SPÖ und ÖVP gehen auf Distanz zur FPÖ. Eine Koalition ist aber kaum vom Tisch.
Jetzt ist schon wieder was passiert: Ein Freiheitlicher, diesfalls war es Mandatar Johannes Hübner, fiel durch antisemitische Töne auf. Er nannte den Vater der österreichischen Verfassung, Hans Kelsen, in einer Rede „Hans Kohn“. Kohn gilt als einer der am meisten verbreiteten jüdischen Familiennamen.
Vorfälle dieser Art sind es, die FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache eigentlich vermeiden will, um sich staatstragend zeigen zu können. Hübner zum Rücktritt bewegen will die FPÖ aber auch nicht. SPÖ und ÖVP sollten in ihren eigenen Reihen für Ordnung sorgen, statt mit dem Finger auf Hübner zu zeigen, „dessen Aussagen weder objektiv noch subjektiv Antisemitismus gutheißen“, erklärte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky am Samstag.
Zuvor hatten Vertreter von SPÖ und ÖVP betont, mit so einer FPÖ nicht koalieren zu wollen. Eine Koalition der ÖVP mit der FPÖ, in der Hübner eine Funktion innehat, sei für sie „absolut nicht vorstellbar“, hatte ÖVP-Generalsekretärin Elisabeth Köstinger dem „Standard“ erklärt. SPÖ-Vizeparteichef Hans Peter Doskozil richtete der FPÖ via „Kronen Zeitung“ aus, dass die Freiheitlichen aus der Affäre Hübner Konsequenzen ziehen müssten – und sie sonst kein möglicher Partner seien. Kanzler Christian Kern kritisiert im Gespräch mit der „Presse am Sonntag“ Hübner scharf.
Zu glauben, dass damit die Koalitionsvarianten Schwarz-Blau oder auch Rot-Blau vom Tisch seien, wäre aber naiv. Viel anderes, als mit diesen Koalitionsvarianten zu liebäugeln, dürften SPÖ und ÖVP nach der Wahl nicht übrig bleiben, wollen sie die große Koalition nicht fortsetzen.
Wie im Jahr 2000? Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen – ein erklärter Gegner einer FPÖ-Regierungsbeteiligung – kritisierte Hübner deutlich. Ob die Hofburg einer Regierung mit der FPÖ wirklich den Sanktus verweigern würde, scheint aber nicht ganz klar. Vielleicht endet alles wie im Jahr 2000: Bestimmte FPÖ-Vertreter werden abgelehnt, aber der Bundespräsident gelobt eine Regierung mit der FPÖ an, nachdem deren Chef eine Erklärung über Grundwerte unterschrieben hat. Und sei es mit einer ernsten Miene wie weiland bei Thomas Klestil.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.07.2017)