Pflegeregress: Schelling sieht "schweren Fehler" der SPÖ

Symbolbild
SymbolbildAPA/BARBARA GINDL
  • Drucken

Die Finanzminister kritisiert die flotte Abschaffung des Pflegeregresses ohne detaillierte Zahlen etwa über Folgekosten. Es wäre notwendig gewesen, mit den Ländern zu reden.

Scharfe Kritik an der sehr flott durchgezogenen Abschaffung des Pflegeregresses kommt nun von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Er sieht einen "schweren Fehler" von Sozialminister Alois Stöger und Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), diese Maßnahme ohne detaillierte Zahlen etwa über Folgekosten umgesetzt zu haben, sagte er im ORF Radio Vorarlberg. Dass Stöger die Abschaffung über eine Verfassungsbestimmung durchziehe, halte er "für ein starkes Stück".

Freilich hat Schellings ÖVP selbst das Aus für den Pflegeregress begrüßt und geschlossen im Nationalrat dafür gestimmt. Den Finanzminister ficht dies in seiner Kritik nicht an. Seiner Ansicht nach habe es sich um "Wahlkampftaktik" gehandelt. Es wäre notwendig gewesen, mit den Ländern zu reden. Zudem werde nun der Kostendämpfungspfad nicht einzuhalten sein, da auch Folgekosten entstünden, etwa ein höherer Bedarf an Pflegeheimen. Was es bräuchte, wäre ein Gesamtkonzept für die Zukunft. Dieses hätte man jetzt ausarbeiten können.

Die Regress-Abschaffung war tatsächlich ein zuletzt vor allem von der SPÖ forciertes Projekt. Die ÖVP drängte lange auf eine Gegenfinanzierung, musste sich dann aber mit kleineren Maßnahmen wie dem Foto auf der E-Card zur Betrugsbekämpfung zufrieden geben. Den Ländern wurde per Verfassungsgesetz zugesichert, den Einnahmenentfall aus der Regress-Abschaffung mit mindestens 100 Millionen Euro pro Jahr zu kompensieren.

FPÖ, Grüne und SPÖ-Pensionisten über Schelling empört

Empört reagierten am Donnerstag FPÖ, Grüne und SPÖ-Pensionisten auf die Kritik von Schelling an der Art der Pflegeregress-Abschaffung.

Seitens der Freiheitlichen meinte der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer, die Aussagen Schellings ließen tief blicken, weil sie implizierten, dass die ÖVP ohne Wahlkampf der Abschaffung "dieser unsäglichen und ungerechten Regelung" wohl nicht zugestimmt hätte. In Österreich werde für vieles Geld ausgegeben, aber am Rücken der Schwächsten zu sparen sei eines Sozialstaates nicht würdig. SPÖ-Pensionistenchef Karl Blecha interpretierte Schellings Aussage als Ablehnung der Abschaffung an sich und sieht einen Vorgeschmack auf ein "Sozialkürzungsprogramm", das die ÖVP unter ihrem neuen Chef Sebastian Kurz anstrebe.

Die grüne Sozialsprecherin Judith Schwentner zeigte sich unterdessen inhaltlich auf Schelling-Linie: "Es war höchst unverantwortlich von SPÖ und ÖVP den Pflegeregress ohne jegliche Gegenfinanzierung abzuschaffen." Doch eine Gegenfinanzierung über eine Erbschaftssteuer, wie sie SPÖ und Grüne gewollt hätten, sei an der ÖVP gescheitert. Dass Schelling sich nun überhaupt aus der Verantwortung stehle, sei "atemberaubend".

Zustimmung erntete Schelling von den Neos: Es sei in der Tat unverantwortlich, die Pflege für wahltaktische Spielchen zu missbrauchen und ohne irgendein Konzept der Gegenfinanzierung ein Finanzloch für künftige Generationen aufzureißen, befand Sozialsprecher Gerald Loacker. Die von SPÖ und ÖVP präsentierten Vorschläge der Gegenfinanzierung bezeichnet er als zynisch: "Fotos auf der E-Card werden letztlich mehr Kosten verursachen, als sie Einsparung bewirken."

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ)
Innenpolitik

Stöger stößt sich an schwarzem "Zickzack"-Kurs bei Pflege

Die ÖVP solle sich klar zum Aus des Pflegeregresses bekennen, fordert der Sozialminister. Zuvor hatte Finanzminister Schelling Stöger einen "schweren Fehler" vorgeworfen.
Symbolbild
Innenpolitik

Höhere Pflegekosten? "Da wird einiges miteinander vermengt"

ÖVP-Sozialsprecher Wöginger kritisiert die Berechnungen des Fiskalrates. Auch das rote Sozialministerium findet sie zu schwammig.
Symbolbild: Bett mit Infusion für zu pflegende Person
Innenpolitik

Pflege könnte bis zu 685 Millionen Euro mehr kosten als geplant

Im Jahr 2021 könnten die Ausgaben um bis zu 685 Millionen Euro höher sein als budgetiert, warnt der Fiskalrat. Im besten Fall liegt man nur acht Millionen über Plan.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.