Elsner geißelt "Lügengebäude" Flöttls und zieht vor Gericht

Helmut Elsner will neuen Prozess (Bild: Elsner bei einem Interview im Dezember 2015 im Archiv der "Presse") , Anneliese Rohrer, Josef Urschitz
Helmut Elsner will neuen Prozess (Bild: Elsner bei einem Interview im Dezember 2015 im Archiv der "Presse") , Anneliese Rohrer, Josef UrschitzChristine Pichler
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Neuen Zündstoff bekommt der von Helmut Elsner eingebrachte Antrag auf Wiederaufnahme des Bawag-Verfahrens. Der 82-jährige Ex-Bawag-Boss legt sowohl mit dem Thema "Paradise Papers" als auch mit Aussagen von Sektionschef Christian Pilnacek nach.

"Dr. Flöttls Lügengebäude fällt in sich zusammen und damit das hiermit verbleibende Urteil erster Instanz betreffend Untreue, welches sich weitgehend auf die tatsächlich und nunmehr nachweislich unrichtigen Angaben von Dr. Flöttl stützt." Dies und mehr schreibt der im Bawag-Verfahren rechtskräftig zur Höchststrafe von zehn Jahren Haft verurteilte frühere Bawag-Generaldirektor Helmut Elsner (82) in einem neuen Schriftsatz, der der "Presse" vorliegt.

Dieses Papier hat Elsner via Anwalt Andreas Stranzinger an das Oberlandesgericht Wien geschickt. Dort liegt bereits ein Antrag auf Wiederaufnahme des Bawag-Verfahrens zur Prüfung - ein Antrag, der nun neue Munition erhält. 

Zum einen führt Elsner die Enthüllungen der Paradise Papers ins Treffen, also die Auswertung jener geleakten Datensätze, die die Flucht diverser teils prominenter Personen und Firmen in Steueroasen aufzeigt. Demnach hatte auch der mit dem Spekulieren/Veranlagen des Bawag-Geldes (mehr als eine Milliarde Euro) betraute Investmentbanker Wolfgang Flöttl mehrere Briefkastenfirmen, deren Sitz die Karibik-Insel Aruba war. Dies ist an sich nichts Verbotenes, allerdings hatte Flöttl im Bawag-Verfahren immer wieder von einem Totalverlust des Bawag-Geldes gesprochen.

Die Frage ist nun, ob das Oberlandesgericht Wien diese Flöttl-Offshore-Firmen aus den 1990-er-Jahren für relevant hält, ob die Staatsanwaltschaft Wien diese Firmen im Nachhinein prüft. Gibt es eine Verbindung zwischen dem zur Veranlagung überlassenen Bawag-Geld und diesen Firmen? Landete das Geld dort? Elsner schreibt nun: "Es ist davon auszugehen, dass diese Gesellschaften im Jahre 1998 massiv werthaltig waren, andernfalls hätte Dr. Flöttl diese Geschäfte der Bawag nicht verschwiegen (...)." 

Flöttls Anwalt Herbert Eichenseder hatte - wie berichtet - gleich nach Auftauchen der Paradise Papers abgewunken. Diese hätten mit dem Bawag-Geld nichts zu tun. Und seien ja auch längst aufgelöst. Zur Erinnerung: Flöttl wurde im Bawag-Verfahren freigesprochen. Er lebt derzeit in New York.

Unerwartete Schützenhilfe aus dem Justizressort

Das zweite Element, das Elsner nun ins Treffen führt: Der Chef der Strafrechts-Sektion im Justizministerium, Christian Pilnacek, hatte auf "Profil"-Anfrage erklärt: "Rückblickend gesehen wurde die ganze Geschichte falsch verfolgt, das ist nicht gerade erfreulich."

Damit ist offenbar gemeint, dass die Staatsanwaltschaft im Bawag-Verfahren das Delikt "Untreue" als Hauptanklagepunkt in Stellung gebracht hatte. Demnach urteilte das Gericht, dass Elsner seine Befugnis über das Bawag-Geld zu verfügen wissentlich missbraucht habe. Wo das Geld hinkam, musste angesichts dieser Anklage nicht erforscht werden, da es nur auf den Schadenseintritt ankam. 

Hätte der Staatsanwalt damals Betrug angeklagt, hätte man auch den Begünstigten ausforschen müssen. So wäre die Justiz gezwungen gewesen, der Spur des Geldes mitunter auch bis in die Karibik zu folgen.

Allerdings ist es auch eine Legende, dass das Gericht in der Frage "Wo ist das Geld?" keinen Finger gerührt habe. Sehr wohl war der damalige Sachverständige Fritz Kleiner angehalten, zumindest stichprobenartig bestimmten Spekulationsgeschäften nachzugehen. Und dabei flogen keine Veranlagungen auf, die Flöttl zum Verhängnis wurden. Eine genaue Prüfung der einzelnen Flöttl-Spekulationen gab es aber bis heute nicht. 

Ob nun das Oberlandesgericht (OLG) die Weichen in Richtung Wiederaufnahme des Bawag-Verfahrens stellt, bleibt abzuwarten. Dazu muss man wissen: Eigentlich ist das OLG deshalb am Zug, da die untergeordnete Instanz, das Straflandesgericht Wien, eine Wiederaufnahme schon vor Monaten abgelehnt hatte - und Elsner gegen diesen Beschluss eine Beschwerde an das OLG herangetragen hatte.

Die Abfuhr durch das Landesgericht kam aber zu einem Zeitpunkt, als weder das Thema "Paradise Papers" noch die Pilnacek-Äußerungen vorlagen. Insofern ist nun auch anzunehmen, dass über die möglichen neuen Verdachtsmomente wiederum zuerst das Landesgericht entscheidet. 

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