Der ÖVP-Obmann will nun - wie die SPÖ - den Pflegeregress abschaffen. Der Koalitionspartner zeigt sich erfreut und will noch diese Woche Nägel mit Köpfen machen. Außerdem will Kurz Wartezeitenlimits und verpflichtende Fotos auf E-Cards.
Außenminister und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz legt heute zehn Punkte zum Gesundheits- und Pflegebereich vor. Darunter findet sich die Forderung nach mehr Hausärzten, keinen überfüllten Ambulanzen sowie nach verpflichtenden Fotos auf E-Cards, wie Kurz am Dienstag im Ö1-„Morgenjournal“ berichtet. Gerade letztere Maßnahme solle Betrug verhindern. „Es hat jede Jahreskarte der Wiener Linien ein Foto, insofern halte ich es für sinnvoll, dass es auch hier ein Foto und somit eine gewisse Zuordenbarkeit und Nachvollziehbarkeit gibt.“
Auf den Einwand, dass der Hauptverband der Sozialversicherungsträger zuletzt eingewandt hatte, die flächendeckende Einführung von Fotos auf den Gesundheitskarten käme zu teuer, entgegnete Kurz: „Was wirklich teuer kommt ist der Missbrauch, der hier möglich ist.“ Dieser müsse bekämpft werden.
Zudem sollen Limits eingeführt werden, um die Wartezeiten bei wichtigen Operationen und Untersuchungen einzugrenzen. Weiters werden sogenannte Landarztstipendien vorgeschlagen. „Es muss attraktiver werden für junge Mediziner auch wirklich als Hausärzte arbeiten zu wollen; es braucht eine bessere Kooperation vor Ort, um auch ordentliche Öffnungszeiten für die Menschen anbieten zu können – und es braucht Investment in diesem Bereich“, erläuterte Kurz im ORF-Radio. Zu den Investitionen machte Kurz gegenüber Ö1 keine weitere Angaben, laut einem seiner Sprecher sollen aber rund 50 Millionen Euro aufgewandt werden.
Kein Widerspruch zu Primärversorgungszentren
Einen Widerspruch zu dem Projekt der Primärversorgungszentren ortete der ÖVP-Chef in seinem Vorhaben nicht. Immerhin sei das Ziel eben jener Zentren, in denen verschiedenen medizinische Berufsgruppen zusammenarbeiten sollen, ja gerade die Sicherung der Versorgung in ländlichen Gebieten. „Die Primärversorgungszentren sind ja auch ein sinnvoller und richtiger Schritt“, so Kurz.
Punkt drei auf Kurz' Liste betrifft die Finanzierung der Pflegekosten, die künftig aus dem Budget kommen soll. Denn, so Kurz: „Es kann jemanden genauso passieren pflegebedürftig zu werden, wie es jemanden passieren kann an Krebs oder einer anderen Krankheit zu erkranken – die Menschen können nichts dafür.“ Insofern handele es sich um eine Aufgabe, die „genauso solidarisch abgedeckt werden muss, wie der Gesundheitsbereich“. Das bedeute auch das Ende für den sogenannte Pflegeregress. Das freut die SPÖ, die am Dienstag umgehend ankündigte, dem Außenminister einen entsprechenden Antrag zu übermitteln.
Zur Entlastung der Angehörigen sollen Schritte der Deregulierung gesetzt werden. Kurz nennt einfache Systeme im Bereich der Pflegebehelfe oder die Pflegefreistellung. „Die Angehörigen sind der größte Pflegedienst des Landes und verdienen unsere volle Unterstützung. Ein serviceorientierter Staat darf die pflegenden Angehörigen nicht wie Bittsteller behandeln."
In Sachen Bürokratieabbau hat der ÖVP-Minister die Sozialversicherungen im Auge. Mit 36 Sozialversicherungsträgern mit unzähligen Funktionären und hohen Strukturkosten wurden laut Kurz Systeme geschaffen, wo nicht der Patient im Mittelpunkt steht, sondern oft die Systeme selbst. Die Systemkosten müssten zugunsten der Patienten und Pflegebedürftigen umgeleitet werden. Als letzten Punkt führt Kurz die Stärkung der Gesundheitsprävention an. Langfristige Kostensteigerungen könnten so reduziert werden. Für die jährliche Vorsorgeuntersuchung soll es einen Bonus geben. Kosten: 100 Millionen Euro.
>>> Bericht im Ö1-„Morgenjournal“
(Red./APA)