Dirty-Campaigning-Affäre: SPÖ und ÖVP gestatten Strafverfolgung

SPÖ-Chef Kern und ÖVP-Obmann Kurz
SPÖ-Chef Kern und ÖVP-Obmann KurzAPA/GEORG HOCHMUTH
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Dass gegen den Sprecher von ÖVP-Chef Kurz nicht ermittelt wird, ist für die SPÖ "mysteriös". Sie wirft ihm vor, Geld für Informationen über den roten Wahlkampf geboten zu haben.

In der Dirty-Campaigning-Affäre um manipulierte Facebook-Seiten des abgelaufenen Wahlkampfs haben die Parteichefs von SPÖ und ÖVP, Christian Kern und Sebastian Kurz, grünes Licht für Strafverfahren gegeben. Das bestätigte die Staatsanwaltschaft Wien am Freitag. Noch im Wahlkampf hatten beide Politiker bekanntlich die Betreiber der umstrittenen Facebook-Gruppen angezeigt. Mittlerweile wurden diese - Peter Puller, der Partner des früheren SPÖ-Beraters Tal Silberstein, sowie ein früherer niederösterreichischer ÖVP-Funktionär - ausgeforscht.

Nötig war die Freigabe der betroffenen Politiker deshalb, weil die infrage kommenden Delikte ("Üble Nachrede" und Beleidigung) "Ermächtigungsdelikte" sind, gegen die die Justiz nur mit Erlaubnis des jeweiligen Opfers vorgehen kann. Für die Betreiber der insgesamt drei Seiten ("Die Wahrheit über Sebastian Kurz", "Wir für Sebastian Kurz" und "Die Wahrheit über Christian Kern") gilt die Unschuldsvermutung.

Keine Ermittlungen gegen Kurz-Sprecher

Nicht ermittelt wird gegen jenen Sprecher von Außenminister Kurz, dem die Sozialdemokraten unterstellen, Puller für Informationen über den roten Wahlkampf 100.000 Euro geboten zu haben. Puller hatte nämlich behauptet, dass ihm Fleischmann bei einem Treffen im Sommer Geld für einen "Seitenwechsel" geboten habe. Der Sprecher wies das in einem "Gedächtnisprotokoll" zurück und gab an, Puller hätte geleugnet, für die SPÖ tätig zu sein, woraufhin man über mögliche PR-Aufträge gesprochen habe.

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wird der Causa aber offenbar nicht nachgehen: Der SPÖ wurde nämlich schriftlich mitgeteilt, dass kein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde. Dem Justizministerium hat die WKStA trotzdem bereits einen Vorhabensbericht übermittelt - was darauf schließen lässt, dass die Behörde keinen "Anfangsverdacht" für ein Ermittlungsverfahren sieht. Außerdem wurde der "Weisungsrat" des Ministeriums mit der Causa befasst.

Matznetter nennt Vorgehen der Justiz "mysteriös"

Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter ist das Vorgehen der Justiz "mysteriös", weil der Weisungsrat schon vor Einleitung von Ermittlungen befasst werde. In einer parlamentarischen Anfrage an Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) will die SPÖ nun wissen, welche Ermittlungsschritte die WKStA in der Causa durchführen durfte, ob es diesbezügliche schriftliche oder telefonische Kontakte mit dem Ministerium gab und warum ein Verfahren gegen einen engen Kurz-Mitarbeiter behindert werde. Immerhin stehe der Pressesprecher im öffentlichen Dienst und könne nicht ohne weiteres PR-Aufträge anbieten.

Strafrechts-Sektionschef Christian Pilnacek wollte die Angelegenheit am Freitag nicht inhaltlich kommentieren, weil die betroffenen Personen vom Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft noch nicht informiert worden seien. Grundsätzlich betonte er aber, dass ein derartiger Vorhabensbericht auch bedeuten könnte, dass die Staatsanwaltschaft keinen strafrechtlichen Tatbestand erfüllt sieht und daher kein Ermittlungsverfahren einleitet.

Außerdem betonte Pilnacek, dass der von der SPÖ ins Treffen geführte Vorwurf der Betriebsspionage ("Auskundschaftung eines Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisses") ein "Privatanklagedelikt" sei, das die Staatsanwaltschaft nicht von sich aus verfolgen könne. Hier müsste die SPÖ also selbst tätig werden. Sehr wohl von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden könnte dagegen der Vorwurf der "Bestechung von Bediensteten" (§309 StGB). Diese Bestimmung stellt allerdings explizit auf Bedienstete von Unternehmen ab und nicht auf Mitarbeiter politischer Parteien.

(APA/Red.)

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