Pflege: Länder weisen Vorwurf der Volksanwaltschaft zurück

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Symbolbild - PensionistenheimPresse (Fabry)
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Man habe im Zusammenhang mit dem Aufdecken von Pflegemissständen keinen Druck ausgeübt, betonen die Landesräte. Sozialminister Stöger will Verbesserungen mit einer Erbschaftssteuer finanzieren.

Die Bundesländer weisen den Vorwurf der Volksanwaltschaft, man habe im Zusammenhang mit dem Aufdecken von Pflegemissständen Druck ausgeübt, zurück. Sie fordern hingegen, dass die Volksanwaltschaft ähnlich wie der Rechnungshof Rohberichte zur Stellungnahme übermittelt. Im Sozialministerium fand am Freitag auf Einladung von Ressortchef Alois Stöger (SPÖ) ein Pflegegipfel statt.

Beim Gipfel haben sich der Minister und die Bundesländervertreter über ihre Maßnahmen ausgetauscht, wie Missstände bei der Pflege verhindert werden. In Tirol etwa, das Bundesland hat derzeit den LH-Vorsitz inne, werde eine Tarifreform für Alten- und Pflegeheime vorbereitet und gebe es eine Gehaltsanpassung sowohl bei mobilen Diensten als auch in Heimen, erklärte der Tiroler Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg (ÖVP) im Anschluss gegenüber Journalisten.

Jedes Bundesland habe ein derartiges Maßnahmenbündel, um Missstände zu beseitigen, betonte Tilg. Dass die Volksanwaltschaft über Druck der Länder klagte, habe er nur medial vernommen. Grundsätzlich sollten aber, wenn Missstände aufgezeigt werden, zuerst die Länder informiert werden, ähnlich wie es beim Rechnungshof der Fall ist. Damit sollten die Bundesländer eine Möglichkeit zur Stellungnahme haben, so der Landesrat.

Die Finanzierung der Pflege sei bis 2021 geregelt und der Pflegefonds ein gutes Instrument, meinte Tilg weiter. Über künftige Modelle könne man diskutieren, die von der SPÖ gewünschte Erbschaftssteuer aber sieht der ÖVP-Politiker nicht als richtigen Schritt.

Die niederösterreichische Landesrätin Barbara Schwarz (ÖVP) zeigte sich zumindest offen dafür, über alle Vorschläge zur Finanzierung zu diskutieren. Sie sprach sich weiters dafür aus, dass durch einzelne Missstände nicht das ganze System in Misskredit gezogen wird. Offen ist sie auch für einheitliche Qualitätskriterien. Schwarz betonte, dass auf die Volksanwaltschaft kein Druck ausgeübt worden sei. "Wir haben lediglich gebeten, dass ein Rohbericht zur Verfügung gestellt wird", damit man auf Kritik reagieren könne. Sie verwies darauf, dass zwischen dem Bekanntwerden von Missständen und der Berichtsvorlage ein Jahr vergehen kann - eine Zeitspanne, in der Länder bereits Missstände beseitigen. Auch die Wiener Stadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) fordert die Möglichkeit einer Stellungnahme.

"Die Qualität der Pflege darf nicht von der Geldtasche abhängen"

Minister Stöger bekräftigte die SPÖ-Forderung nach Abschaffung des Pflegeregresses und pochte auf die langfristige Sicherung der Pflegefinanzierung. "Die Qualität der Pflege darf nicht von der Geldtasche abhängen." Für die Pflege würden Einkommen und Vermögen und "im schlimmsten Fall ein ganzes Lebenswerk verloren gehen", erklärte er. "Gleichzeitig gibt es andere, denen ein riesiges Vermögen in die Hände fällt und die zahlen in Österreich keinen Cent Steuer dafür. Das ist nicht gerecht." Von jenen, die eine große Erbschaft machen, soll daher Geld eingehoben werden.

Stöger führte die vier Punkte an, die mittelfristig über die Einhebung einer Erbschaftssteuer auf Erbschaften über 1 Mio. Euro finanziert werden sollen (Siehe APA145, Anm.). Für die Abschaffung des Pflegeregresses werden im ersten Jahr 100 Mio. Euro, ab dem zweiten Jahr etwa 200 Mio. Euro kalkuliert. Die Übernahme von 50 Prozent der Kostenbeiträge für die mobile Pflege kommt laut Stögers Büro auf etwa 70 Mio. Euro Jahr und das höhere Pflegegeld für schwer behinderte Kinder auf 30 Mio. Euro pro Jahr. Bis 2022 soll 1 Mrd. Euro in die Pflegeberufe investiert werden.

Angesichts der demografischen Entwicklung müsse man sich über die weitere finanzielle Absicherung des Systems Gedanken machen. "Die Finanzierung ist bis 2021 gesichert. Ich will die Weichen für die langfristige Absicherung stellen. Wir werden mehr Geld brauchen, es führt kein Weg daran vorbei." Eine weitere Belastung des Faktors Arbeit lehnt er dazu ab.

Stöger für Finanzierung aus einem gemeinsamen Topf

Der Ressortchef schlägt daher eine einheitliche Finanzierung aus einem gemeinsamen Topf aus Mitteln des Bundes, der Länder und der Erbschaftssteuer vor. Im Rahmen einer ausgewogenen Kostenaufteilung zwischen Bund und Ländern soll der Bund eine zusätzliche Ausfallshaftung für die Pflege der Menschen übernehmen. Die Vereinfachung bringe weniger Bürokratie und damit mehr Mittel für die Betreuung. Stöger sprach sich auch für die Überarbeitung von Qualitäts- und Mindeststandards aus. Außerdem sollen mit jedem Land Ziele gemeinsam festgelegt werden - "um den regionalen Besonderheiten gerecht zu werden".

Stöger zeigte sich davon überzeugt, dass es zur Abschaffung des Pflegeregresses auch in der ÖVP viele gebe, die Interesse für eine Änderung haben, wenn es eine entsprechende Gegenfinanzierung gibt.

Den Bericht der Volksanwaltschaft, der kürzlich Missstände in der Pflege publik gemacht hat, sieht der Ressortchef als "Beitrag, die Pflege noch besser zu machen". Es werde sehr gut gepflegt, in manchen Bereichen brauche es aber Veränderungen. Die Kritik werde jedenfalls sehr ernst genommen.

(APA)

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