Straßen, Daten: Mehr Überwachung

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Die Grenzkontrollen werden ausgeweitet, mehr Speicherung von Daten wird im Anlassfall ermöglicht. Flüchtlinge erhalten einen Rechtsanspruch auf Deutschkurse.

Wien. Sowohl Kanzler Christian Kern (SPÖ) als auch Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) warnten am Montag schon einmal vor: In der SPÖ werde wohl nicht jeder Genosse mit dem Sicherheitspaket der Regierung zufrieden sein. Kein Wunder: Sobotka verhandelte den Pakt mit Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil aus. Der ehemalige Landespolizeichef des Burgenlandes kann nicht gerade zum linken Flügel der SPÖ gezählt werden. Dementsprechend sieht das Paket einige Verschärfungen vor – vom Asylbereich bis hin zu Grenzkontrollen.

Sicherheit

In einem Satz zusammengefasst: Es wird mehr überwacht. Zum einen die sogenannten Gefährder. Das sind Personen, bei denen es zwar keinen konkreten Hinweis auf die Planung einer Straftat gibt. Aber von denen dennoch eine abstrakte Gefährdung ausgehen könnte. Wenn also der Verdacht nicht ausreicht, um Untersuchungshaft zu verhängen, soll eine elektronische Fußfessel als „gelinderes Mittel“ angestrebt werden. Ob dies der Fall ist, entscheidet das Gericht.

Auch die Videoüberwachung soll massiv ausgebaut werden. Und zwar gleich in mehreren Bereichen. Für „öffentliche Betreiber“, wie es in dem Papier heißt, soll es eine Speicherverpflichtung von Videomaterial geben – die Mindestspeicherungsdauer muss allerdings erst beschlossen werden. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft soll das Material bei einer Gefährdungslage den Sicherheitsbehörden zur Verfügung gestellt werden. Auch für Unternehmen „im Nahebereich der öffentlichen Hand“ wird es eine solche Regelung geben – also etwa für die ÖBB. Das betrifft Videomaterial von Bahnhöfen, aber auch öffentlichen Verkehrsmittteln. Wobei etwa nicht alle Videos der Asfinag derzeit gespeichert werden, sondern eher der Echtzeitüberwachung dienen.

Gespeichert werden allerdings nicht nur Videos – auch andere Daten: vor allem Telekommunikationsdaten. Derzeit ist es bereits so, dass diese Informationen zu Rechnungszwecken von Unternehmen gespeichert werden – allerdings zu ganz unterschiedlichen Fristen. Bei „Vorliegen eines Anfangsverdachts“ soll nun angeordnet werden können, dieses Material (Verkehrsdaten, Zugangsdaten, Standortdaten) für zwölf Monate zu speichern. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, kann die Staatsanwaltschaft mit richterlicher Bewilligung darauf zugreifen. Falls nicht, wird das Material gelöscht, und der Verdächtige wird informiert. Und: Auch die Überwachung internetbasierter Kommunikation soll ermöglicht werden – nähere Details dazu sind aber nicht bekannt.

Migration, Flucht

Die Regierung bekennt sich in dem Papier dazu, die „Anzahl an rechtswidrig aufhältigen Migranten massiv zu reduzieren“: Unter anderem durch eine Verschärfung der Grenzkontrollen, auch durch das Bundesheer. Damit Menschen nicht ohne gültige Papiere in das Land kommen, sollen nun sämtliche Transportunternehmer die Dokumente der Mitreisenden überprüfen – im Fall eines Grenzübertritts. Bisher galt dies laut Gesetz etwa für Luft- und Schifffahrt, nun sind auch Züge und Taxis davon betroffen. Asylverfahren sollen außerdem gestrafft werden – vor allem bei der Erstbefragung sollen Polizisten durch „Verwaltungsbedienstete“, wie es im Papier heißt, unterstützt werden. Die Rückkehrberatung von Flüchtlingen, die wieder in die Heimat zurückkehren könnten, wird intensiviert. Auch eine Erhöhung der Starthilfe – also eines Geldbetrags für Rückkehrer – ist im Gespräch.

Integration

Nicht nur anerkannte Flüchtlinge, auch Asylwerber mit hoher Chance auf Asyl erhalten nun einen Rechtsanspruch auf Deutschkurse. Nehmen sie nicht daran teil, drohen allerdings Sanktionen. Ein Kopftuchverbot wird zwar in dem Arbeitsprogramm nicht explizit angeführt, es heißt aber wörtlich: „Der Staat ist verpflichtet, weltanschaulich und religiös neutral aufzutreten.“ Kommen soll außerdem auch ein Vollverschleierungsverbot. Strafe bei Nichteinhaltung: 150 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2017)

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