Strolz und der „Neos-Moment“

Neos/Clemens Gaiger
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Matthias Strolz mobilisierte seine Anhänger: Mit den Themen Bildung, Unternehmergeist und Europa will er bei der Wahl punkten.

„Kevin, wo bist du? Der Kevin hat erzählt, er wird Installateur, das ist großartig!“ Der Reihe nach ruft Matthias Strolz am Donnerstag im „Platinum Vienna“ Leute im Publikum auf. Er schwärmt von seinem Mechaniker Thomas („Für den muss das Ding rollen“). Er erzählt von Sabine, die einen Friseursalon aufgemacht hat, aber dann auf ihr Herz hörte und mit 40 noch eine Ausbildung zur Lehrerin machte.

„Den Neos-Moment“ – so nennt Strolz die Augenblicke, in denen man das umsetzt, was man will. Und auf einen solchen Neos-Moment hofft Strolz wohl auch im Herbst, wenn sich seine Partei der Wiederwahl zum Nationalrat stellen muss. Seine Ideen dafür bringt der pinke Klubobmann am Donnerstag unter dem Motto „Unser neues Österreich – ein Abend großer Chancen“ unters Volk. Die Neos- Sympathisanten bekommen dabei eine Mischung aus persönlichen Geschichten von Strolz und seinen politischen Zielen zu hören. So verweist der pinke Klubobmann auf seine Zeit als Bergbauernbub in Vorarlberg. Die Arbeit auf dem Hof habe ihn geprägt. Und die Freude am Tun, die wolle er weiterreichen.

Strolz geht auf der Bühne hin und her, spricht in alle Himmelsrichtungen, verlässt die Bühne auch immer wieder, um direkt aufs Publikum zuzugehen. Das Setting erinnert an die Rede vonKanzler Christian Kern, als er im Jänner seinen Plan A in Wels präsentierte und auch einzelne Schicksale in den Vordergrund rückte. Nur dass Strolz emotionaler spricht. „Das ist eine ziemliche Wucht“, ruft er gleich zu Beginn in den Raum und meint damit, dass ihm so viele Menschen zuhören.

Der TV-Sender Puls 4 überträgt die Rede, 600 Zuseher sind im Saal, darunter der frühere steirische ÖVP–Landesrat Herbert Paierl oder Ex-Raiffeisen-General Christian Konrad, der zuletzt als Flüchtlingskoordinator für die Regierung tätig war. Auch sie werden in der großen Strolz-Show extra aufgerufen.

Nie sagen: „Du bist die Elendste“

Programmatisch setzt Strolz stark auf das Thema Bildung. Es dürfe nicht sein, dass Lehrer über Kinder drüberfahren und etwa sagen: „Du bist die Elendste in Deutsch.“ „Das sind Mitteilungen, die die jungen Menschen nie vergessen“, meint der Neos-Klubchef. Man solle Schwächen früh erkennen und ausgleichen. Und nicht erst draufkommen, wenn die Kinder schon 15 Jahre alt sind.

Strolz fordert mehr Unternehmergeist, er will die Abgabenquote auf unter 40 Prozent senken. Das Gesundheitssystem soll vereinfacht (weniger Kassen), das Pensionssystem fit für die Zukunft gemacht werden (keine „Luxuspensionen“ mehr). Auch das Bekenntnis zu einem gemeinsamen Europa darf nicht fehlen, Strolz erzählt von der Zeit, als er als junger Mensch in Frankreich für einen Sprachkurs war. „Dort wo unsere Großväter 50 Jahre vorher im Blut gelegen sind, haben wir Kopfweh gehabt vom gemeinsamen Feiern.“

Auch wenn die Rede offiziell nicht der Wahlkampfauftakt war, ist Strolz sichtlich schon im Wahlkampfmodus. Fünf Prozent hatte er bei der Nationalratwahl 2013 geschafft, diesmal könnte der Einzug ins Parlament für die Neos schwieriger werden, weil die ÖVP mit Sebastian Kurz in einer ähnlichen Wählerschicht nach Stimmen angelt. Auf Kurz selbst ging Strolz in seiner Rede nicht ein.

Passend zum Wahlkampf kommt aber nun auch Strolz' Buch „Mein neues Österreich“ auf den Markt, in dem der Politiker seine Motivation und Ziele erläutert. Strolz verrät darin etwa, dass er schon früh Reden hielt. So trug er am Tag der offenen Tür seiner Schule zum Thema „Hexenverfolgungen in Österreich“ vor.

Ganz so schlimm sollte der Wahlkampf dann auch wieder nicht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2017)

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