Türkei: Strache will strengere Kontrollen von Doppelstaatsbürgern

Heinz-Christian Strache
Heinz-Christian StracheAPA/GEORG HOCHMUTH
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Strache bekräftigte in der ORF-"Pressestunde" die Forderung, keine neue Einbürgerungen von Türken vorzunehmen, solange es keine Informationen über Doppelstaatsbürgerschaften gibt.

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache will ein härteres Vorgehen gegen die Türkei und EU-Zahlungen dorthin weitgehend einstellen. Außerdem müssten Türken in Österreich strenger auf illegale Doppelstaatsbürgerschaften kontrolliert werden, forderte Strache am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Strache bekräftigte die freiheitliche Forderung, keinerlei neue Einbürgerungen von Türken vorzunehmen, solange es keine Informationen über Doppelstaatsbürgerschaften aus Ankara gebe. Schätzungen gingen von 60.000 Fällen aus, die Zahl müsste aber endlich verifiziert werden, erklärte Strache.

Es brauche mehr Kontrollen, um bei rechtswidrigen Doppelstaatsbürgerschaften schließlich konsequent die österreichische wieder entziehen zu können. Vorstellen kann sich Strache dazu Planquadrate vor türkischen Konsulaten, wo gewählt werden kann: "Das kann eine Möglichkeit sein", man könne aber auch bei der Einreise strenger kontrollieren, meinte er.

Um türkische Wahlkampfauftritte auf österreichischem Boden zu verhindern, gebe es unterschiedliche Ebenen, meinte Strache im Zusammenhang mit der Zurückweisung türkischer Politiker an der niederländischen Grenze. Man könne ja auch einfach Veranstaltungen wegen Sicherheitsbedenken verbieten. Zwar könne man durchaus darüber nachdenken, da oder dort die Gesetze nachzuschärfen, dabei müsse man aber sehr vorsichtig sein, betonte Strache mit Blick auf die Diskussion ums Demonstrationsrecht. Es gebe aber jetzt schon Möglichkeiten, solche Auftritte zu verhindern: "Wenn man will, kann man."

Türkei entwickle sich "in Richtung einer Diktatur"

Die "autoritäre" Entwicklung in der Türkei "in Richtung einer Diktatur" sei "wirklich nur mehr zum Ärgern", befand Strache. Man müsse die EU-Beitrittsverhandlungen sofort abbrechen, über Sanktionen nachdenken und natürlich die europäischen Zahlungen einstellen. Um den EU-Flüchtlingsdeal mit der Türkei sorgt sich der FPÖ-Chef nicht, sei dieser doch ohnehin "wahnwitzig" - er gehöre aufgehoben und die Grenzen geschützt. Strache schränkte auf Nachfrage aber ein, dass etwa Zahlungen für die Versorgung von Flüchtlingskindern in der Türkei durchaus sinnvoll seien, aber keine "Heranführungshilfe an die Europäische Union".

Von den von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker aufgezeigten Szenarien für die Zukunft Europas gefallen Strache zwei: Dass sich Europa auf den Binnenmarkt, also eine Wirtschaftsunion, konzentrieren solle, sowie das "Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten". Für eine EU-Armee zeigte sich Strache abermals offen, wobei er auf Österreichs Neutralität pochte. Einen Richtungsstreit in dieser Frage innerhalb seiner Partei kann Strache nicht erkennen.

Kritik auch an Kanzler Christian Kern (SPÖ) übte Strache im Zusammenhang mit der Wiederwahl von EU-Ratspräsident Donald Tusk trotz Protesten aus Warschau. Es sei kein guter Stil, sich über neue demokratische Gegebenheiten hinwegzusetzen, befand Strache mit Blick auf die rechtsnationale Regierung in Polen. "Ich hätte versucht, einen Kompromisskandidaten mit Polen auszuverhandeln", das "Einbetonieren" sei ein "Affront" gegen Polen gewesen.

Die Kontakte der FPÖ zu Rechtspopulisten wie beispielsweise Front National-Chefin Marine Le Pen verteidigte Strache als "Selbstverständlichkeit", außenpolitische Kontakte zu pflegen. Positionen wie jene des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders, den Koran und Moscheen zu verbieten, teilt Strache nicht. Aber, "wir wollen den politischen Islam verbieten", betonte er. So verwies er etwa auf Parallel- und Gegengesellschaften, die in islamischen Kindergärten entstünden, auch gehörten Vereine und Moscheen mit Hasspredigern verboten, forderte der FPÖ-Chef. Der Verfassungsschutz müsse alle Vereine in diesem Bereich bewerten, und die Regierung müsse handeln, denn "der Hut brennt".

Eurofighter: "Daher kam es ja auch zum Bruch"

Zu den jüngsten Eurofighter-Berichten, wonach der mittlerweile verstorbene FPÖ-Kommunikationschef Kurt Lukasek 2002 zeitgleich für die Partei und für den Jet-Anbieter EADS gearbeitet haben soll, verwies Strache einmal mehr darauf, dass die handelnden Personen damals andere gewesen seien: Es habe 2002 massive Unruhe innerhalb der FPÖ geherrscht, weil die Basis gegen die Eurofighter gewesen sei. "Daher kam es ja auch zum Bruch", auch Lukasek sei danach zum BZÖ gegangen. Im neuen U-Ausschuss gehöre alles auf den Tisch, bekräftigte Strache. Jeder, "gleich aus welcher Partei", der sich etwas zuschulden kommen habe lassen, habe sich den Konsequenzen zu stellen.

Als Wahlziel für die nächste Nationalratswahl nannte der FPÖ-Politiker einmal mehr, stärkste Kraft zu werden. Wünschenswert wären 33 Prozent, um eine Sperrminorität in Verfassungsfragen zu haben. Dass er für Rot oder Schwarz als Vizekanzler zur Verfügung stehen würde, schloss Strache nicht aus.

Bei der politischen Konkurrenz hat FPÖ-Chef Strache mit seinem Auftritt in der "Pressestunde" keine neuen Fans gefunden: SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler kritisierte Straches "peinliches, österreichfeindliches Andienen an Semi-Demokraten und Anti-Europäer", ÖVP-Generalsekretär Werner Amon befand, dass die "FPÖ in der Europafrage nicht weiß, wohin sie soll".

(APA)

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