Wiener Grüne: Vassilakous politischer Ziehsohn kandidiert

Peter Kraus will die Wiener Grünen in die nächste Wien-Wahl führen.
Peter Kraus will die Wiener Grünen in die nächste Wien-Wahl führen.(c) Gilbert Novy/KURIER/picturedesk.com
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Peter Kraus hat am Sonntag den Kampf um die Nachfolge von Maria Vassilakou eröffnet. Klubchef David Ellensohn dürfte in Kürze ein Statement abgeben. Landessprecher Joachim Kovacs gab seinen Rückzug aus der Politik bekannt.

Wien. Die Erklärung war für Dienstag angekündigt, wurde aber plötzlich auf Sonntag vorgezogen: Peter Kraus, Wiener Gemeinderat und politischer Ziehsohn von Maria Vassilakou, hat das Rennen um die Nachfolge der grünen Vizebürgermeisterin offiziell eröffnet. Und das einen Tag, bevor die Bewerbungsfrist für die grüne Spitzenkandidatur für die Wien-Wahl 2020 offiziell begonnen hat. „Ich kandidiere, weil Wien meine große Liebe ist“, schrieb Kraus in seinem Blog. „Wir waren lang genug in Schockstarre. Der Vormarsch der Rechtskonservativen ist kein Naturgesetz. Sie sind schlagbar. Aber wir können nicht mehr warten. Denn es gibt niemanden, der es für uns richten wird. Wir sind die, auf die wir gewartet haben.“

Kraus ist der Erste, der in den Ring um die Nachfolge von Maria Vassilakou steigt. Denn mit seiner Kandidatur gilt es als fix, dass sich die grüne Frontfrau nicht mehr um die Spitzenkandidatur bewerben wird (die Frist läuft noch bis 4. September). Schließlich ist es ein offenes Geheimnis in der Partei: Kraus unternimmt keinen Schritt, ohne diesen mit seiner politischen Förderin engstens abzustimmen.

Kraus geht für den sogenannten Realo-Flügel rund um Vassilakou und Christoph Chorherr ins Rennen. Einen Flügel, der die bisherige Politik der grünen Regierungspartei fortschreiben will. Dazu gehört auch, im Sinn des Koalitionsfriedens unangenehme Kompromisse mit dem roten Regierungspartner unter Bürgermeister Michael Ludwig mitzutragen – was parteiintern immer wieder für Turbulenzen sorgt, vor allem beim linken Parteiflügel.

Bevor nun auch David Ellensohn (für den linken Flügel) seine Kandidatur bekannt geben wird, stellt sich die Frage: Wer ist Peter Kraus, der bald an der Spitze der Wiener Grünen, also der wichtigsten Landespartei von Bundessprecher Werner Kogler, stehen könnte? Der 31-jährige Volkswirt ist seit 2015 Gemeinderat und auch Sprecher der Grünen Andersrum Wien. Davor war er jahrelang Bürochef von Maria Vassilakou und gilt als ihr engster Vertrauter. In der Partei heißt es, dass er seit zehn Jahren ausnahmslos jede Entscheidung seiner Ex-Chefin bedingungslos verteidigt. Mit Kraus würde der politische Weg von Maria Vassilakou also (inhaltlich) fortgeführt werden.

Kandidiert grüne Bundesrätin?

Öffentlich aufgefallen ist Kraus bisher wenig. Polarisierende Aussagen sind nicht überliefert, bisher hat er es vermieden, sich öffentlich deutlich zu positionieren – die Bühne dafür hat er immer seiner Förderin Maria Vassilakou überlassen. In der Partei wird er als umgänglich beschrieben, von einigen als (zu) „nett und brav“. Jedenfalls gilt er nicht als Revoluzzer und nicht als politisches Schwergewicht – selbst wenn Bundesparteichef Werner Kogler ihn beim grünen Zukunftskongress namentlich als große Zukunftshoffnung gelobt hat.

Apropos: Tirols Landeshauptmannstellvertreterin, die grüne Ex-Bundessprecherin Ingrid Felipe, wünschte sich am Sonntag, dass Kogler Bundessprecher der Grünen bleibt und dafür im November kandidiert.

Eher dem linken Ellensohn-Flügel zuzurechnen ist Grünen-Landessprecher Joachim Kovacs, der am Sonntag seinen Rückzug aus der Politik angekündigt hat. Auf Facebook kündigte Kovacs am Sonntag an, sich nicht für den ersten Listenplatz zu bewerben. "Glücklich, wer mit den Verhältnissen zu brechen versteht, ehe sie ihn gebrochen haben", so Kovacs in seinem Beitrag, in dem er den Ausschluss der Grünen Jugendorganisation sowie die Reaktion der Partei auf die Niederlage bei der Nationalratswahl im Oktober des Vorjahres kritisierte. "Der Glaube an einen ehrlichen Neuanfang ist bei mir nicht angekommen. Und weiterwurschtln wie bisher ist für mich keine Option. Ich habe daher für mich entschieden, dass hier meine grüne Reise endet", so Kovacs.

Nebenbei mehren sich die Hinweise, dass die grüne Bundesrätin Ewa Dziedzic (neben Kraus und Ellensohn) als dritte Kandidatin ins Rennen um die Vassilakou-Nachfolge geht. Dziedzic ist seit 2014 Sprecherin der Grünen Frauen Wien. Sie habe entsprechende Ambitionen, ist in der Partei zu hören. Was ihre Chancen erhöhen könnte: Für die Vassilakou-Nachfolge zeichnen sich derzeit nur Männer ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2018)

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