Wahlkampf

Quereinsteigerin nun ÖVP-Mitglied

Die Wahlkampfzentrale der SPÖ ist im Einsatz, Spitzenkandidat Kern war beim EU-Gipfel in Brüssel: Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler (l.) und Sozialminister Alois Stöger eröffneten das Kampagnenbüro in der Löwelstraße.
Die Wahlkampfzentrale der SPÖ ist im Einsatz, Spitzenkandidat Kern war beim EU-Gipfel in Brüssel: Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler (l.) und Sozialminister Alois Stöger eröffneten das Kampagnenbüro in der Löwelstraße.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Die neue Kurz-Stellvertreterin Bettina Glatz-Kremsner ließ die Partei lange zappeln. Mitterlehner kommt zum Parteitag am 1. Juli. In der SPÖ sorgt die Kandidatur Caps für Spannung.

Wien. In den Parteizentralen, allen voran in jenen von SPÖ und ÖVP, steigt die Betriebsamkeit. Die ÖVP steckt mitten in den Vorbereitungen des Bundesparteitages am 1. Juli in Linz, in der SPÖ ist die Wahlkampfzentrale zu ebener Erde im Parteihauptquartier in der Löwelstraße in der Wiener Innenstadt längst einsatzbereit.

Die ersten Mitarbeiter sitzen zwar schon seit drei Wochen hier, aber egal. Es ist Wahlkampf, und das bedeutet: Jede Gelegenheit wird genutzt, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Also eröffnet die SPÖ am Donnerstag offiziell ihre Wahlkampfzentrale. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler führt Journalisten und Kameraleute herum, Parteivorsitzender Bundeskanzler Christian Kern fehlt wegen des EU-Gipfels in Brüssel.

Mehr als 30 Menschen arbeiten in dem Großraumbüro im Erdgeschoß in der Löwelstraße und betreuen die Social-Media-Kanäle, beobachten den politischen Gegner und arbeiten Themen aus. Das erste in der Kampagne hat die SPÖ bereits gefunden – die Abschaffung des Pflegeregresses. Diese Maßnahme soll durch die Einführung von Erbschaftssteuern gegenfinanziert werden.

Weil Wahlkampf ist, gibt es gleich ein paar Sprüche dazu: „Wir stehen für Inhalte, nicht für Spekulationen“, sagt Niedermühlbichler. Sozialminister Alois Stöger ist ebenfalls zur Eröffnung erschienen und meint: „Wir machen Wahlkampf durch unsere Arbeit.“

Bettina Glatz-Kremsner.
Bettina Glatz-Kremsner.(c) APA

Mitgliedschaft wegen Statut

Hektisch geht es auch in der ÖVP-Parteizentrale in der Lichtenfelsgasse gegenüber des Wiener Rathauses zu. Zwar sind schon Mitte Juni drei Stellvertreterinnen für den neuen Parteiobmann, Sebastian Kurz, nominiert worden: Casinos-Chefin Bettina Glatz-Kremsner, die steirische Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl und die Bregenzer Stadträtin Veronika Marte.

Allerdings hatte der Coup von Kurz einen entscheidenden Haken. Die als Quereinsteigerin geholte Glatz-Kremsner war nicht ÖVP-Mitglied. Damit konnte sie laut geltendem Statut nicht Obmannstellvertreterin sein.

Seit Freitag der Vorwoche recherchierte die „Presse“ wegen des drohenden Flops für Kurz vor dem ÖVP-Parteitag in Linz am 1. Juli. Zuerst galt es als unklar, ob Glatz-Kremsner Parteimitglied ist. Am Mittwoch wurde dann erstmals bestätigt: Sie ist es nicht. Donnerstagvormittag war die Situation unverändert. Nach außen hin gab man sich demonstrativ gelassen. Sie werde „zeitnah“ vor dem Parteitag ÖVP-Mitglied werden.

Donnerstag um zwölf Uhr war der Bericht, Glatz-Kremsner zögere bei der Mitgliedschaft, auf diepresse.com zu lesen. Ob das die Dinge beschleunigt hat? Denn am Nachmittag hieß es aus der Umgebung der Casinos-Chefin, Glatz-Kremsner habe den Antrag auf Mitgliedschaft gestellt. Während zuvor die ÖVP-Zentrale noch keinen Termin dafür nennen konnte, wurde aus dem Umfeld der künftigen ÖVP-Vizechefin versichert, das sei immer so geplant gewesen. Sie war von Kurz bewusst als Signal an die Wirtschaft geholt worden.

Eines steht aber jedenfalls fest: Der am 10. Mai überraschend zurückgetretene ÖVP-Chef Vizekanzler Reinhold Mitterlehner wird zum ÖVP-Bundesparteitag kommen, wird bestätigt. Für den Mühlviertler ist es in Linz ein schwarzes Heimspiel.

In der SPÖ hat Bundeskanzler Parteivorsitzender Christian Kern Erfahrungen mit kurzfristig geholten SPÖ-Mitgliedern in politischen Spitzenfunktionen. Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner wurde heuer Anfang März erst am Tag vor ihrer Bestellung SPÖ-Mitglied. Bildungsministerin Sonja Hammerschmid beantragte wenige Wochen nach Amtsantritt im Juni 2016 die SPÖ-Mitgliedschaft.

SPÖ beschließt Wiener Liste

Für die Wiener SPÖ geht es heute, Freitag, um die Entscheidung über die Liste für die Nationalratswahl. Kern steht schon länger als Spitzenkandidat fest. Dahinter, soviel sickerte durch, folgen Nationalratspräsidentin Doris Bures sowie Klubobmann Andreas Schieder. Rendi-Wagner und Staatssekretärin Muna Duzdar müssen auf der Wiener Liste Platz finden.

Spannend wird, was mit Vizeklubchef Josef Cap passiert, der seit 1983 im Hohen Haus sitzt. Er ist Hernalser SPÖ-Bezirkschef und möchte erneut kandidieren.

ZUR PERSON

Bettina Glatz-Kremsner, (54), ist Casino-Chefin und ab dem Parteitag am 1. Juli eine von drei ÖVP-Stellvertreterinnen von Parteiobmann Sebastian Kurz. Der Antrag auf eine ÖVP-Mitgliedschaft, die laut Statut Voraussetzung für eine Wahl zur schwarzen Vizeparteichefin ist, wurde erst am Donnerstag von ihr gestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.06.2017)

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