Doris Bures: Die frühere Schwachstelle als Hoffnung der Partei

Seit 2014 sitzt Doris Bures im Präsidium des Nationalrats, aktuell führt sie den Vorsitz im BVT-U-Ausschuss.
Seit 2014 sitzt Doris Bures im Präsidium des Nationalrats, aktuell führt sie den Vorsitz im BVT-U-Ausschuss.(c) Gruber / picturedesk.com
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Doris Bures wird von vielen Genossen gedrängt, die SPÖ zu übernehmen. Doch die Zweite Nationalratspräsidentin hat ein höheres Amt im Sinn.

Wahrscheinlich hat Christian Kern am 3.?September schon gewusst, dass er nicht mehr lange Parteichef sein wird. „Eine Frau an der Spitze der SPÖ halte ich für plausibel und notwendig“, meinte er in den „Sommergesprächen“ des ORF auf die Frage nach möglichen Nachfolgern.

Das denken andere Genossen offenbar auch. Doris Bures wird seit der Erklärung von Kern, nach der Europawahl als Parteichef abtreten zu wollen, von vielen Seiten gedrängt, die Nachfolge zu übernehmen. Dass sich die Zweite Präsidentin des Nationalrats ziert, hat mit anderen Plänen zu tun: Die 56-Jährige ist als Präsidentschaftskandidatin der SPÖ im Jahr 2022 im Gespräch. Und als Chefin einer Oppositionspartei würde sie sich zwangsläufig nicht sehr präsidentiell verhalten müssen. Das könnte ihre Chancen deutlich minimieren.

Es ist auf jeden Fall eine bemerkenswerte Karriere, die die Wienerin gemacht hat: Von der „Schwachstelle der Partei“ zur Hoffnung der SPÖ. Ihre persönliche Geschichte kommt einer sozialdemokratischen Traumkarriere gleich. Als sie sechs Jahre alt war, verließ der Vater die Familie, Doris Bures wuchs mit der alleinerziehenden Mutter und fünf Geschwistern in Wien-Liesing auf. Früh musste sie selbst für ein Einkommen sorgen, sie begann als Zahnarzt-Gehilfin.

Als der damalige SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer die Wienerin im Jahr 2000 zur zweiten Bundesgeschäftsführerin der Partei machte, kannte sie noch kaum jemand. Das änderte sich schnell, nicht im guten Sinn: Sie sei intrigant, herrschsüchtig, kontrollwütig und habe nicht zwei, sondern vier Ellbogen, sagten Parteifreunde über sie.

Mit dem Wechsel 2007 an die Spitze des Frauenministeriums wurde Doris Bures sanfter. Ihre sachpolitische Arbeit konnte sich sehen lassen. 2008 machte sie ihr Parteifreund aus Jugendtagen, der damalige Bundeskanzler Werner Faymann, zur Infrastrukturministerin. 2014 wechselte sie ins Präsidium des Nationalrats.

Über Christian Kern hatte Bures damals nichts Gutes zu sagen. In einem Radiointerview meinte sie im Dezember 2014, Kern wäre „nicht so ein guter Politiker“. Eineinhalb Jahre später war er Parteichef der SPÖ.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2018)

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