Kurz will Brenner-Grenze "schützen"

Symbolbild: Brenner
Symbolbild: Brenner (c) Reuters
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Das Verteidigungsministerium erwartet "sehr zeitnah" Grenzkontrollen zu Italien aufgrund steigender Flüchtlingszahlen. Außenminister Kurz begrüßt die Vorbereitungsarbeiten. Italiens Regierungspartei fordert ein EU-Verfahren gegen Österreich.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Dienstag klar gestellt, dass Österreich im Fall eines entsprechenden Flüchtlingszustroms die Brenner-Grenze "schützen" will. Handlungsbedarf sieht er seitens der EU und Italiens. Ziel müsse die Schließung der Mittelmeer-Route sein, bekräftigt der ÖVP-Obmann neuerlich. Dass nun Vorbereitungen für Grenz-Kontrollen zu Italien vorgenommen würden, sei nicht nur richtig sondern auch notwendig, zeigte sich Kurz über die "gute Zusammenarbeit" zwischen Innen- und Verteidigungsministerium erfreut. Es sei auch ehrlich, jetzt Italien und der EU ganz klar zu sagen: "Wir bereiten uns vor und wir werden unsere Brenner-Grenze schützen, wenn es notwendig ist."

Der Hintergrund: Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hatte am Montag gemeint, er erwarte "sehr zeitnah", dass angesichts wieder steigender Flüchtlingszahlen Grenzkontrollen zu Italien aktiviert werden und ein Assistenzeinsatz des Bundesheers angefordert wird.

Wie die "Presse" berichtete, sind für den Einsatz zur Grenzsicherung sind jetzt insgesamt 750 Soldaten verfügbar. 450 sollen vom Jägerbataillon und der Militärpolizei vom Militärkommando Tirol gestellt werden, der Rest vom Militärkommando Kärnten. Im Falle einer Alarmierung soll die Truppe binnen drei Tagen voll einsatzfähig sein. Bereits am Sonntag hatte das Verteidigungsministerium erstes schweres Gerät nach Tirol verlegen lassen, darunter auch vier Pandur-Radpanzer zum Absperren von Straßen im Grenzgebiet auf dem Brenner.

Platter befürwortet Vorbereitungen am Brenner

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) begrüßte am Dienstag die Vorbereitungsarbeiten. "Ich befürworte es, dass sich auch das Verteidigungsministerium vorbereitet und eine Einsatzbereitschaft herstellt", sagte Platter. Derzeit fänden bereits "intensive Schleierfahndungen" im grenznahen Bereich statt.

Es benötige "eindeutige Signale in Richtung Italien und der Flüchtlinge, dass es am Brenner kein Durchkommen gibt", so Tirols Landeschef: "Wenn es die Lage erfordert, lege ich Wert darauf, dass nicht Rücksicht auf die Bestimmungen der Europäischen Union genommen wird, sondern im Eigeninteresse des Landes Tirol kein Durchkommen für illegale Migranten am Brenner besteht". Die einzige Maßnahme, um den Flüchtlingsstrom zu stoppen, sei freilich die Schließung der Mittelmeerroute.

Südtirol sieht Verbindung zu Wahlkampf

Kritik kommt allerdings aus Italien: Die in Rom regierende Demokratische Partei (PD) um Ex-Premier Matteo Renzi kritisiert die vom Verteidigungsministerium eingeleiteten Vorbereitungen und fordert die Einleitung eines EU-Verfahrens gegen Österreich. "Die EU-Kommission soll sich sofort melden", verlangte auf Facebook die für EU-Fragen verantwortliche PD-Abgeordnete Marina Berlinghieri.

"Österreich hat noch keinen einzigen Flüchtling im Rahmen des Relocation-Programms aufgenommen, genau wie Polen, Ungarn und die Tschechische Republik, gegen die bereits ein EU-Verfahren läuft. Das Land verletzt jegliche europäische Solidaritätsregel und schließt seine Grenzen", so Berlinghieri.

Franz Kompatscher, Bürgermeister der Südtiroler Grenzgemeinde Brenner, meinte, es gebe keinen Flüchtlingsnotstand. "Es gibt durchaus wenige Flüchtlinge. Wir haben in der Vergangenheit viel schwierigere Zeiten erlebt. Jetzt ist die Lage ruhig. Es ist nicht einfach die Grenze durchqueren. Die Migranten wissen, dass es auf beiden Seiten des Brenners strenge Kontrollen gibt", so Kompatscher laut der italienischen Nachrichtenagentur AdnKronos. Seiner Ansicht nach seien die Pläne zu Grenzkontrollen mit dem Wahlkampf in Österreich in Verbindung zu bringen.

(APA)

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