Die SPÖ-Gesundheitsministerin erlag am Donnerstag, im Alter von 53 Jahren ihrem Krebsleiden. Österreich und die Sozialdemokratie verlieren eine Kämpferin für Gleichberechtigung und eine profunde Kennerin des Gesundheitswesens. Ein Nachruf.
Den letzten Wetterbericht gab es am 7. Februar: „Ein Grad, der Wind räumt den Schnee weg, was Felix gar nicht gefällt.“ Sabine Oberhauser war auch an diesem Morgen mit ihrem Labrador-Rüden spazieren. Und wie üblich teilte sie ein Foto der Landschaft mit ihrer Facebook-Gemeinschaft, Beschreibung der Wetterlage inklusive.
Danach wurde es still um die 53-jährige Gesundheitsministerin. Ihr Presse-Team war es, das sich an ihrer Stelle eines Morgens meldete: Oberhauser sei wegen einer Bauchfellentzündung erneut im Krankenhaus und werde stationär behandelt. Nur wenige Tage später bat Oberhauser ihren Regierungskollegen und Sozialminister Alois Stöger, vorübergehend auch ihre Amtsagenden zu übernehmen. Die Ministerin wollte sich ganz auf ihre Genesung konzentrieren. Am Donnerstag ist Sabine Oberhauser verstorben. Damit verliert die Sozialdemokratie und Österreich eine profunde Kennerin des Gesundheitsbereichs und eine Kämpferin für die Gleichberechtigung von Geschlechtern.
Von ihrer Erkrankung, Unterleibskrebs, erfuhr Oberhauser nur ein halbes Jahr nach ihrer Angelobung im September 2014. Mit der Diagnose ging sie von Anfang an offen um, teilte ihre Erfolge und Rückschläge mit der Öffentlichkeit. Auch deswegen war die Kommunikation auf ihrer Facebook-Seite für die Ministerin so wichtig: Hier wurde ihr Respekt gezollt und Mut zugesprochen. Gleichzeitig sahen andere Betroffene Oberhauser als Vorbild. Es wurde also weitaus mehr als eine simple Möglichkeit für eine Politikerin, in direktem Kontakt zur Bevölkerung zu treten.
Oberhauser blieb trotz Krebsdiagnose im Amt, arbeitete zum Teil auch von ihrem Krankenbett aus. Ihre Chemotherapie-Temine fanden Freitags statt, damit sie sich am Wochenende von den Nebenwirkungen erholen konnte. Die Arbeit würde ihr auch Kraft geben, sagte sie. Gleichzeitig sei es auch ein Signal nach außen, „dass man an so etwas nicht verzweifeln muss“, wie sie es formulierte. Durch die Krankheit hätte sie das Gesundheitssystem von „der anderen Seite des Bettes“ kennengelernt. Als Patientin.
Zuvor war Oberhauser schon in so manchem Spitalszimmer gestanden, allerdings als Ärztin. Nach der Volksschule und dem Gymnasium in Ottakring und Rudolfsheim-Fünfhaus studierte Oberhauser (Geburtsname: Schuh) Medizin in Wien, schloss die Ausbildung zur Fachärztin für Kinderheilkunde und Allgemeinmedizinerin ab. Später war sie als Ärztin auf der Frühgeborenen-Station im Rudolfinerhaus tätig. Es folgte noch ein Studium der für Spitalsmanagement an der Wirtschaftsuni Wien.
Die unregelmäßigen Arbeitszeiten, die Nachtdienste nagten an der Medizinerin. Oberhauser fällte einen ungewöhnlichen Entschluss: Sie wurde die erste Ärztin, die sich hauptberuflich als Personalvertreterin engagierte. Es war der ehemalige Sozialminister Rudolf Hundstorfer, der Oberhauser zur Gewerkschaft der Gemeindebediensteten brachte. SPÖ-Mitglied war sie schon länger. Mit 18 Jahren war sie der Partei beigetreten: „Aus Überzeugung, aber ohne Engagement.“ Das konnte man einige Jahre später nicht mehr behaupten: 2006 zog Oberhauser in den Nationalrat ein, 2009 wurde sie zur Vizepräsidentin des Gewerkschaftsbundes ernannt, 2013 wählte man sie zur ÖGB-Frauenchefin – ehe sie von Ex-Bundeskanzler Werner Faymann ein Jahr später in die Regierung geholt wurde.
Als Gesundheitsministerin sollte sie jene Theorie, die ihr Vorgänger Stöger beschlossen hatte, in die Praxis umsetzen. Sie tat es dennoch auf ihre eigene Art, wenn auch im (eingeschränkten) Rahmen ihrer Möglichkeiten. Gesundheitsminister haben in Österreichs Kompetenz-Dschungel meist nur eingeschränkten Spielraum.
Oberhauser kannte die Gesetzesmaterien ohnehin bereits aus dem Parlament, als sie noch als Gesundheitssprecherin fungierte. Bei der elektronischen Gesundheitsakte Elga bremste sie zu Beginn ihrer Ministertätigkeit – wegen Datenschutzbedenken. Am Ende wurde das Projekt aber planmäßig nach und nach eingeführt. Bei der Primärversorgung stellte sie sich gegen die Ärztevertretung und betonte immer wieder, dass man den Hausarzt keinesfalls abschaffen wolle. Zu Beginn ihrer Amtszeit ging sie außerdem das Rauchverbot in der Gastronomie an. Rund zwei Jahre zuvor hatte sie selbst mit dem Rauchen aufgehört.
Offen, redselig aber auch aufmüpfig
Als sie im Sommer 2015 das Frauenressort von Gabriele Heinisch-Hosek übernahm, hatte Oberhauser auch ihr zweites Hauptgebiet übernommen. Große Neuerungen in diesem Ressort blieben allerdings aus. Sie bekam allerdings ein kleines Budgetplus, wie von ihr gewünscht.
Oberhausers Politikstil passte auch zu ihrer Persönlichkeit: Offen, redselig – aber, wenn sie es für nötig befand, auch aufmüpfig. Im persönlichen Umgang begegnete sie ihrem Gegenüber stets auf Augenhöhe. Auch als sie 2016 erfuhr, dass der Krebs nach einer Erholung zurückgekehrt war, versuchte sie positiv zu bleiben. „So what? Auf ein Neues“, sagte sie.