„Systembruch“ mit Rechnungshof

Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker ist Vorschlägen nicht abgeneigt.
Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker ist Vorschlägen nicht abgeneigt. (c) APA/HERBERT PFARRHOFER
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Soll der Rechnungshof in die Gesetzwerdung eingebunden werden? FPÖ-Vizeparteichef Norbert Hofer schlägt das vor. Und geht auf Distanz zu Parteikollegen Johannes Hübner.

Wien. Die FPÖ will im Fall einer Regierungsbeteiligung den Rechnungshof stärker in die Gesetzwerdung einbinden. „Der Rechnungshof soll künftig auf Basis seiner Prüfberichte und Empfehlungen Gesetzesvorschläge entwickeln, die dann als Vorlagen im Parlament behandelt werden“, schlägt der Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer (FPÖ) vor.

Derzeit sei es parlamentarische Praxis, dass vor allem Vorlagen der Regierung beschlossen werden. Dazu kämen Initiativanträge von den Parlamentsparteien. „Der Rechnungshof zeigt im Moment viele Schwächen und Verbesserungsvorschläge auf. Dann wird applaudiert, und es passiert wenig. Wenn auch der Rechnungshof Gesetzesvorschläge erarbeitet, dann ändert sich vieles. Das wäre ein echter Systembruch“, so Hofer.

Eine solche Systemänderung würde etliche Milliarden Euro an Einsparungen bringen und könnte Spielraum für eine „echte Steuerreform“ bringen, meint Norbert Hofer. Der Rechnungshof soll dazu mit mehr personellen Ressourcen – Legisten und Volkswirtschafter – ausgestattet werden.

Und was meint Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker dazu? Sie möchte alle Vorschläge, die dazu führen, dass die Empfehlungen des Rechnungshofes stärker umgesetzt werden, nach der Nationalratwahl diskutieren, erklärte ihr Sprecher am Sonntag. Konkret wolle sie auf die Vorschläge Norbert Hofers nicht eingehen. Generell begrüße sie aber alle Anregungen, die die Wirksamkeit des Rechnungshofs steigern könnten.

Mehr direkte Demokratie

Abgesehen vom Vorschlag der Einbindung des Rechnungshofs in die Gesetzwerdung ist der wichtigste Punkt der FPÖ für den Fall einer Koalitionsbeteiligung laut Norbert Hofer das Stärken der direktdemokratischen Instrumente nach dem Vorbild der Schweiz. Geht es nach den Freiheitlichen, sollen die Österreicher künftig öfter zu Volksabstimmungen gerufen werden.

Hofer begrüßt daher auch den jüngsten Vorschlag von Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern für eine Volksabstimmung über eine Verwaltungsreform. „Ich bin absolut dafür, dass man hier die Menschen einbindet. Wir brauchen bei diesen wesentlichen Fragen einen breiten Schulterschluss. Den soll es auch mit denen geben, die betroffen sind, und das sind die Bürger.“ Hofer kann sich solche Abstimmungen auch zur Frage der Zwangsmitgliedschaft bei den Kammern oder den Zwangsgebühren im ORF vorstellen.

Zuletzt ist eine Regierungsbeteiligung der FPÖ allerdings wieder in weitere Ferne gerückt – wegen der Aussagen ihres Nationalratsabgeordneten Johannes Hübner, der sich bei einer Rede antisemitischer Codes bediente. „Dafür darf es in der Politik in Österreich generell keinen Platz geben“, sagt Norbert Hofer dazu. „Wir haben eine besondere Geschichte, aus der erwächst eine besondere Verantwortung. Wer mich kennt, weiß, dass ich beim Thema Antisemitismus keinen Spaß verstehe und sehr sensibel bin. Deshalb schaue ich mir das sehr genau an und bin da sehr hellhörig.“

Man habe ihm aber berichtet, dass Hübner die Vorwürfe bestreitet. „Ich gehe davon aus, dass das den Tatsachen entspricht.“ Die „größte Gefahr für das Wiederaufflammen von Judenhass in Österreich“ sieht Hofer ohnehin vielmehr durch Zuwanderung aus Ländern, in denen Antisemitismus auch in Taten gelebt werde.

Dass damit eine rot-blaue Koalition vom Tisch sei, glaubt der freiheitliche Vize-Parteiobmann nicht: „Letztendlich wird sich nach der Wahl vieles anders präsentieren. Ich gehe davon aus, dass einer der beiden Spitzenkandidaten, Kurz oder Kern, nach der Wahl nicht mehr im Amt sein wird.“

Allerdings sende die SPÖ derzeit unterschiedliche Signale aus. „Einerseits gibt man sich einen Kriterienkatalog, um gewisse Probleme zu neutralisieren, andererseits hat man nicht den Mut, den Parteitagsbeschluss gegen eine Koalition mit der FPÖ zu ändern, und dann geht auch noch die Frau des Kanzlers in ein Komitee gegen die FPÖ. Das ist einigermaßen schräg.

Hofer: Doskozil liegt richtig

Eine wichtige Rolle werde im Wahlkampf der FPÖ die Zuwanderungs- und Integrationspolitik spielen. Im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise in Italien sprach sich Hofer für stärkere Kontrollen im Mittelmeer und sichere Zonen in Afrika aus. „Österreich muss vorbereitet sein, als Notfallmaßnahmen auch die Brennergrenze zu kontrollieren. Ich finde, was Verteidigungsminister (Hans Peter) Doskozil gemacht hat, richtig. Dass er von Kanzler Kern zurückbeordert wurde, war ein grober Fehler und fahrlässig.“

Transferleistungen wie Mindestsicherung oder Kindergeld sollen erst zur Verfügung stehen, wenn man einige Jahre in Österreich aufhältig gewesen ist. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.07.2017)

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