Nationalrat: Fremdenrechtsverschärfung kommt

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Ohne Koalitionsturbulenzen ging die Abstimmung über ein neues Fremdenrechtspaket am Mittwoch im Parlament über die Bühne: SPÖ und ÖVP stimmten für die Verschärfung.

Mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP (diesmal ohne Koalitionsturbulenzen) sowie des Teams Stronach hat der Nationalrat am Mittwoch ein Fremdenrechtspaket beschlossen, das eine längere Schubhaft am Stück ermöglicht, eine Residenzpflicht für Flüchtlinge bringt und höhere Strafen bei Nichtausreise trotz aufrechten Bescheids. Der FPÖ war es zu wenig restriktiv, den Grünen ging es zu weit.

Wer bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Einreise oder des Aufenthalts wissentlich falsche Angaben macht, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen, kann künftig mit bis zu 5.000 Euro bestraft werden. Schubhaft kann im Normalfall auf bis zu sechs Monate (bisher vier) bzw. drei Monate für mündige Minderjährige (bisher zwei) erstreckt werden. Bei besonderen Umständen ist eine ununterbrochene Festhaltung bis zu 18 Monate möglich (bisher zehn Monate in einem Zeitraum von 18 Monaten).

Ein Verfahren zur Aberkennung von Asyl soll nicht erst bei einer rechtskräftigen Verurteilung, sondern bereits bei Anklageerhebung bzw. bei Betreten auf frischer Tat oder bei Verhängung von Untersuchungshaft eingeleitet werden. Weiters neu: Flüchtlinge können auch für gemeinnützige Hilfstätigkeiten im Rahmen von NGOs herangezogen werden. Der Innenminister kann dabei betragliche Höchstgrenzen für den "Anerkennungsbeitrag", den die Flüchtlinge für ihre Arbeit erhalten, festlegen.

Durch einen Abänderungsantrag kamen zudem Wohnsitzauflagen und Gebietsbeschränkungen für Flüchtlinge während des Asylverfahrens dazu. Änderungen gibt es weiters bei der Rot-Weiß-Rot-Karte.

"Staatsfeinde-Paragraf" kommt

Zudem wurde eine Strafgesetzbuch-Novelle beschlossen. Sie bringt neue Tatbestände zur Ahndung staatsfeindlicher Bewegungen, der sexuellen Belästigung in Gruppen sowie höhere Strafen für tätliche Angriffe gegen Beamte bzw. die Strafbarkeit solcher Übergriffe auf Mitarbeiter öffentlicher Verkehrsmittel. SPÖ, ÖVP und Team Stronach stimmten dafür.

Mit der StGB-Novelle wird ein "Staatsfeinde-Paragraf" etabliert, der die Gründung von staatsfeindlichen Bewegungen bzw. die führende Beteiligung daran sowie die Ausführung von staatsfeindlichen Handlungen unter Strafe stellt. An diesem Punkt entzündete sich die Kritik von FPÖ, ÖVP und Grünen, die eine fragwürdige Aufnahme eines Gesinnungsdelikts ins Strafrecht kritisierten. Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) stellte das in Abrede: Man habe es sich mit dieser Regelung nicht leicht gemacht.

Neuer Tatbestand der sexuellen Belästigung in der Gruppe

Strafrechtlicher Schutz vor Gewaltakten soll darüber hinaus in Zukunft auch den Mitarbeitern öffentlicher Verkehrsmittel in Ausübung ihrer Tätigkeit zukommen. Ein eigener Tatbestand ahndet diesbezügliche tätliche Angriffe mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten. Auf bis zu zwei Jahre Freiheitsstrafe verschärft wird das Strafausmaß wiederum beim Delikt des tätlichen Angriffs auf Beamte.

Neu im Sexualstrafrecht ist der Tatbestand der sexuellen Belästigung in einer Gruppe, mit dem man dem als "Antanzen" bezeichneten Phänomen der verabredeten sexuellen Übergriffe gegen Frauen bei Massenveranstaltungen entgegenwirken will. Zu einer Entschärfung kommt es hingegen beim sogenannten Sexting. So soll das Versenden und der Besitz von erotischen Selfies unter Jugendlichen nicht mehr unter den Tatbestand der Kinderpornografie fallen.

Die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung wird mit der Novelle als notwehrfähiges Rechtsgut anerkannt. Notwehr ist somit auch zur Abwehr sexueller Gewalt zulässig.

(APA)

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