Sexismus-Clearingstelle im Parlament: SPÖ ortet hohe Kosten - bei null Fällen

Die Presse
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Die von Wolfgang Sobotka angeregten Anti-Sexismus-Kurse für Mandatare stoßen auf Empörung bei der SPÖ: Sie seien eine "Verhöhnung" des Parlaments. Die Leiterin der Stelle, Christine Bauer-Jelinek, hört auf.

Um die Clearingstelle gegen sexuellen Belästigung und Machtmissbrauch im Parlament ist ein Streit entbrannt. Die Einrichtung nahm Anfang März ihre Arbeit auf und dient in Fällen von Sexismus oder Machtmissbrauch als Anlaufstelle für parlamentarische Mitarbeiter. Die SPÖ nahm bei ihrer Klubtagung Arbeit und Kosten der Clearingstelle ins Visier. Die Parlamentsdirektion wies die Vorwürfe zurück.

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder kritisierte bei der Herbsttagung seines Klubs kolportierte Anti-Sexismus-Kurse für Mandatare. Wenn Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) glaube, es brauche Sexismus-Kurse für Abgeordnete, dann sei das eine "Verhöhnung des Parlaments". Ein verqueres Frauenbild gebe es nämlich vor allem in den rechten Parteien. Dort liege das Problem, so Schieder in Anspielung auf das Ausscheiden von Efgani Dönmez aus dem ÖVP-Parlamentsklub. Dönmez hatte via Twitter einen sexistischen Tweet abgesetzt und sitzt nun als wilder Abgeordneter im Nationalrat.

Null Meldungen, aber tausende Euro Kosten

SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek übte zudem Kritik an der Leiterin der Clearing-Stelle, Christine Bauer-Jelinek, und an den bisherigen Kosten der von Ex-Nationalratspräsidentin und ÖVP-Ministerin Elisabeth Köstinger initiierten Einrichtung. Bauer-Jelinek habe sexistische Belästigungen bei einem TV-Auftritt verharmlost, so Heinisch-Hoseks Vorwurf. Das gehe gar nicht.

Von Sobotka forderte die rote Frauenchefin eine Aussprache mit allen Frauensprecherinnen, wie es mit der Clearing-Stelle nun weitergehen soll. Heinisch-Hosek stellt die Einrichtung infrage. Laut einer Anfragebeantwortung lägen die Kosten für das Konzept bei 57.000 Euro und die bisherigen Ausgaben für den laufenden Betrieb bei 11.000 Euro. Dem stünden null Meldungen bei der Einrichtung gegenüber, meinte Heinisch-Hosek.

Bauer-Jelinek hört auf

In der Parlamentsdirektion wies man die Kritik der SPÖ zurück. Die Clearing-Stelle sei eine Anlauf- und Schnittstelle, es gebe keine eigene Infrastruktur, keine Räume, kein Personal. Kosten fielen nur dann an, wenn die Stelle in Anspruch genommen wird. Die Ausgaben für das Konzept und die erste Projektphase seien kostengünstig, so Parlamentssprecher Karl-Heinz Grundböck. Bauer-Jelinek habe Konzept und Unterlagen geliefert, sie werde aber nach Abschluss der Projektphase bei Meldungen an die Stelle nicht beratend tätig sein: "Ihre Arbeit läuft aus."

Sexismus-Kurse für Mandatare gibt es laut Parlamentsdirektion nicht. Geplant waren Schulungen für Verwaltungspersonal zum Thema Machtmissbrauch. "Schulungen für Abgeordnete zum Thema Sexismus waren und sind kein Thema. Medienberichte dazu waren weder zutreffend, noch ausreichend recherchiert", sagte Grundböck.

Nationalratspräsident Sobotka wollte Kritik am Angebot der Clearing-Stelle nicht kommentieren. "Zu Vorwürfen, die jeder Grundlage entbehren, können und möchten wir keine Stellungnahme abgeben", so der Sprecher des Nationalratspräsidenten.

(APA)

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