"Arglistige und betrügerische Täuschung" beim Kauf der Eurofighter

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AUSTRIA-AVIATION-AIRBUS-CORRUPTIONAPA/AFP/JOE KLAMAR
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Das Verteidigungsministerium erstattet Anzeige gegen Airbus und fordert Schadenersatz. Die Eurofighter bleiben weiter in der Luft, der Schaden soll bei 1,1 Milliarden Euro liegen.

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) versucht, einen Schlussstrich unter die Endlos-Causa Eurofighter zu ziehen: Nach Ermittlungen der internen Task Force erstattete die Republik am Donnerstag Anzeige wegen Betrugs gegen Airbus. Außerdem will die Republik Geld zurück: Der bisherige Schaden durch den Jet-Kauf wird mit bis zu 1,1 Mrd. Euro angegeben. Der Konzern weist die Vorwürfe - wenig verwunderlich - zurück.

Schlagzeilen-Lieferant waren die Abfangjäger von Anfang an - über die Beschaffung der Jets unter schwarz-blau Anfang der 2000er-Jahre gab es heftige politische Diskussionen, stets begleitet von Korruptionsvorwürfen. Ermittlungen der Staatsanwaltschaft waren auch Anlass für die Gründung einer Task Force im Verteidigungsministerium, die seit Ende 2012 Untersuchungen durchführte und schließlich am Donnerstag einen Bericht veröffentlichte.

Ohne Täuschung hätte man andere Jets gekauft

Das Papier der Task Force hat es durchaus in sich: Die Rede ist von "arglistigen und betrügerischen Täuschungshandlungen" seitens Eurofighter und Airbus seit 2002, durch die "die Republik Österreich geschädigt wurde". Bei "rechtskonformem Verhalten" hätte Österreich keine Eurofighter gekauft, sondern die günstigeren Gripen von Saab, behauptet die Task Force.

Die Untersuchungen hätten auch eindeutige Hinweise gebracht, dass die Gegengeschäfte, besonders die Zwischenschaltung des Vector-Netzwerks, eine "Quelle für unredliches Verhalten zulasten der Republik" gewesen sei. Es bestehe der Verdacht, dass Geldbeträge, die der Republik "herausgelockt" worden seien, über ein Netzwerk an Brokern und Sub-Brokern im Vector-Umfeld geschleust worden seien, "um auch kriminelle Handlungen zu finanzieren" - etwa "rechtlich verpönte Vermögensvorteile" im Umfeld seinerzeitiger Machthaber der Republik, um die Kaufentscheidung zu beeinflussen.

"Weder in der Lage noch willens zu liefern"

Als Konsequenz brachte das Ministerium am Donnerstag Strafanzeige wegen Betrugsverdachts bei der Staatsanwaltschaft Wien ein. Die Sachverhaltsdarstellung richtet sich gegen die Airbus Defence and Space GmbH (vormals EADS Deutschland GmbH) und die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH. Der Konzern selbst zeigte sich am Donnerstag überrascht, man höre von den Vorwürfen "zum ersten Mal - und zwar aus den Medien", merkte Airbus in einer schriftlichen Stellungnahme an.

Die gut 130 Seiten starke Sachverhaltsdarstellung selbst wurde nicht veröffentlicht. Man wolle weder die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft beeinträchtigen noch etwaige Persönlichkeitsrechte verletzen, wurde argumentiert. Konkret geht es darin jedenfalls um zwei Aspekte, nämlich den Kaufpreis einerseits und die Lieferfähigkeit andererseits. Beim Kaufpreis geht es vereinfacht gesagt darum, dass der Preis nach Ansicht der Republik über dem eigentlichen Wert der Flieger lag. Denn von den knapp 1,96 Mrd. Euro seien fast zehn Prozent - 183,4 Mio. Euro - für Gegengeschäftskosten eingepreist, aber nicht als solche ausgewiesen worden.

Das zweite Betrugsverdachtsmoment aus Sicht der Republik betrifft die Konfiguration der Flieger und deren Aufrüstung. Die Task Force führt an, dass die Unternehmen der Republik 2002 die Lieferung eines Kaufgegenstandes versprachen und vertraglich zusicherten, obwohl sie weder in der Lage noch willens gewesen seien, wie vereinbart zu liefern.

Die Republik Österreich schloss sich dem Strafverfahren als Privatbeteiligte an und verlangt Schadenersatz. Der Schaden beträgt laut ihren Berechnungen bisher bis zu 1,1 Mrd. Euro. Er ergibt sich aus dem Kaufpreis für letztlich 15 Jets (abzüglich Zeitwert) und aus den Betriebskosten abzüglich hypothetischer Kosten für den Betrieb eines alternativen Flugzeugs. Jedenfalls Anspruch hat man nach Ansicht der Republik zumindest auf die 183,4 Mio. Euro. Darüber hinaus macht man noch zukünftigen Schaden durch Wartung und Betrieb in Form eines "Feststellungsbegehrens" geltend.

Für einen Vergleich zeigte sich Minister Doskozil durchaus offen: Es sei klar, dass man einem etwaigen Gesprächswunsch der Airbus-Gruppe entsprechen würde, meinte er auf eine entsprechende Frage.

Eurofighter bleiben in der Luft

Unmittelbare Konsequenzen für die aktive Luftraumüberwachung haben die Ereignisse nicht, die Eurofighter bleiben in der Luft. Ihre Zukunft in Österreich ist aber keineswegs sicher: Doskozil lässt bis Ende Juni eine Sonderkommission ohne Tabus Varianten prüfen, wie man die Luftraumsicherung gleich effektiv, aber günstiger garantieren könne. Die SoKo soll laut Doskozil "vollkommen ergebnisoffen" arbeiten, auch dahingehend, inwiefern bei der aktiven Luftraumüberwachung künftig internationale Kooperationen eine Rolle spielen könnten. "Es sind alle Varianten denkbar."

Der Betrieb der Eurofighter gilt als teuer: 80 Mio. Euro sind dafür allein heuer vorgesehen, in den nächsten Jahren sollen die Betriebskosten sogar auf über 100 Mio. Euro pro Jahr steigen. Dazu kommen noch Ausgaben für Nachrüstungen, die nicht abschätzbar seien. Freilich sollten die Flieger rein technisch bis etwa 2040 genutzt werden können. Ihre Altersgrenze erreicht haben dagegen die ebenfalls eingesetzten Saab 105-Abfangjäger, die spätestens 2020 am Ende sind. Eine Nachbeschaffung drängt also, selbst wenn man sich im Ministerium für zeitsparende Varianten wie einem Geschäft zwischen Staaten oder Leasing entscheiden sollte.

"Gegengeschäfte ideale Trägerrakete für Korruption"

Man werde alles tun, damit Beschaffungen im Ressort künftig "sauber und korrekt ablaufen werden", versicherte der Minister jedenfalls. Gegengeschäfte bei Rüstungsbeschaffungen stellte er infrage: Diese seien "offensichtlich eine ideale Trägerrakete für Korruption, Misswirtschaft und Geldwäsche". Doskozil will nun Gespräche mit der ÖVP und der Wirtschaftskammer führen.

Zu den Gegengeschäften läuft eine eigenen Task Force im Wirtschaftsministerium. Dort hieß es am Donnerstag, dass die Anrechnung der Gegengeschäfte im Zusammenhang mit dem Eurofighter-Ankauf vorerst offen bleibt.

Streitthema Eurofighter

Die Beschaffung der Kampfjets sorgte von Beginn an für heftige politische Diskussionen. Ursprünglich wollte die Republik zu Beginn der 2000er-Jahre 24 Abfangjäger kaufen. 2002 entschied sich die schwarz-blaue Regierung für den Typ Eurofighter, beschloss aber wegen des Hochwassers eine Reduktion auf 18 Stück. Im Juli 2003 wurden die Kaufverträge im Gesamtwert von rund 1,96 Mrd. Euro unterzeichnet, ebenso ein Gegengeschäftsvertrag. Immer wieder kam es zu Schmiergeldvorwürfen. Auch der politische Gegenwind war heftig: Die SPÖ versprach im Nationalratswahlkampf 2006 einen Ausstieg aus dem Vertrag, zudem wurde ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, um die Vorgänge zu beleuchten.

>>> Zum Bericht der Task Force

Eurofighter Ð Umstrittene Abfangjaeger
Eurofighter Ð Umstrittene AbfangjaegerAPA

(APA/Red.)

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