Ein digitaler Pass – vielleicht auch für Südtiroler

Nun geht es um Details: ÖVP-Chef Sebastian Kurz trifft am heutigen Freitag erneut FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache.
Nun geht es um Details: ÖVP-Chef Sebastian Kurz trifft am heutigen Freitag erneut FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Die Verhandlungen von ÖVP und FPÖ gehen in die „heiße Phase“: Heute müssen die Fachgruppen ihre Berichte abgeben. Einig ist man sich bei der Digitalisierung. Thema sind auch Doppelstaatsbürgerschaften für Südtiroler.

Wien. Es gibt einige Themen, bei denen sich Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache noch nicht einig sind. Beim Rauchen zum Beispiel. „Ich gehe ins Raucherkammerl, er in den Nichtraucherbereich“, sagt FPÖ-Chef Strache. Und ÖVP-Obmann Kurz, schon etwas ernster gemeint: „Wir haben hier noch keine gemeinsame Linie gefunden.“ Ob man das totale Rauchverbot zurücknehmen will oder nicht, ist also noch offen.

Und auch ein weiterer, heikler Punkt soll in den Gesprächen bald Thema sein: mögliche Doppelstaatsbürgerschaften (nur) für Südtiroler. Der dortige Landtag nutzte bereits die Koalitionsverhandlungen, um in einem Schreiben an Kurz und Strache diesen alten Wunsch neu anzubringen.

Der Chef der Südtiroler Volkspartei (SVP), Philipp Achammer, sprach bei einem Treffen in Wien mit Kurz auch darüber. Dieser habe ihm erklärt, dass das Anliegen „Thema bei den Koalitionsverhandlungen“ sei. Allerdings, betont Achammer im Gespräch mit der „Presse“: „Es ist sicher ein langer Weg bis dorthin.“ Auch was die praktische Umsetzung betreffe, seien „wesentliche Punkte offen“.

„Ein emotionales Anliegen“

Zu klären sei, welche Begünstigungen Südtiroler erhalten würden, und wem man genau die Möglichkeit eines Zweitpasses gebe: entweder nur jenen Menschen, die sich in Südtirol als Zugehörige der deutschsprachigen Gruppe erklären, oder auch jenen der italienischen Sprachgruppe bzw. der Ladiner. „Es ist für uns jedenfalls ein emotionales Anliegen, allerdings immer auch mit Hinblick auf einen europäischen Geist – das unterscheidet uns von anderen Gruppen, die diese Forderung aufstellen“, sagt der SVP-Chef. Auch Südtirols Landeshauptmann, Arno Kompatscher (SVP), hatte im „Mittagsjournal“ die Forderung an Wien gerichtet. Unterstützung gab es dafür vom Tiroler Landeshauptmann, Günther Platter, immerhin aus der ÖVP. Im zuständigen Innenministerium wollte man sich allerdings zu dieser Frage nicht äußern, da das Thema Teil der Verhandlungen sei.

Es sollte allerdings nicht allzu lange dauern, bis es in den Gesprächen konkret wird. Nicht nur auf dieses Thema bezogen, sondern ganz allgemein: Denn jetzt, wie es Strache am Donnerstag formulierte, „geht es ans Eingemachte“. Oder, in Kurz' Worten: „Jetzt beginnt eine neue Phase.“

Open-End-Verhandlungen

Was die beiden meinen: Bis heute Abend läuft die Deadline für die sogenannten Fachgruppen: Die Verhandler in den verschiedensten Teilbereichen sollen ihre Ergebnisse liefern. Die Steuerungsgruppe (also die Chefverhandler rund um Strache und Kurz) will die Berichte dann sichten – und zwar open end.

Eine Einigung in einem der Teilbereiche gab es allerdings schon am Donnerstag – und zwar bei der Digitalisierung: Geplant ist unter anderem ein eigenes Bürger- und Unternehmerkonto „oesterreich.gv.at“, um Amtswege online erledigen zu können. Gleich zu Beginn sollen die zehn wichtigsten Behördenwege digitalisiert werden. Außerdem soll es eine „digitale Identität“ für Österreicher geben. Allerdings, wie Strache betont: „freiwillig und mit einem kostenlosen Austrittsrecht“. Wer will, soll aber Personalausweis und Führerschein am Handy virtuell vorweisen können.

Die beiden Parteien konnten sich außerdem auf die Schaffung der sogenannten digitalen Betriebsstätten einigen: Damit sollen Unternehmen im Steuerrecht erfasst (und zur Kasse gebeten) werden, die online in Österreich Gewinne erzielen, aber keine physische Betriebsstätte im Land haben. So soll ein Steuerschlupfloch geschlossen werden, was vor allem Unternehmen wie Google oder Facebook treffen soll. Sie können derzeit ihre Gewinne in anderen Staaten versteuern.

Steuern für Google und Co.

Die beiden Parteien wollen auf EU-Ebene für dieses Modell eintreten. Für Gespräche auf dieser Ebene „geben wir uns ein halbes Jahr Zeit“, meint Kurz. Ansonsten will man die Maßnahmen im Alleingang angehen, oder mit einzelnen anderen Staaten zusammenarbeiten. Und zwar, „damit Betriebe auch hier Steuern bezahlen müssen, sonst kommt es zu einer ungerechten Verzerrung“. Berechnungen, wie viel Geld die Maßnahme bringen würde, wollten die Verhandler nicht kommunizieren.

Und: Der Ausbau des 5G-Netzes soll bis 2021 gestartet und dann auf ganz Österreich ausgeweitet werden. Aber auch hier gilt: Wie viel das kostet, müsse noch im Detail besprochen werden. „Investitionen in diesem Bereich sind aber notwendig“, meinte Kurz.

Wie lange die Verhandlungen noch dauern, wollten die beiden übrigens nicht abschätzen. Angepeilt wird ein Abschluss noch vor Weihnachten, auch wenn Strache in diesem Punkt eher auf der Bremse steht. Eines sei für ihn aber klar: „Wir beide wollen es besser machen als Deutschland.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2017)

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