Eurofighter-Ausstieg mit Fragezeichen

Airchief Karl Gruber (links) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil verkünden das Ende der Eurofighter.
Airchief Karl Gruber (links) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil verkünden das Ende der Eurofighter.(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil rechnet mit Einsparungen von bis zu zwei Milliarden Euro. Die Pläne für eine Nachfolgelösung können aber erst von der nächsten Regierung umgesetzt werden.

Wien. Fast genau zehn Jahre ist es her, dass der erste Eurofighter in Österreich gelandet ist. Nun verkündete Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (wie von der „Presse“ angekündigt) das Ende für den immer schon umstrittenen Flieger. Und wieder einmal, wie 2002 und 2006, werden die Eurofighter eine Hauptrolle im Wahlkampf spielen – auch wenn der Minister am Freitag betonte, dass er das Thema aus der Wahlauseinandersetzung heraushalten wolle. Warum der Eurofighter ausgedient hat und was stattdessen kommt:

1 Was plant Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil nun genau?

Doskozil will den Einsatz der Eurofighter beenden, steht aber zu einer aktiven Überwachung des Luftraums durch das österreichische Bundesheer. Diese Aufgabe könne auch nicht an andere Armeen ausgegliedert werden. Der Minister geht sogar einen Schritt weiter: Im Gegensatz zum jetzigen Status müsse die Luftraumüberwachung lückenlos – also auch in der Nacht – funktionieren können, und es müsse Selbstschutzsysteme für die Piloten geben. Bis zum Jahr 2020 sollen neue Flugzeuge angeschafft werden, danach wird es einen Übergangszeitraum von drei Jahren geben, bis die Eurofighter ausgemustert sind. Gekauft werden die neuen Flieger in einem Government-to-Government-Prozess – also von einer anderen Regierung, um sich so die langwierige Ausschreibung zu sparen.

2 Was war ausschlaggebend für den Eurofighter-Ausstieg?

Seit Februar hat eine Sonderkommission im Verteidigungsressort Szenarien für die Zukunft der Luftraumüberwachung untersucht. Der Grund: Die explodierenden Betriebskosten bei den Eurofightern, die schon hundert Millionen Euro im Jahr ausmachen, und die notwendige Nachbeschaffung bei den Saab 105, die spätestens 2020 ersetzt werden müssen. Die Kommission ist zur Erkenntnis gekommen, dass es am sinnvollsten wäre, nicht mehr zwei Typen im Einsatz zu haben, sondern nur noch Überschallflugzeuge. Als Empfehlung an den Minister gab es zwei Varianten: Entweder die Eurofighter militärisch aufzurüsten und noch drei zweisitzige Trainingsflugzeuge dazuzukaufen, um keine Ausbildungskapazitäten bei anderen Armeen zukaufen zu müssen, oder aber auf einen anderen Flugzeugtyp umzusteigen und dort ebenfalls fünfzehn einsitzige und drei zweisitzige Modelle anzuschaffen.

Für den Minister hat die Kostenaufstellung den Ausschlag gegeben: Über einen Lebenszyklus von 30 Jahren machen die Betriebskosten zwei Drittel der Gesamtkosten aus. Und damit käme die Neuanschaffung auf lange Sicht um bis zu zwei Milliarden Euro günstiger als der Weiterbetrieb der Eurofighter, der fünf Milliarden Euro kosten würde.

Wesentlichen Einfluss hat da der Vertrag, den der frühere Verteidigungsminister Norbert Darabos 2007 mit Eurofighter abgeschlossen hat: Der Verzicht auf Tranche II hat nicht nur die Betriebskosten und Ersatzteile nochmals verteuert, er würde in nächster Zeit auch eine Nachrüstung mit derzeit noch nicht absehbaren Kosten erforderlich machen.

3 Was passiert mit den Eurofightern?

Das ist noch offen. Doskozil will die Gerichtsverfahren abwarten, die er im Februar eingeleitet hat. Deren Ziel ist ja die Rückabwicklung des Eurofighter-Kaufs, wobei eine endgültige Entscheidung erst in vielen Jahren zu erwarten ist. Möglich ist auch ein Verkauf der Flugzeuge, wobei da der Markt aber begrenzt ist. Ein Land, das die Eurofighter noch nicht hat, ist als Käufer praktisch ausgeschlossen, da in einen derartigen Deal der Hersteller selbst, die Nato und die USA eingebunden werden müssten. Blieben also nur die Nato-Staaten Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien als mögliche Käufer übrig. Aber auch diese Länder haben wenig Interesse an einem Tranche-I-Flugzeug, das erst mühsam aufgerüstet werden müsste. Interessant wären die österreichischen Flieger bestenfalls als Ersatzteillager, wobei der Preis aber meilenweit von den einst gezahlten 1,7 Milliarden Euro entfernt wäre.

4 Welche Flugzeuge werden statt der Eurofighter angeschafft?

Das ist noch offen, sowohl Doskozil als auch Luftwaffenchef Karl Gruber ließen sich am Freitag nicht in die Karten blicken. Aufgrund der Kriterien – gefordert ist ein Überschallflugzeug mit geringeren Betriebskosten als die Eurofighter – kommen aber eigentlich nur zwei Modelle infrage: die Saab Gripen, die von der schwedischen Luftwaffe besorgt werden müssten, und die amerikanischen F-16, die von vielen Nationen geflogen werden. Frei verfügbar dürften aber nur amerikanische Flugzeuge sein. Andere Modelle wie der amerikanische F-18 haben wie der Eurofighter zwei Triebwerke und damit entsprechend hohe Betriebskosten. Möglich, aber eher unwahrscheinlich, ist der Ankauf der russischen MIG.

5 Ist damit der Eurofighter endgültig Geschichte?

So weit ist es noch lang nicht. Doskozil wird nun das Vergabeverfahren für die Flieger einleiten. Bis zur Nationalratswahl am 15. Oktober kann da aber noch nicht viel passieren, Verträge werden bis dahin ganz sicher noch keine abgeschlossen. Nicht einmal einen Ministerratsbeschluss wird es geben, der ganze Vorgang läuft in der Ministerverantwortung von Doskozil ab. Das heißt: Wer immer nach der Wahl Verteidigungsminister wird, ist nicht an diese Vorgaben gebunden – und kann auch eine ganz andere Entscheidung treffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2017)

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