Familienbeihilfe: ÖVP will "Abstimmung mit EU-Kommission suchen"

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Familienministerin Karmasin argumentierte zuletzt mit einem Gutachten für die geplante Kürzung. Darauf allein will man sich doch nicht verlassen.

Die ÖVP will sich nun bei der von ihr gewünschten Kürzung der Familienbeihilfe für im Ausland lebende Kinder doch nicht nur auf das Gutachten des Sozialrechtlers Wolfgang Mazal verlassen. "Allein auf Basis eines Gutachtens - es gibt auch andere Rechtsmeinungen dazu - werden wir jetzt nicht die Umsetzung in Österreich machen", sagte ÖVP-Chef Vizekanzler Reinhold Mitterlehner nach dem Ministerrat.

Mitterlehners Parteikollegin, Familienministerin Sophie Karmasin, hatte zuletzt stets auf eine rasche Umsetzung der "Indexierung" gedrängt und als Argumentation gegen Zweifel, ob die Kürzung EU-rechtskonform ist, auf Mazals Gutachten verwiesen, wonach eine nationale Regelung vor dem EuGH halten werde. Der Sozialrechtler ging davon aus, dass eine nationale Regelung für eine Kürzung "mit Sicherheit" zu einer Klage beim Europäischen Gerichtshof führen werde, "das halte ich aber für eine klar vertretbare Argumentation".

Mitterlehner gegen "wir riskieren und lassen uns klagen"

Karmasins Parteichef klang am Dienstag von Journalisten auf das Thema angesprochen allerdings anders. Er betonte zwar, die Linie bleibe die gleiche - man wolle diese Indexierung so vornehmen. "Nur ist es üblich bei großen Themen - und das ist ein großes Thema - die Abstimmung mit der Kommission zu suchen." Deutschland habe das bei der Maut beispielsweise auch gemacht. "Die Einstellung 'wir riskieren und lassen uns klagen' ist nicht unbedingt meine oder unsere", erklärte Mitterlehner.

Dass man sich mit der Kommission abstimmen will, entspricht auch eher der im Regierungsprogramm vereinbarten Vorgangsweise zur Anpassung der Familienbeihilfe an die jeweiligen Lebenskosten in den anderen Ländern: Die Regierung bekenne sich "im Rahmen der zuständigen Gremien auf europäischer Ebene dazu, sich für legistische Änderungen der bestehenden Regelungen einzusetzen, damit die exportierte Familienbeihilfe indexiert werden kann", heißt es dort.

Einen Vorschlag an die EU-Kommission dazu wollte man eigentlich bis März vorlegen. Die Verhandlungen in der Koalition glichen zuletzt allerdings eher einem Ping-Pong-Spiel und gerieten dann sogar ins Stocken. Der Vorschlag, den man in Brüssel vorlegen will, sei "gerade im Werden", erklärte Kanzler Christian Kern (SPÖ). Es handle sich nicht um ein politisches Problem, sondern eine "diffizile juristische" Angelegenheit.

Nationale Lösung nicht ausgeschlossen

Nach dem Ministerrat sah sich Mitterlehner noch zu der Klarstellung veranlasst, dass er eine nationale Regelung nach wie vor nicht ausschließe: "Ein nationales Vorgehen ist weiter eine Möglichkeit", betonte er in einer Stellungnahme. Man werde sich aber zunächst auf europäischer Ebene für die Indexierung der Familienbeihilfe einsetzen und "unsere Rechtsmeinung fundiert vertreten, wie es im Regierungsprogramm vorgesehen ist", erklärte Mitterlehner. "Ich bin aber weiterhin auch zu einer Lösung in Österreich bereit." Die inhaltliche Linie sei "unverändert", eine "Indexierung" sorge für mehr Fairness.

(APA)

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