Der Entwurf von Minister Sobotka sieht Einschränkungen für Ausländer beim Versammlungsrecht vor. Reden ausländischer Politiker müssten vorab gemeldet werden.
Wien. Die von Innenminister Wolfgang Sobotka geplante Verschärfung beim Versammlungsrecht liegt nun im Detail vor. Inklusive neuer Einschränkungen, die auf mögliche Wahlkampfreden türkischer Politiker abzielen. Hier die wichtigsten Punkte.
• Am Dienstag hatte Sobotka angekündigt, dass eine Veranstaltung untersagt werden können soll, wenn dies dem Schutz der in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) stehenden Grund- und Menschenrechte dient. Tatsächlich steht im Gesetzesentwurf nun, dass eine Versammlung dann verboten werden kann, wenn sie in die von Artikel 11 EMRK genannten Schutzgüter „unverhältmäßig eingreift“. In diesem Artikel 11 steht, dass Veranstaltungen etwa aus Sicherheitsgründen oder zur Aufrechterhaltung der Ordnung verboten werden können. Das wäre allerdings noch keine große Neuerung.
• Bemerkenswerter ist da schon ein anderer Passus im Gesetzesentwurf. Laut diesem sind Veranstaltungen zu untersagen, wenn „anzunehmen ist, dass Fremde aus Drittstaaten mitwirken werden, sich die Versammlung unmittelbar auf politische Vorgänge in einem Staat außerhalb der Europäischen Union bezieht und dabei Meinungen erörtert und kundgetan werden sollen, die mit den demokratischen Grundwerten oder den menschenrechtlichen Verpflichtungen der Republik Österreich unvereinbar sind oder sich auf das friedliche Zusammenleben der Menschen in der Republik Österreich negativ auswirken.“
• Was das konkret heißen soll, wird in den der „Presse“ ebenfalls vorliegenden Erläuterungen des Ministeriums zum Gesetzestext klar. So wird nun ausdrücklich auf Artikel 16 EMRK verwiesen. Denn laut diesem gebe es für die Staaten die Möglichkeit, „die politische Tätigkeit von Ausländern bestimmten Einschränkungen zu unterwerfen“, wie das Ministerium betont. Auf diese grundsätzliche Möglichkeit hat zuletzt auch Verfassungsjurist Heinz Mayer („Die Presse“ berichtete am Donnerstag) aufmerksam gemacht. Die Einschränkungen sind aber nur für Nicht-EU-Bürger (Drittstaatsangehörige) möglich.
• Wobei das Ministerium klarmacht, dass „nicht generell jede Versammlung mit drittstaatsbezogenem politischen Hintergrund untersagt werden kann“. Gerade wenn Reden gehalten werden sollen, die den Grundwerten der Republik widersprechen, könne das Verbot aber greifen.
• Zudem sollen aber Versammlungen auch schon dann untersagt werden können, wenn sie klar negative Folgen für das gesellschaftliche Leben im Staat haben. Besonders hervorgehoben wird vom Ministerium dabei der Integrationsgedanke. Versammlungen, die „sich auf das friedliche Zusammenleben, etwa im Hinblick auf die Integration von Menschen mit ausländischen Wurzeln in Österreich, nachteilig auswirken“, sollen laut den Erläuterungen des Ministeriums verboten werden.
• Damit vorzeitig klar ist, wenn ausländische Politiker sprechen wollen, soll „die beabsichtigte Teilnahme von Vertretern des öffentlichen politischen Lebens ausländischer Staaten“ schon bei Bekanntgabe der Versammlung der Behörde angekündigt werden. Will ein ausländischer Politiker in Österreich sprechen, ist zudem der Innenminister von den Behörden direkt zu verständigen. Der Minister würde dann das Recht haben, die Rede und im Einvernehmen mit dem Außenminister auch die Veranstaltung zu untersagen.
• Ebenfalls im Entwurf enthalten sind Ideen Sobotkas, die auch Inländer beträfen. Etwa, dass der Innenminister Veranstaltungen an bestimmten Orten zu bestimmten Zeiten untersagen können soll, wenn sonst in berechtigte Interessen anderer (etwa Geschäftsleuten) eingegriffen wird. Koalitionspartner SPÖ hat die Einschränkungen schon vor Wochen abgelehnt und ist über Sobotkas Vorgehen und seinen Entwurf verärgert.
AUF EINEN BLICK
Ausländern sollen nach einem Entwurf des Innenministeriums Versammlungen verboten werden können. Und zwar, wenn Nicht-EU-Bürger mitwirken, es um politische Vorgänge in einem Nicht-EU-Staat geht und Meinungen erörtert werden, die mit den demokratischen Grundwerten unvereinbar sind. Auch eine Veranstaltung, die dem friedlichen Zusammenleben und der Integration schadet, soll untersagt werden können.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.03.2017)