich. „Ich weiß natürlich nicht, ob sich nicht irgendwer wieder melden wird“, räumte Häupl ein. Er werde sich aber künftig nicht mehr an einer öffentlichen Diskussion über Angriffe und Rücktrittsaufforderungen aus der eigenen Partei beteiligen. Und diese auch nicht mehr öffentlich kommentieren. Postwendend schoss Christian Deutsch, früher Häupls Parteimanager und die Speerspitze der Kritiker, gegen dieses Personalpaket. „Nicht einmal ein Reförmchen“, kritisierte er. Deutsch hatte Häupl zuvor mehrfach aufgefordert, dieser möge doch seine Nachfolge regeln. Gleichzeitig hatte die Gruppe um Deutsch auch den Rücktritt von Finanzstadträtin Renate Brauner und Bildungsstadträtin Sandra Frauenberger gefordert, die nun allerdings in das Gesundheitsressort wechselt.

Deutsch blieb mit seiner Kritik an Häupls Personalentscheidungen vorerst aber alleine. Immerhin hatte der SPÖ-Parteivorstand, in dem auch Kritiker vertreten sind, zuvor einstimmig (bei einer Enthaltung) grünes Licht gegeben, um Häupls Vorschlag am Montag absegnen zu lassen. Deshalb ist nicht damit zu rechnen, dass bei der Abstimmung am Montag in jenem Gremium, in dem 176 Funktionäre stimmberechtigt sind und die Kritiker die Mehrheit haben dürften, Häupls Personalpaket zu Fall kommt – oder durch ein schwaches Abstimmungsergebnis in Frage gestellt wird.

Mediationsteam soll vermitteln

Der Grund: Im parteiinternen Flügelkampf setzt Häupl nun ein Art Mediationsteam ein. In dieser Arbeitsgruppe sollen sieben Funktionäre, die noch zu bestimmen sind, den Landesparteitag im April vorbereiten. „Nicht inhaltlich“, erklärte Häupl, der dann wieder als Wiener SPÖ-Chef kandidiert: Diese Gruppe solle vielmehr „Mittel und Wege finden“, um „Vertrauen, Miteinander und die Gesprächsfähigkeit strukturiert vorzubereiten“. Anders formuliert: Beide Flügel sollen bis April verhandeln, wie eine gemeinsame Gesprächsbasis aussehen könnte. Und natürlich eine gemeinsame Linie. Ob diese Verhandlungen (nach der Mini-Rochade) weitere personelle Änderungen nach sich zieht, beantwortet Häupl so: „Diese Frage stellt sich zur Stunde nicht.“ Auf Nachfrage, ob in dieser Arbeitsgruppe über weitere Personalia gesprochen wird oder nicht, stellte der Wiener SPÖ-Chef allerdings klar: „Dort wird über alles gesprochen – völlig tabulos.“ Damit haben die parteiinternen Kritiker also noch weiterhin die Option, die geforderten personelle Änderungen in der Stadtregierung zu erreichen. Ob sie diese Option in den nächsten Wochen bis zum Landesparteitag der Wiener SPÖ forcieren werden, ist derzeit allerdings noch offen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2017)

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