„Betrug und Täuschung“

FLUGSHOW AIRPOWER 13 IN ZELTWEG: EINFLIEGEN: EUROFIGHTER
FLUGSHOW AIRPOWER 13 IN ZELTWEG: EINFLIEGEN: EUROFIGHTER(c) APA/BUNDESHEER/HORST GORUP
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Verteidigungsminister Doskozil fährt schwere Geschütze gegen Eurofighter auf und fordert 1,1 Milliarden Euro Schadenersatz. Die Chancen, damit durchzukommen, stehen gut.

Wien. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat am Donnerstag für einen Knalleffekt gesorgt: Das Ministerium hat Strafanzeige gegen die Eurofighter GmbH und deren Konzernmutter, Airbus, erstattet und fordert mindestens 1,1 Milliarden Euro Schadenersatz. Die Begründung: Der Kaufvertrag 2003 sowie der adaptierte Kaufvertrag 2007 seien nur aufgrund „arglistiger und betrügerischer Täuschungshandlungen“ der beiden Unternehmen zustande gekommen. Daher will die Republik jetzt den Kaufpreis zurück, abzüglich des Restwerts der Flugzeuge. Und man will das zurück, was man mehr an Betriebskosten gezahlt hat im Vergleich zu günstigeren Flugzeugen. Airbus hat die Vorwürfe „in aller Deutlichkeit“ zurückgewiesen: Diese seien ein politisches Manöver, konstruiert und nicht nachvollziehbar. Die wichtigsten Fragen zur Strafanzeige:

1. Wie wird der Vorwurf des Betrugs und der arglistigen Täuschung begründet?

Es gibt zwei Begründungen. Erstens der Schmiergeldverdacht: 183 Millionen Euro sind über Waffenhändler oder die Firma Vector Aerospace an teilweise noch nicht bekannte Personen geflossen. Diese Zahlungen seien nicht im Interesse der Republik gelegen, und sie seien auch vertraglich ausgeschlossen gewesen. Folglich sei der Kaufpreis um diese Summe zu hoch. Und zweitens sei Eurofighter gar nie in der Lage gewesen, das vereinbarte Fluggerät zum vereinbarten Zeitpunkt zu liefern. Man habe Tranche zwei angeboten, obwohl klar war, dass diese nicht lieferbar ist und dass Tranche eins auch nicht wie vereinbart zu wirtschaftlich vernünftigen Konditionen aufgerüstet werden kann.

2. Welche Chancen hat das Ministerium, damit durchzukommen?

Sehr gute. Die Strafanzeige ist ein erster Schritt. Kommt es tatsächlich zu einem Verfahren und einer Verurteilung, kann die Republik schon im Strafverfahren Schadenersatz zugesprochen bekommen. Der wird vermutlich nicht 1,1 Milliarden Euro betragen, doch mit einem Strafurteil stehen die Chancen in einem Zivilverfahren deutlich besser. Gleichzeitig hat das Ministerium eine ausgezeichnete Verhandlungsposition gegenüber dem Airbus-Konzern, der sich ein Strafverfahren kaum leisten kann und schon in Deutschland akzeptiert hat, dass die 183 Mio. Euro nicht als Betriebsausgabe abgesetzt werden können. Das eigentliche Drohpotenzial für Airbus ist die Ankündigung, dass Österreich rechtliche Schritte bei amerikanischen Gerichten einleiten könnte. Und damit droht Airbus sogar der Verlust des amerikanischen Markts – eine für den Konzern existenzbedrohende Gefahr.

3. Wie hat das Verteidigungsministerium das alles herausgefunden?

Durch Einsetzung einer Taskforce, wobei wesentliche Erkenntnisse längst vorhanden waren. Dass es dubiose Zahlungsflüsse rund um den Eurofighter gab, weiß man spätestens seit dem Eurofighter-U-Ausschuss 2006/2007. Dass Eurofighter nicht vertragskonform liefern konnte, wusste man auch schon damals. Neu ist, dass die Taskforce nachweisen kann, dass Eurofighter das schon bei Vertragsabschluss 2003 wissen musste. Und das große Schmiergeldnetzwerk um Vector Aerospace ist – nach ersten Hinweisen im U-Ausschuss – in den Jahren 2011/12 aufgeflogen.

4. Werden die Eurofighter zurückgegeben?

Das ist noch offen. Bis Ende Juni soll eine Arbeitsgruppe im Ministerium eine Gesamtlösung für die Luftraumüberwachung ausarbeiten, wobei Minister Doskozil die Parole ausgegeben hat, offen zu sein: „Alles ist möglich“, so der Ressortchef. Bei der Gesamtlösung geht es auch um die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern auf dem Gebiet und um die Nachfolge der Saab 105, die nur noch bis 2020 fliegen. Was sehr gegen die Eurofighter spricht: Die Betriebskosten betragen schon 80 Millionen Euro im Jahr – bei steigender Tendenz.

5. Was passiert mit den Gegengeschäften – müssen die auch rückabgewickelt werden?

Das ist laut Gegengeschäftsvertrag ausgeschlossen. Wohl aber will man die Abwicklung von Gegengeschäften generell überdenken, da es dabei eine besondere Anfälligkeit für Schmiergeldzahlungen gebe. Mithilfe externer Experten und der Finanzprokuratur will Doskozil die Compliance-Regeln für Beschaffungen auf neue Beine stellen – und zwar bis Ende Mai. Im Wirtschaftsministerium arbeitet eine eigene Taskforce zu den Eurofighter-Gegengeschäften.

AUF EINEN BLICK

Eurofighter-Deal. Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) versucht, einen Schlussstrich unter die Endlos-Causa Eurofighter zu ziehen:
Nach jahrelangen Ermittlungen der ressortinternen Taskforce erstattete die Republik am Donnerstag Anzeige wegen Betrugs gegen Airbus. Außerdem will die Republik Geld zurück: Der bisherige Schaden durch den Jet-Kauf wird mit bis zu 1,1 Milliarden Euro angegeben. Der Konzern weist die Vorwürfe zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2017)

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