Eurofighter: Was wusste Gusenbauer, was forderte Schüssel?

Tag der Ex-Kanzler im Untersuchungsausschuss: Am Dienstag waren der ehemalige ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel (im Bild) und Alfred Gusenbauer (SPÖ) ins Parlament geladen.
Tag der Ex-Kanzler im Untersuchungsausschuss: Am Dienstag waren der ehemalige ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel (im Bild) und Alfred Gusenbauer (SPÖ) ins Parlament geladen.(c) APA/HANS PUNZ
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Kanzlertag im U-Ausschuss. Alfred Gusenbauer zeigt sich von Details der Verhandlungen seines Ministers überrascht, Wolfgang Schüssel dementiert, dass er den Behalt der Eurofighter zur Koalitionsbedingung gemacht hat.

Wien. Am Montag hatte Peter Pilz noch hohes Fieber, auch am Dienstag musste er noch Antibiotika nehmen – aber die Befragung im Untersuchungsausschuss wollte sich der grüne Abgeordnete dann doch nicht entgehen lassen. Schließlich wurden gestern gleich zwei der wichtigsten Auskunftspersonen ins Parlament geladen, nämlich zwei ehemalige Bundeskanzler: Wolfgang Schüssel (ÖVP, Regierungschef von 2000 bis 2007) und Alfred Gusenbauer (SPÖ, Kanzler von 2007 bis 2008).

Worum geht es? Die Abgeordneten gehen der Frage nach, wie der Vergleich zwischen der Republik Österreich und dem Jet-Hersteller EADS im Juni 2007 entstanden ist. Der damalige Verteidigungsminister Norbert Darabos (er sagte bereits im Ausschuss aus) wurde im Nachhinein heftig dafür kritisiert, die Finanzprokuratur als Anwalt der Republik nicht eingebunden zu haben. Außerdem brachte der Vertrag laut Rechnungshof nicht so viele Einsparungen wie angekündigt.

Unter Schüssel fällte die schwarz-blaue Regierung die Typentscheidung für den Eurofighter. Als der Vergleich geschlossen wurde, war hingegen Gusenbauer Bundeskanzler – obwohl die SPÖ im Wahlkampf mit einen Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag geworben hatte. Eine These ist, dass die ÖVP den Jet-Kauf zur Koalitionsbedingung gemacht hätte.

Schüssel selbst bestritt dies im U-Ausschuss übrigens gleich mehrmals. „Physisch hätte ich ihn (Gusenbauer, Anm.) mit meinen 75 Kilo sicher nicht in die Knie zwingen können“, sagte er. Dieses Gerücht sei ein „Kinkerlitzchen“.

Gusenbauer lobte den Darabos-Vergleich ausdrücklich: Die SPÖ habe, wie im Wahlkampf 2006 angekündigt, aus dem Eurofighter-Vertrag aussteigen wollen. Da dies jedoch laut dem Gutachten des Rechtsprofessors Helmut Koziol mit einem sehr hohen Risiko verbunden gewesen wäre, sei es darum gegangen, den Kaufpreis zu reduzieren. Und da habe Darabos in den Verhandlungen „eine ausgezeichnete Leistung“ geboten und ein „beeindruckendes Ergebnis“ erzielt.

Alfred Gusenbauer.
Alfred Gusenbauer.(c) APA/HANS PUNZ

Vertrag verschlechtert?

Die Fragen des Abgeordneten Pilz drehten sich darum, wie sehr Gusenbauer selbst eingebunden war. Ein Monat vor dem am 24. Juni 2007 abgeschlossenen Vergleich gab es ja schon eine von beiden Seiten unterzeichnete handschriftliche Vereinbarung – laut Pilz zu wesentlich besseren Konditionen als die dann tatsächlich in Kraft getretene.

Warum die Verschlechterung? Gusenbauer will von der ersten Vereinbarung nichts gewusst haben. „Darüber wurde ich nicht informiert“, sagt der frühere Regierungschef. Und das, obwohl Darabos angegeben hat, jeden Schritt mit dem Kanzler abgestimmt zu haben. Pilz will diesen Widerspruch nicht auf sich beruhen lassen und fordert nun eine Gegenüberstellung Darabos-Gusenbauer im U-Ausschuss. Schließlich bestehe der Verdacht, dass einer der beiden die Unwahrheit gesagt hat. Dies wäre eine strafbare falsche Zeugenaussage.

Interessant ist ein anderes Papier, dass der grüne Abgeordnete vorlegt: Die Lobbying-Firma City Chambers hat im Februar 2006 – also noch zur Zeit der schwarz-orangen Regierung – an EADS berichtet, dass das Verteidigungsministerium eine substanzielle Preisminderung ausverhandeln will, weil EADS nicht in der Lage ist, den Vertrag präzise zu erfüllen. Genannt wird ein Betrag von 400 Millionen Euro. EADS sei damals zu einer derartigen Preisreduktion bereit gewesen, sagt Pilz unter Berufung auf weitere – allerdings nicht vorgelegte – Unterlagen von City Chambers. Warum hat sich das Ministerium dann mit einer Reduktion um 250 Millionen Euro zufrieden gegeben – und das bei Abbestellung von drei Flugzeugen? Pilz vermutet eine schlechte Verhandlungsführung. Gusenbauer konnte darauf keine Antwort geben, das Papier des Lobbyisten ist ihm neu.

Geheimhaltung?

Schüssel verteidigte den Grundvertrag zum Ankauf der Eurofighter, der unter seiner Kanzlerschaft geschlossen wurde. Darabos hatte ihn als „grottenschlecht“ bezeichnet, Schüssel kritisierte dafür wiederum den ehemaligen Verteidigungsminister: Persönlich wolle er, Schüssel, nichts gegen ihn sagen. Aber aus juristischer Sicht sei die Vorgangsweise sehr wohl problematisch gewesen. Es sei „erstaunlich, unter welcher Geheimhaltung“ Darabos vorgegangen sei.

Erstmals wurde im Ausschuss aber auch der zweite Themenblock angeschnitten, nämlich: ob es rund um den Eurofighter-Deal zu „unzulässigen Zahlungsflüssen“ gekommen ist. Auch das bestritt Schüssel: „Für meine Partei schließe ich das vollkommen aus.“

Allerdings: Laut Staatsanwaltschaft München ist in Unterlagen im Zusammenhang mit der Briefkastenfirma City Chambers Limited (die von EADS 8,4 Millionen Euro Schmiergeld bekommen und weiterverteilt haben soll) von Gesprächen zwischen Lobbyisten und österreichischen Politikern wie „Dr. Lüssel“, „J. Laider“ und „K.H. Lasser“ die Rede.

Dann kam es zu einem Schlagabtausch: Ob Schüssel wisse, wer Dr. Lüssel sei, wollte Pilz wissen. Schüssel dazu: „Das ist eine kabarettreife Verballhornung von irgendwelchen Namen“. Pilz konterte: „Wenn Sie wissen wollen wer das ist, müssen Sie nur in den Spiegel sehen.“ Schüssel wiederum bestritt Kontakt zu EADS-Lobbyisten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2017)

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