Gusenbauer im U-Ausschuss: "Eine riesengroße Sauerei"

Alfred Gusenbauer
Alfred Gusenbauer(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Nachlese Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel schloss Schmiergeldzahlungen an die ÖVP "vollkommen aus". Sein Amtsnachfolger Alfred Gusenbauer lobt den umstrittenen, 2007 geschlossenen Eurofighter-Vergleich und betont, nicht erpressbar zu sein.

Es war der sechste Befragungstag im parlamentarischen U-Ausschuss zur Causa Eurofighter - und es war ein Tag mit prominenten "Gästen". Die beiden ehemaligen Regierungschefs Wolfgang Schüssel (ÖVP, Kanzler von Februar 2000 bis Jänner 2007) und Alfred Gusenbauer (SPÖ, Kanzler von Jänner 2007 bis Dezember 2008) gaben sich sprichwörtlich die Klinke des Lokals VI. in die Hand. Beide waren als Auskunftspersonen zum umstrittenen Vergleich zwischen Republik und Jet-Hersteller aus dem Jahr 2007 ins Hohe Haus geladen. 

Zuerst war Schüssel an der Reihe, der bestritt, Kontakt mit Lobbyisten des Jet-Herstellers gehabt zu haben. Einen in Dokumenten - etwa der Münchner Kriminalpolizei - vorkommenden "Dr. Lüssel" kenne er nicht, es handele sich dabei seiner Ansicht nach um eine "kabarettreife Verballhornung von irgendwelchen Namen". Auch Schmiergeldzahlungen bestritt er: "Für meine Partei schließe ich das vollkommen aus." Der Hintergrund: Laut Staatsanwaltschaft München ist in Unterlagen im Zusammenhang mit der Londoner Briefkastenfirma City Chambers Limited, die von EADS 8,4 Millionen Euro Schmiergeld bekommen und weiterverteilt haben soll, von Gesprächen zwischen Lobbyisten wie dem Vermögensberater Herbert W. und Politikern wie "Dr. Lüssel", "J. Laider" und "K.H. Lasser" die Rede. Schüssel dazu - gewandt an den grünen Fraktionsführer Peter Pilz, der die Unterlagen vorbrachte: "Ihre Verdächtigungen und Verschwörungstheorien können Sie in den Kamin schreiben. Es hat nichts Derartiges gegeben."

Einen Grund für einen Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag von 2003 habe es laut Schüssel nicht gegeben: "Jeder Beweis der Verzögerung wäre der Jackpot gewesen", meinte Schüssel lapidar: "Der Kollege Pilz hätte die Sektkorken knallen lassen." Er selbst habe nicht aussteigen wollen: "Pacta sunt servanda."

"Gusenbauer kann man weder erpressen noch einschüchtern"

Am Nachmittag nahm schließlich Gusenbauer im Parlament Platz und betonte gleich in seinem Eingangsstatement: "Wir wollten aus dem Vertrag raus." Ein Ausstieg wäre jedoch mit einem hohen Risiko verbunden gewesen - dabei verwies er auf das Gutachten des Zivilrechtsexperten Helmut Koziol, das dieser in Darabos' Auftrag erstellt habe. Letzterer habe dann auf dieser Basis im Jahr 2007 eine "ausgezeichnete Leistung geboten" und der Republik Österreich mehrere Millionen Euro erspart. Koziols Nominierung sei von der Finanzprokuratur ausdrücklich begrüßt worden, erklärte der frühere Kanzler weiters.

Allerdings legte Gusenbauer Wert auf die Feststellung, dass Verteidigungsminister Darabos nicht in "seinem Namen" verhandelt habe. Tatsächlich habe der Burgenländer in seiner "Ministerverantwortung" agiert und ihn, Gusenbauer, regelmäßig informiert. 

Zweimal wurde es laut im U-Ausschuss, und zwar, als Gusenbauer mit dem Vorwurf konfrontiert wurde, die Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP hätten 2006/2007 nur unter "Eurofighter-Bedingungen" stattgefunden. Gusenbauer dazu: "Es hat keine Drohungen gegeben, keinerlei Versuche, andere einzuschüchtern oder zu erpressen. Zu einer Koalitionsvereinbarung kommt es nur, wenn sich zwei einigen. Und wie einige wissen: Alfred Gusenbauer kann man weder erpressen noch unter Druck setzen noch einschüchtern - das gilt auch für Koalitionsverhandlungen." Das zweite Mal wurde Gusenbauers Stimme gegen Ende der Sitzung lauter, als ihm Leo Steinbichler, Fraktionsführer des Team Stronach, Malversationen unterstellte: "Ich war in meinem ganzen Leben kein einziges Mal in Malversationen verwickelt. Diese angestellten Mutmaßungen sind eine riesengroße Sauerei."

Die Causa Eurofighter kurzgefasst

Im Jahr 2003 wurde unter der schwarz-blauen Bundesregierung unter Kanzler Wolfgang Schüssel ein Deal mit Eurofighter über 18 Jets abgeschlossen. Der Kaufpreis: 1,969 Milliarden Euro. Zugleich verpflichtete sich das Eurofighter-Konsortium, mit österreichischen Unternehmen Gegengeschäfte in Höhe von 200 Prozent des Kaufpreises abzuschließen. Im Wahlkampf 2006 propagierte die SPÖ den Ausstieg aus dem Deal. Norbert Darabos wurde in der Folge Verteidigungsminister und schloss 2007 einen Vergleich mit dem Jet-Hersteller. Die Eckpunkte: Statt 18 Jets der modernen Tranche II sollten nur 15 Flugzeuge der ersten Baureihe geliefert werden. Inklusive Preisnachlass bei den Betriebskosten glaubte Darabos an Einsparungen von 370 Millionen Euro. Der Rechnungshof kam 2008 jedoch nur auf 267 Millionen Euro - und er kritisierte, dass die finalen Gespräche nicht dokumentiert wurden.

Heute geht das Verteidigungsministerium davon aus, dass die ursprünglich bestellten Eurofighter der Tranche II gar nicht lieferbar waren. Geortet werden zudem "unzulässige Zahlungsflüsse": Nämlich, dass der Republik ein zu hoher Kaufpreis verrechnet wurde und ein Teil dieser Gelder in Bestechungszahlungen geflossen sein soll. Im Februar 2017 wurden deshalb sowohl Eurofighter als auch der Mutter Airbus wegen Betrugs angezeigt. Eurofighter weist den Vorwurf zurück. 

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