Hartz IV in Österreich? SPÖ über Finanzministerium empört

Sozialminister Alois Stöger
Sozialminister Alois Stöger(c) Clemens Fabry (Presse)
  • Drucken

Menschen in die Armut zu treiben habe nichts mit verantwortungsvoller Politik zu tun, kritisiert Sozialminister Stöger. Das Finanzministerium betont, so ein Modell sei gar nicht geplant.

Eine vom Finanzministerium in Auftrag gegebene Studie zu der Frage, welche Auswirkungen die Einführung des deutschen Hartz-IV-Modells in Österreich hätte, sorgt für Empörung bei der SPÖ: Sozialminister Alois Stöger befürchtete am Samstag in einer Aussendung eine "Zerstörung des Sozialsystems". Das Finanzministerium betont, so ein Modell sei gar nicht geplant.

In der Studie des Europäischen Zentrums für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung, über die "Kronen Zeitung" und ORF berichteten, wird davon ausgegangen, dass nach Bezug des Arbeitslosengeldes statt der Notstandshilfe die bedarfsorientierte Mindestsicherung als staatliche Unterstützung folgt. In Deutschland bekommen Alleinstehende im Rahmen von Hartz IV 404 Euro monatlich, Paare 768 Euro. Das Einsparungspotenzial für den Bund läge bei einer Milliarde Euro jährlich. Gleichzeitig wird aber auch auf einen beträchtlichen Anstieg der Armutsgefährdung hingewiesen.

"Mahnendes und abschreckendes Beispiel für uns"

"Die Einführung von Hartz IV in Österreich bedeutet Armut und soziale Ausgrenzung", warnte nun auch Sozialminister Stöger. "Menschen in die Armut zu treiben hat nichts mit verantwortungsvoller Sozial- und Wirtschaftspolitik zu tun." Statt Tempo bei der Langzeitarbeitslosen-"Aktion 20.000" zu machen, blockiere die ÖVP, um scheinbar die Möglichkeiten einer Einführung von Hartz IV in Österreich vorzubereiten. Er werde nicht zulassen, "Arbeitssuchende mit Hartz IV zu bestrafen, ihnen beinahe das gesamte Ersparte, das Haus und die Eigentumswohnung, das Auto und den Bausparer wegzunehmen", erklärte Stöger. Hartz IV in Deutschland sei "ein mahnendes und abschreckendes Beispiel für uns".

Im von Hans Jörg Schelling (ÖVP) geführten Finanzministerium konnte man die Aufregung am Samstag unterdessen nicht wirklich nachvollziehen - denn ein Hartz IV-Modell für Österreich sei gar kein Thema. Es handle sich nicht um eine aktuelle Studie, die Untersuchung sei bereits vor zwei Jahren in Auftrag gegeben worden. "Ein Modell wie Hartz IV war und ist in Österreich nicht geplant", betonte eine Sprecherin. Grundsätzlich seien derartige Studien nichts ungewöhnliches, da das Finanzministerium laufend Effizienzpotenziale in jedem Bereich prüfe.

Köstinger: "Ein Musterbeispiel für alten Politikstil"

"Das ist ein Musterbeispiel für alten Politikstil", kritisierte ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger am Samstag in einer Stellungnahme gegenüber der APA. "Wir werden uns an solchen Spielen und diesem Stil nicht beteiligen."

Köstinger warf umgekehrt der SPÖ vor, "irgendeine Studie aus dem Finanzministerium" über die Medien veröffentlicht zu haben, die der neue ÖVP-Chef Sebastian Kurz nicht nur nicht kenne, "sondern nicht einmal wusste, dass es sie gibt". Dann behaupte die SPÖ, ohne Kurz' Programm zu kennen, dass die in der Studie enthaltenen Vorschläge Positionen seines Programms sein würden und empöre sich dann "über die gerade selbst erfundene Behauptung", meinte Köstinger. Das strategische Ziel sei derzeit offensichtlich "alle gegen Sebastian Kurz", ärgerte sich Köstinger. Man werde über das Programm, die Inhalte und Ziele "sachlich rechtzeitig informieren, ohne andere anzupatzen", versicherte sie

Überlegungen, das Sozialsystem umzustellen, gibt es in der ÖVP seit langem. Zuletzt hatte Innenminister Wolfgang Sobotka in seiner Funktion als NÖAAB-Obmann rund um den 1. Mai für eine De-facto-Abschaffung der Notstandshilfe getrommelt.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Innenpolitik

Hartz-IV auch in Österreich?

Eine Studie untersucht die Umlegung des deutschen Modells. Das Bundesbudget könnte dadurch entlastet werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.