"Schrille Töne und Missklang": SPÖ schießt sich auf Sobotka ein

Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP)
Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP)(c) REUTERS (LEONHARD FOEGER)
  • Drucken

Ob Auftrittsverbot, Demo- oder Fremdenrecht: Der Innenminister agiere derzeit als "Störfeuer" und sei "nicht in der Lage, seine Arbeit zu machen", kritisiert SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler.

Die SPÖ nimmt Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) ins Visier. "Egal ob Demonstrationsrecht, Fremdenrecht oder Auftrittsverbot für ausländische Politiker - der Innenminister ist nicht Willens und nicht in der Lage, seine Arbeit zu machen, sondern stört mit populistischen Ansagen die Regierungsarbeit, statt sie zu unterstützen", sagte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler. Vielmehr spiele Sobotka "Opposition in der Regierung" und falle allein durch "Störfeuer" auf. "Während alle anderen guten Willens sind und an dem arbeiten, was wir im Regierungsprogramm vereinbart haben, glänzt der Innenminister darin, immer wieder neue Punkte aufs Tapet zu bringen", so Niedermühlbichler. Der "Musiklehrer" sorge für "schrille Töne und Missklang" im Koalitionskonzert.

Aktueller Anlassfall für die Vorwürfe sind Sobotkas Vorgehen rund um das Versammlungsrecht und seine Kritik an Bundeskanzler Christian Kerns (SPÖ) Vorschlag, mittel- und osteuropäischen Ländern die EU-Gelder zu kürzen, solange sich diese der Aufnahme von Flüchtlingen widersetzen. "Auch die SPÖ ist gegen einen türkischen Wahlkampf, ich frage mich nur, was tut der Innenminister dagegen, außer unbrauchbare Gesetzesentwürfe zu übermitteln", erklärte Niedermühlbichler.

"Der Innenminister soll seine Arbeit machen"

"Der Innenminister soll entweder umgehend einen präzisen und brauchbaren Gesetzesentwurf übermitteln oder seine Arbeit machen und das Versammlungsgesetz zur Anwendung bringen." Sobotka habe schon jetzt die Möglichkeit nach Paragraf 6 im Versammlungsgesetz solche Veranstaltungen und Auftritte zu untersagen. Ein Auftritt des türkischen Staatspräsidenten Erdogan könne damit verhindert werden, wenn die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl in Österreich gefährdet werden. "Und ich würde sagen, wenn ausländischer oder türkischer Wahlkampf nach Österreich gebracht wird, wird das öffentliche Wohl dadurch gefährdet." Ebenso kann der Innenminister klarstellen, dass es keine Einreiseerlaubnis für türkische Politiker geben wird, solange nicht die Garantie vorliegt, dass es zu keinem Wahlkampfauftritt kommt. Der SPÖ-Manager hält den ÖVP-Minister für "überfordert". Statt vorhandenen Möglichkeiten auszuschöpfen, lege er ständig untaugliche Gesetzesentwürfe vor.

Beim Fremdenrecht verweise Sobotka wiederum nur auf das Streichen der Grundversorgung, statt die Rückführung von abgelehnten Asylwerbern zu forcieren. "Da hat er sich jetzt auch nicht mit Ruhm bekleckert. Wir wissen, dass die Rückführungen nicht wirklich funktionieren." Die SPÖ unterstütze das Fremdenrechtspaket, der Innenminister sollte aber auch einmal seine Aufgaben erledigen, statt ständig Verschärfungen zu fordern.

Des Innenministers Auftritt rund um die Präsentation der jüngsten Kriminalitätsstatistik stößt Niedermühlbichler ebenfalls sauer auf. "Man hat das Gefühl, dass er klammheimliche Freude verspürt, dass die Kriminalität und die Anzeigen steigen. Die ÖVP stellt seit 17 Jahren den Innenminister. Wer hat da versagt, wenn das alles so furchtbar ist", so der SPÖ-Bundesgeschäftsführer. "Der Innenminister sollte ein Gefühl der Sicherheit vermitteln und nicht ein Klima der Angst schaffen. Fühlt er sich als Innen- und Sicherheitsminister oder geriert er sich nicht als Unsicherheitsminister?" Sobotka desavouiere dadurch auch die hervorragende Arbeit der Polizei.

ÖVP: "Versuch, von Kerns Zick-Zack-Kurs abzulenken"

Die ÖVP stellte sich Donnerstagnachmittag hinter Sobotka. Generalsekretär Werner Amon bezeichnete die Angriffe von Niedermühlbichler als "verzweifelten Versuch, vom Zick-Zack-Kurs des Kanzlers in der Frage der Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker in Österreich abzulenken". Und Amon holte noch weiter aus: "Ich schätze, diese Unsicherheit und uneinheitliche Linie ist die Folge eines mangelnden Leaderships des Kanzlers, der jetzt seinen Bundesgeschäftsführer vorschickt, um davon abzulenken. Würde die SPÖ sich sofort auf die ÖVP-Vorschläge einlassen, bekäme sie sicher wieder eine Linie in ihre Politik", meinte der ÖVP-Generalsekretär.

Sobotka selbst sprach von einem "Kasperltheater der SPÖ". Was gestern noch Gültigkeit gehabt habe, werde heute schon wieder in Frage gestellt, kritisiert der Innenminister. Es sei höchst fahrlässig von der SPÖ, einen Gesetzesvorschlag auf politische Ebene zu heben, noch bevor Experten auf juristischer Ebene Inhalte überprüfen hätten können. Zudem sei klar: "Wer gegen unseren Vorschlag für ein Versammlungsgesetz ist, ist für Erdogan-Demos. Dann braucht es aber auch den Anstand des Koalitionspartners, dies der österreichischen Bevölkerung klar zu sagen."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Premierminister Binali Yıldırım
Türkei-Referendum

Ja-Lager: „Für eine starke Türkei“

Das Ja-Lager wirbt damit, dass eine Verfassungsreform Stabilität und ein Ende der ewigen Koalitionsstreitigkeiten bringe.
Präsident Erdogan wirbt für ein "Evet" beim Verfassungsreferendum.
Außenpolitik

Erdogan: Sieg bei Referendum wird Todesstrafe Weg ebnen

Präsident Erdogan tritt am Samstag vier Mal auf, um für sein Präsidialsystem zu werben und bringt die Todesstrafe erneut aufs Tapet.
Finale im Wahlkampf. Mit gewaltigen Plakaten wirbt der türkische Staatschef Erdo˘gan in Istanbul für ein Ja zu dem von ihm geplanten Präsidialsystem. Es würde seine Machtfülle erweitern.
Außenpolitik

Wie die Türkei unter dem neuen System aussehen würde

Recep Tayyip Erdoğan will sich von der Bevölkerung seine Vision einer Präsidialrepublik absegnen lassen. Der Staatschef soll die ganze Macht erhalten.
Der islamische Prediger Fethullah Gülen lebt im USamerikanischen Exil. Er hat einst der regierenden AKP geholfen, ihre Macht zu festigen.
Außenpolitik

Schulen im Visier: Der globale Kampf zwischen Erdoğan und Gülen

Die Bewegung des islamischen Predigers betreibt ein dichtes Netzwerk an Lehranstalten in aller Welt. Ankara will Kontrolle über die Schulen – mit einer eigenen Stiftung.
Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu
Außenpolitik

Watschenmann Europa tut sich mit Türkeikritik schwer

Faschistisch, rassistisch, fremden- und islamfeindlich – türkische Regierungsvertreter überhäufen die Europäer mit immer schrilleren Vorwürfen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.