Stelzer: "Es ist klar, dass Kurz die erste Adresse ist"

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Oberösterreichs neuer Landeschef Thomas Stelzer (ÖVP) zweifelt daran, dass das SPÖ-Angebot zur Zusammenarbeit ernst gemeint ist.

Die Presse: Sie haben nicht einmal 24 Stunden vor dem Rücktritt des ÖVP-Chefs gesagt, dass es keinen Grund dafür gebe, dass Reinhold Mitterlehner der Geduldsfaden reißt. Was ist passiert?

Thomas Stelzer: Ich habe die Gemütslage Reinhold Mitterlehners gekannt. Der rasche Rückzug hat mich dann aber schon überrascht. Am Ende ist es aber eine höchstpersönliche Entscheidung. Insofern respektiere ich, dass Reinhold Mitterlehner sagt, dass es menschliche nicht mehr machbar gewesen ist. Es ist keine Frage, das muss auch uns, innerhalb der ÖVP, zu denken geben. Es sollte aber auch den Koalitionspartner sehr zum Nachdenken bringen, wenn ein so ausgewiesener Großkoalitionär und sozialpartnerschaftlich geprägter Mensch wie Mitterlehner sagt, dass das so nicht mehr geht.

Worüber sollte sich die ÖVP Gedanken machen?

Darüber, wie wir alle – die Länder und die Teilorganisationen – ein gemeinsames Bild der ÖVP abgeben und dem Parteichef die Parteiführung ermöglichen können. Gleichzeitig geht es aber auch darum, wie die Partei geführt wird. Denn wir können in den Ländern auch nur dann gute Ergebnisse erzielen, wenn die Bundes-ÖVP gute Erfolge erzielt.

Heißt das, dass sich Länder und Bünde künftig innerparteilich zurückhalten sollen?

Jeder muss sein Scherflein dazu beitragen. Wir müssen gegenseitig aufeinander zugehen. Länder und Bünde müssen dem Parteichef das Handeln ermöglichen. Der Parteichef muss die Länder und Bünde aber auch dementsprechend einbinden.

Gibt es einen anderen Namen als Sebastian Kurz, wenn es um den Posten des Parteiobmanns geht?

Er steht für uns in der Öffentlichkeit. Er hat einen guten Zuschnitt. Er kommt bei den Leuten gut an und hat sehr viele Fähigkeiten. Daher ist klar, dass Sebastian Kurz die erste Adresse ist.

Gibt es überhaupt eine zweite?

Die ÖVP hat immer eine Breite. Am Sonntag gibt es den Parteivorstand. Da werden wir hoffentlich eine neue, stabile Führung präsentieren.

Kurz scheint sich noch zu zieren. Wie wollen Sie ihm den Job schmackhaft machen?

Wir werden in den nächsten Tag noch viele Gespräche führen. Ich glaube nicht, dass es für Sebastian Kurz überraschend kommt, dass in der Situation jetzt viele an ihn denken. Wir werden es in einem guten Miteinander klären.

Woran kann die Übernahme der Partei durch Kurz denn überhaupt noch scheitern?

Wir werden bis zum Parteivorstand hoffentlich eine gute Lösung haben.

Ist Kurz nur erste Wahl als ÖVP-Chef oder auch als Vizekanzler?

Wir schauen jetzt einmal, dass wir die Parteiführung klären. Dabei wird sich auch die Frage stellen, wie das in der Regierung ausschaut. Aber wichtig ist jetzt einmal, dass wir einen neuen ÖVP-Obmann haben, der die Partei in den nächsten Jahren führen kann.

Kanzler Christian Kern hat Kurz am Mittwoch schon eine Reformpartnerschaft angeboten. Soll die Koalition weiter Bestand haben?

Eine ausgestreckte Hand – noch dazu wenn sie vom Bundeskanzler kommt – schlägt man natürlich nicht aus. Vor allem nicht leichtfertig. Allerdings: Wenn die Kanzlerpartei noch einen Tag zuvor Sebastian Kurz von oben bis unten kritisiert und anschüttet, dann müssen wir auch bewerten, wie ehrlich und ernst gemeint solche Angebote sind.

Das heißt, dass vieles auf Neuwahlen hindeutet?

Wir klären erst einmal die Parteiführung. Dann schauen wir, wie dieses Angebot der SPÖ zu bewerten ist, und wie ernstzunehmen es tatsächlich ist.

Mit Reinhold Mitterlehner ist nun ein Oberösterreicher aus der Bundesregierung ausgeschieden. Muss es dafür einen Ersatz aus Oberösterreich geben?

Natürlich hat es für uns einen großen Vorteil, wenn eine Oberösterreicherin oder ein Oberösterreicher Teil des Regierungsteams im Bund ist. Das wünschen wir uns natürlich auch für die Zukunft.

ZUR PERSON

Thomas Stelzer (50) ist erst seit 6. April oberösterreichischer Landeshauptmann und steht damit damit an der Spitze eines seit Herbst 2015 schwarz-blau geführten Bundeslandes. Stelzer gilt als Gegner von Nationalratswahlen im Herbst 2017. [ APA ]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.05.2017)

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