U-Ausschuss: Gegengeschäfte unter Beschuss

Der frühere Wirtschaftsminister Martin Bartenstein gilt als Verfechter der Eurofighter-Gegengeschäfte.
Der frühere Wirtschaftsminister Martin Bartenstein gilt als Verfechter der Eurofighter-Gegengeschäfte. (c) APA/HELMUT FOHRINGER
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Laut internen EADS-Dokumenten verteuerten die Gegengeschäfte den Ankauf der Eurofighter. Das lässt auch Ex-Minister Martin Bartenstein an der Sinnhaftigkeit zweifeln.

Wien. Waren die Eurofighter-Gegengeschäfte ein Riesengeschäft für die heimische Wirtschaft, wie die Befürworter meinen – oder organisierter Betrug, wie der (Noch-)Grüne Peter Pilz behauptet? Zum Start des Themas Gegengeschäfte im Untersuchungsausschuss tauchte jedenfalls ein Dokument auf, das die Sinnhaftigkeit der Vereinbarung infrage stellt: In einem internen Dokument des Herstellerkonzerns EADS wird festgehalten, dass die vereinbarte Pönale als Zuschlag (contingency) im Kaufpreis enthalten sei.

Zur Erklärung: Eurofighter hat mit der Republik eine Vereinbarung getroffen, dass es für 200 Prozent des Kaufpreises – vier Milliarden Euro bzw. 3,5 Mrd. nach dem Darabos-Vergleich 2007 – Gegengeschäfte für die heimische Wirtschaft geben müsse. Die Bedingung: Diese Geschäfte müssen neu sein und aufgrund des Eurofighter-Deals zustande gekommen sein. Sollten die Gegengeschäfte nicht zustande kommen, wurde eine Pönale von fünf Prozent, also 200 Millionen Euro, vereinbart.

Wenn also die Eurofighter wegen dieser Pönale um fünf Prozent teurer wurden – wäre es da nicht sinnvoller gewesen, auf die Gegengeschäfte ganz zu verzichten? „Ich hätte jedenfalls zur Diskussion gestellt, ob das die Geschichte wert ist“, sagte der frühere Wirtschaftsminister Martin Bartenstein am Dienstag als Zeuge im Untersuchungsausschuss. Er habe dieses interne Memo, verfasst von EADS-Finanzchef Hans-Peter Ring, aber nicht gekannt und sei davon ausgegangen, dass die Gegengeschäfte zu keinen zusätzlichen Kosten für die Republik führen.

Gegengeschäft vor Geschäft

Sehr wohl ein Thema für Bartenstein war die Frage, welche Geschäfte konkret angerechnet werden können. Pilz hielt ihm das Protokoll einer Sitzung im Ministerium vor, an dem neben ihm auch Eurofighter-Chef Aloysius Rauen und der Lobbyist Erhard Steininger teilgenommen haben. Die Sitzung fand am 20. September 2002 statt, also lange vor Vertragsabschluss. Darin wurde festgehalten, dass auch Gegengeschäfte angerechnet werden, die vor Vertragsunterzeichnung umgesetzt werden. Konkret genannt wurden darin Ausrüsterverträge des Flugzeugzulieferers FACC mit Airbus sowie der Auftrag von DaimlerChrysler an Magna, den Jeep Grand Cherokee zu bauen. In Summe geht es laut Pilz um Gegengeschäfte von 800 Millionen Euro, also ein Viertel des gesamten Gegengeschäftsvolumens, das bereits bei Vertragsabschluss fixiert war.

Bartenstein verteidigte diese Praxis: Die Anerkennung sei plausibel und argumentierbar, das sei eine Art Vorleistung des Konzerns gewesen. Warum sollte EADS schon vor der Typenentscheidung eine Vorleistung erbringen? „Weil sie erwarteten, den Auftrag zu erhalten.“ Pilz: „Da stellt sich die Frage, ob diese Geschäfte getauft worden sind, und ob der damalige Wirtschaftsminister Martin der Täufer war.“ Bartensteins Konter: „Wenn Sie mir die Teilung des Mantels mit EADS vorwerfen, Stichwort heiliger Martin, dann sei's drum.“

Die vorgezogenen Gegengeschäfte waren allerdings auch intern nicht ganz unumstritten, wie ein Mail zeigt, dass die Kommunikationsberaterin Karin Keglevich, damals für die Gegengeschäftsfirma EBD tätig, an einen EADS-Mitarbeiter schrieb. Sie halte die Anrechnung von Geschäften, die nicht auf Basis des Kaufs der Eurofighter entstanden sind, „für mehr als bedenklich“, was mögliche politische Reaktionen betrifft. „Das kann nur gegen uns ausgehen“, warnte Keglevich damals. Heute will die PR-Beraterin ihr damaliges Mail gegenüber der „Presse“ nicht kommentieren. Das sei 13 Jahre her, sie könne sich nicht mehr daran erinnern.

Unerlaubte Provisionen?

Diese und kommende Woche werden die Gegengeschäfte weiter Thema im Untersuchungsausschuss sein. Dabei wird es um die Frage gehen, wie einzelne Geschäfte zustande gekommen sind. Konkret gibt es den Verdacht, dass Provisionen an Firmen gezahlt wurden, damit diese Geschäfte, die eigentlich nichts mit Eurofighter zu tun hatten, beim Wirtschaftsministerium als Gegengeschäfte einreichen. Am Freitag werden dazu Vertreter des Feuerwehr-Zulieferers Rosenbauer aussagen.

Das Wirtschaftsministerium hat bisher übrigens Gegengeschäfte von 3,3 Mrd. Euro – also fast die ganze geforderte Summe – offiziell anerkannt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2017)

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