Kanzler Kern will zur Verwaltungsreform eine Volksbefragung abhalten. Die schwarzen Landeschefs orten "reinen Populismus", konkrete Vorschläge lägen längst auf dem Tisch.
Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) hat am Montag den Vorschlag von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), eine Volksbefragung zur Bundesstaatsreform abzuhalten, abgetan: "Ist das die Sommerlochdebatte 2017? Ich halte davon gar nichts, Politikerinnen und Politiker sind gewählt, um zu entscheiden anstatt herumzulavieren", meinte er. Und: "Wenn Bund und Länder wollen, dann wird man eine gescheite Verwaltungsreform zusammenbekommen." Außerdem verwies er auf die gemeinsame Erklärung der Landeshauptleute mit der Regierungsspitze vom 4. Oktober 2016. Damals hatte man sich auf eine "Bund-Länder-Arbeitsgruppe" geeinigt, um Reformen voranzutreiben.
Ähnlich klang am Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP). Sein Sprecher nannte Kerns Vorstoß zu einer Volksbefragung "reinen Populismus". Es gebe bereits eine Reihe von Vorschlägen, auch aus Salzburg. Die SPÖ, die seit Jahren den Bundeskanzler stelle, hätte eine Verwaltungsreform und Deregulierung in den vergangenen Jahren daher schon längst umsetzen können. Auch Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) verwies auf die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, wo die verschiedensten Vorschläge eingebracht und diskutiert würden. "Mir ist es ein Anliegen, ein schlüssiges Gesamtpaket auszuarbeiten, mit dem wir unser Land im Sinne eines effektiven, starken und neuen Föderalismus modernisieren und entbürokratisieren", so Mikl-Leitner. "Alles, was den Standort besser und schneller macht und die Verwaltung vereinfacht, ist zu begrüßen."
Stelzer: "Überschriften bringen uns nicht weiter"
Als notwendig erachteten die Landeshauptmänner von Oberösterreich und Kärnten, Thomas Stelzer (ÖVP) und Peter Kaiser (SPÖ), eine Verwaltungsreform. Kaiser betonte darüber hinaus, dass er auch eine Volksbefragung befürworte, um dem Ansinnen "zusätzliche Verbindlichkeit" zu verleihen. Allerdings stellte er infrage, ob reiner Stellenabbau in der Verwaltung zu Einsparungszwecken sinnvoll sei. Besser seien Umschichtungen in Bereiche, in denen mehr Personal benötigt wird. Skeptischer freilich Stelzer: "Eine Volksbefragung, die hauptsächlich aus Überschriften besteht, wird uns nicht weiterbringen."
Das Büro von Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) verwies auf Anfrage die Arbeitsgruppe zum Thema Bundesstaatsreform, sein steirischer Amts- und Parteikollege Michael Schickhofer plädierte einmal mehr für seine Idee eines Generallandtages für alle neun Bundesländer. Außerdem, fügte er hinzu: "Dieses Klein-Klein haben wir eh schon jahrzehntelang."
Pinke Kritik an Wahlkampfparolen
Mehrere Anläufe zur Verwaltungsreform
"Die Forderung nach einer Volksbefragung zur Verwaltungsreform ist wohl dem beginnenden Wahlkampf geschuldet", kommentierte indes der stellvertretende Neos-Klubobmann Niki Scherak die Ankündigung von Kern. Immerhin lägen Konzepte zur Reform "schon lange auf dem Tisch – und SPÖ und ÖVP hatten lange genug eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, um diese entsprechend umzusetzen". Die Bundesstaatsreform gilt in der heimischen Politik wohl als "ewiges Thema". In den vergangenen zwei Jahrzehnten gab es etliche Anläufe, von durchschlagendem Erfolg gekrönt waren sie selten. Nun zieht Kanzler Kern mit der Forderung nach einer Volksbefragung in den Wahlkampf. Er wolle damit den Druck für eine Bundesstaats- und Verwaltungsreform erhöhen.
Vorschläge, wie das Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern effizienter gestaltet werden könnte, gibt es sowohl von Politik als auch Experten, wobei sich die Vorstellungen, was von einer solchen Strukturreform umfasst ist, teils deutlich unterscheiden. So gab es bereits 2003 den sogenannten "Österreich-Konvent". Auch der frühere Rechnungshof-Präsident Josef Moser schrieb sich das Thema auf die Fahnen. Er hinterließ 2016 in einem Positionspapier 1007 Empfehlungen.
Wo Kern selbst ansetzen will, ist nur vage bekannt. Anhaltspunkte finden sich in seinem im Jänner 2017 vorgestellten Plan A. Darin geht es etwa um parallele Gesetzgebungszuständigkeiten von Bund und Ländern oder um EU-Vorschriften, die in jedem Bundesland einzeln umgesetzt werden müssen. Gefordert wird im Plan A auch eine Bündelung des gesamten Bildungssektors (vom Kindergarten bis zur Uni) in einem Ministerium sowie ein neues mehrheitsförderndes Wahlrecht. Zuletzt stand das Thema Bundesstaatsreform im Frühjahr bei einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf der Tagesordnung. Konkret ging es etwa um Vereinheitlichungen im Wirtschaftsrecht und schnellere Verfahren bei Anlagengenehmigungen und Bauordnungen. Im Regierungsprogramm wurde das mögliche Einsparungspotenzial einer effizienteren Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern mit einer Milliarde Euro beziffert.
(APA/Red.)