Sozialversicherung: IV will auf vier Krankenkassen reduzieren

Christoph Neumayer
Christoph Neumayer(c) Michaela Bruckberger
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Statt der neun Gebietskrankenkassen sollte es nur drei bis vier Kassen für Unselbstständige und eine für Selbstständige geben, sagt IV-Generalsekretär Neumayer.

Die Industriellenvereinigung (IV) will die Zahl der Krankenkassen reduzieren. Statt der bisher neun Gebietskrankenkassen sollte es nur noch drei bis vier Kassen für Unselbstständige und eine bundesweite für Selbstständige geben, schlug Generalsekretär Christoph Neumayer am Montag in einer Pressekonferenz mit Vizepräsident Otmar Petschnig vor. Die Forderungen sind abgeleitet aus einer IHS-Studie.

Die Zahl der Krankenkassen sollte sich nicht nach Bundesländern richten, sondern nach topografischen Regionen. Als Maß hat sich die IV den Österreichischen Strukturplan Gesundheit (ÖSG) genommen, der vier Versorgungszonen kennt. IHS-Studienautorin Monika Riedel erklärte dazu, die Fachliteratur lasse keinen einheitlichen Schluss zu, ob große oder kleine Kassen besser seien. Sie plädierte aber auch für eine Struktur nach geografischen Gesichtspunkten und hielt eine "kleine Reduktion" für möglich. Eine "monolitihische Einheitskasse" wäre aber eher ungünstig, und auch eine Struktur mit einer Kasse pro Bundesland lehnte sie ab.

In einer freien Wahl des Krankenversicherungsträgers ortet die IHS-Studienleiterin ebenfalls eher Nachteile. Sie verwies darauf, dass die Verwaltungskosten eher steigen würden, der Wettbewerb würde eher zu höheren Ausgaben führen. Zielführender wäre nach Ansicht Riedels eher, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie verwaltet wird. Vor allem aber plädiert sie für einen internen Wettbewerb der Kassen über Benchmarking. Dafür wären aber mehr Transparenz und besser vergleichbare Daten nötig, ebenso ein einheitliches Leistungsrecht. Auch Neumayer will eine Vergleichbarkeit der Performance der Kassen als Voraussetzung für ein transparente Benchmarking. Den Grundsatz "gleicher Beitrag - gleiche Leistung" will er durch Vereinheitlichung und zentrale Wartung der Leistungs- und Tarifkataloge gewährleisten. Mehrfachversicherungen will die IV abschaffen, jede Person soll ausschließlich einer Versicherung zugehörig sein. Alternativ und insbesondere bei Angleichung der Leistungsspektren kann sich Neumayer aber auch Wahlmöglichkeit der Versicherten vorstellen.

Reform der Selbstverwaltungssysteme

Reformieren will die IV auch das System der Selbstverwaltung in den Sozialversicherungen. Ebenso wie die IHS-Studie tritt auch Neumayer für eine stärkere Trennung von Management der Kassen und politischer Ebene ein. Die Geschäftsführung soll von einem professionellen Management ausgeübt werden, die Versichertenvertreter sollten sich auf die Überwachung der Geschäftsführung (Aufsichtsmodell) konzentrieren.

Die unterschiedlichen Selbstbehalte will die IV in ein einheitliches System zusammenführen. Für Neumayr machen sie Sinn, wenn sie Lenkungswirkung haben, es dürfe aber keine sozialen Barrieren geben. Konkret kann sich der IV-Generalsekretär etwa vorstellen, die Primärversorgung kostenfrei zu halten, für den selbstständigen Besuch von diversen Fachärzten hingegen Selbstbehalte zu verlangen. Auch die IHS-Studienleiterin sieht bei Selbstbehalten als Lenkungsinstrument noch "Spielraum nach oben".

Um die Lohnnebenkosten zu senken, schlägt die IV eine weitere Reduktion der Sozialversicherungsbeiträge bei gleichzeitiger Erhöhung der Umsatzsteuer im gleichen Volumen vor. Riedel meinte dazu, dass dies positive Wachstumseffekte mit einem steigenden BIP und sinkender Arbeitslosigkeit bewirken könnte.

Eine Antwort auf die von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) bei der London School of Economics in Auftrag gegebene Studie über die Effizienz der Sozialversicherungen sieht Neumayer in der IHS-Studie im Auftrag der IV nicht. Die IV habe ihre Studie schon vorher in Auftrag gegeben, und man wolle damit den Diskurs auf eine sachliche Basis stellen, erklärte Neumayer.

(APA)

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