Sozialversicherungen: Hauptverband findet neuen Chef

Der neue Chef des Hauptverbandes steht vor großen Reformaufgaben – vor allem bei der Finanzierung der Spitäler.
Der neue Chef des Hauptverbandes steht vor großen Reformaufgaben – vor allem bei der Finanzierung der Spitäler.(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Wirtschaftsbund-Funktionär Alexander Biach soll an die Spitze des Hauptverbandes. Er folgt Ulrike Rabmer-Koller nach, die keine Chance für Reformpläne sah.

Wien. Vor 16 Monaten war er schon einmal im Gespräch, nun wird es konkreter: Alexander Biach, stellvertretender Direktor der Wiener Wirtschaftskammer, soll Ulrike Rabmer-Koller an der Spitze des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger nachfolgen. Der ÖVP-Wirtschaftsbund hat sich am Freitag geeinigt, den 43-jährigen Wiener für die Funktion zu nominieren. Die Arbeitgeber-Vertreter haben ein Vorschlagsrecht im Hauptverband.

Die Neubesetzung ist nötig, weil Rabmer-Koller am Donnerstag überraschend ihren Rückzug erklärte. Grund dafür war offiziell der Mangel an politischem Reformwillen. Außerdem habe sie im komplexen Gesundheitssystem kein Durchgriffsrecht.

Und Biach? Er wollte sich am Freitag nicht öffentlich äußern. Er freue sich aber über den Vertrauensvorschuss, hieß es aus dem Wirtschaftsbund. Angst vor einem Reformstau habe er nicht. „Garantie gibt es keine, aber seine Vorgehensweise ist: Probieren wir es.“ Außerdem „kennt er das System von innen, das ist schon ein großer Vorteil“. Biach ist Obfrau-Stellvertreter der Wiener Gebietskrankenkasse und war Versichertenvertreter der SVA Wien.

In der ÖVP, vor allem in der Wiener ÖVP und im Wirtschaftsbund, ist er tief verankert: Er arbeitete als Büroleiter Reinhold Mitterlehners, als dieser Vize-Generalsekretär der Wirtschaftskammer war, wechselte danach als Kabinettschef zu Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka. Seit 2007 ist er im Wiener Wirtschaftsbund und in der Kammer tätig. Und er ist Bezirksparteiobmann der ÖVP in Margareten.

Wann er offiziell zum Hauptverbandschef ernannt wird, steht noch nicht fest. Das wird gerade unter den Sozialpartnern geklärt. Möglich wäre es, dass er bereits am Dienstag von der sogenannten Trägerkonferenz in den Vorstand entsendet wird – und am 9. Mai gewählt wird.

Dass er auch gewählt wird, daran besteht wohl kein Zweifel. Im Verbandsvorstand, der den Hauptverbandschef wählt, gehören sieben von zwölf Mitgliedern der ÖVP an, vier der SPÖ und einer der FPÖ. Gefährdet wäre die Wahl nur, wenn Biach den ÖAAB gegen sich hätte.

Zerwürfnis mit dem ÖAAB

Letzteres soll übrigens mit ein Grund gewesen sein, dass Ulrike Rabmer-Koller überraschend das Handtuch geworfen hat. Die bisherige Hauptverbandschefin hat am Donnerstag ihren Rücktritt erklärt, weil sie keine Möglichkeit mehr gesehen hat, ihre Reformpläne umzusetzen. Rabmer-Koller wollte Krankenkassen zusammenlegen, ein Durchgriffsrecht für den Hauptverband und eine Finanzierung des Gesundheitssystems aus einer Hand. Das brachte sie nicht nur in eine Konfliktposition mit Sozialminister Alois Stöger (SPÖ), dem sie Reformunwillen vorwarf, sondern eben auch mit Funktionären aus den eigenen Reihen, die um Einfluss auf ihre Kassen fürchteten.

Kassen als „Reformmotor“

Mehrere Vertreter von Krankenkassen haben am Freitag den Vorwurf der Reformunwilligkeit zurückgewiesen. Die Kassen hätten sich im Gegenteil in den vergangenen Jahren als „der innovativste Treiber, Ideenlieferant und Reformmotor“ im Gesundheitssystem etabliert, sagte Gerhard Hutter, Obmann der niederösterreichischen Gebietskrankenkasse. Als Beispiele führte er etwa die elektronische Gesundheitsakte Elga, die E-Medikation oder die telefonische Gesundheitsberatung sowie die Kinder-Reha an.

ZUR PERSON

Alexander Biach (43)
war Büroleiter von Reinhold Mitterlehner in der Wirtschaftskammer, Kabinettschef von Staatssekretär Helmut Kukacka und ist Vize-Direktor der Wiener Kammer und ÖVP-Bezirksparteichef in Margareten. [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2017)

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