Die pinke Partei bildet eine „Allianz“ mit Ex-Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss. Das Ziel für die Nationalratswahl am 15. Oktober: Die Neos wollen zweistellig werden.
Wien. Für diesen Anlass band sich der Neos-Chef sogar eine Krawatte um: In einer Art Blitzlichtgewitter konnte Matthias Strolz am Donnerstag bekannt geben, worüber schon lange spekuliert worden war: Die frühere Höchstrichterin und unabhängige Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss tritt bei der Nationalratswahl am 15. Oktober für die Neos an. Wobei: Ganz so stimmt das eigentlich nicht. Denn für Irmgard Griss adaptiert die pinke Partei sogar ihren Namen.
Konkret soll die Kooperation mit der Juristin in der Bezeichnung der Liste verankert werden. Wie diese dann genau heißen soll, wird beim heutigen erweiterten Neos-Vorstand besprochen und bei der Mitgliederversammlung am Wochenende beschlossen. „Natürlich werden ,Neos‘ und ,Griss‘ vorkommen“, sagte Strolz. Außerdem soll noch eine inhaltliche Botschaft in den neuen Namen hineingepackt werden. In welche Richtung es gehen könnte, zeigte der gestrige Termin: Zu diesem hatte man unter dem Titel „Allianz für Freiheit und Verantwortung“ geladen.
Weil es sich also nicht nur um eine Wildcard für Griss handelt – einen Listenplatz ohne Vorwahl –, sondern in den Worten Strolz' um eine „Allianz zweier Kräftefelder“, braucht es eine Zweidrittelmehrheit der Parteimitglieder. Welchen Listenplatz Griss bekommt, wird ebenfalls heute besprochen und der Mitgliederversammlung vorgeschlagen, die dann die pinke Bundesliste und die neun Landeslisten beschließt. Es wird wohl ein prominenter Platz an wählbarer Stelle werden. Wenn sie erfolgreich ist, will Griss „natürlich“ auch ins Parlament einziehen, wie sie sagte.
Gespräche mit Kurz
Dass sie sich für die Entscheidung so lange Zeit gelassen hat, begründete die frühere Höchstrichterin mit „reiflichen Überlegungen“. Es habe verschiedene Varianten gegeben und keinen Grund, früher an die Öffentlichkeit zu gehen. Griss bestätigte auch Gespräche mit dem neuen ÖVP-Chef Sebastian Kurz. Über diese sei allerdings Vertraulichkeit vereinbart worden. Interessantes Detail am Rande: Die Grazer Anwältin Cattina Maria Leitner, die den Präsidentschaftswahlkampf von Griss mit 100.000 Euro gesponsert hat, dürfte laut „Kurier“ für die Liste Kurz antreten.
Griss hat sich für die Neos entschieden, weil man inhaltlich auf einer Linie sei. Nach langen Überlegungen habe sie entschieden, „wenn ich etwas mache, dann mit den Neos“, sagte sie. „Verantwortung, Respekt, Selbstbestimmung und Eigenverantwortung, Leistungsbereitschaft und Solidarität: Da haben wir uns gefunden.“ Sie stehe für eine Politik, die Verantwortung übernehme, die „nicht populistisch“ ist, die Probleme anspreche und Lösungen vorschlage. Man teile dieselben Werte und Leidenschaften, sagte auch Strolz.
Griss auf Österreich-Tour
Wie viele Stimmen Griss den Neos bringt, bleibt abzuwarten. Der Parteichef legt die Latte hoch. Sein Ziel für den 15. Oktober ist ein zweistelliges Ergebnis. Griss hatte bei der Präsidentschaftswahl voriges Jahr 18,9 Prozent der Stimmen gemacht. Die Neos hatten es 2013 mit fünf Prozent in den Nationalrat geschafft. „Wir wachsen“, sagte Strolz. „Es gibt immer Luft nach oben“, sagte Griss. Sie will sich in den Wahlkampf jedenfalls „voll einbringen“. Geplant ist unter anderem eine gemeinsame Österreich-Tour.
Dass sie nicht mit einer eigenen Liste antritt, begründete Griss übrigens damit, dass es beim Nationalrat wichtig sei, dass sich Gleichgesinnte zusammentun. „Es geht nicht um einen Egotrip, sondern darum zu versuchen, noch einen Beitrag zu leisten.“ Sie sage „noch“, weil ihr ihr Alter bewusst sei, meinte Griss, die zwei Tage vor der Wahl ihren 71. Geburtstag feiern wird.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2017)