Strache über Kickl: "Froh, dass er jetzt der Bad Cop ist"

„Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak im Gespräch mi Vizekanzler Heinz-Christian Strache
„Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak im Gespräch mi Vizekanzler Heinz-Christian Strache(c) Stanislav Kogiku
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Vizekanzler Heinz-Christian Strache will die rote Vorherrschaft in Wien beenden, seinen Innenminister verteidigt er. Bei der Mindestsicherung sollen manche auch mehr als bisher bekommen, sagt er beim "Gespräch im Turm".

Wien. Hat die Regierung bisher auch Misserfolge verzeichnen müssen? „Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak versucht Vizekanzler Heinz-Christian Strache in der Interviewreihe „Gespräch im Turm“ Unkonventionelles zu entlocken – und stößt rasch an die Grenzen des Politsprechs. „Da und dort hätte man mehr möglich machen können“, gesteht Strache ein, um dann rasch bei den „Erfolgen“ zu landen.

Sozialversicherungsreform, Familienbonus, Nulldefizit zählt der FPÖ-Chef bei der Veranstaltung im Wiener Ringturm auf. „Aber das Nulldefizit ist ja der guten Wirtschaftsentwicklung zu verdanken“, wendet Nowak ein. „Ein SPÖ-Kanzler hätte auch da drei Prozent Defizit geschafft“, kontert Strache. Man merkt, da ist ein routinierter Wahlkämpfer am Werke. Strache lobt die Regierungsarbeit, sein Team und auch den Koalitionspartner. Problemminister Herbert Kickl verteidigt er vehement und ironisch. „Ich bin froh, dass er jetzt der Bad Cop ist, da hat er mir etwas abgenommen.“ Einen BVT-Skandal will er nicht sehen, der Innenminister habe alles korrekt abgewickelt.

Bundeskanzler Sebastian Kurz habe er erst bei einem Treffen nach der Wahl richtig kennen gelernt. „Sushi ohne Fisch“ habe Kurz gegessen, verrät Strache. Dass dieser seine Mitarbeiter gut behandle, sei ein positives Zeichen gewesen, man habe sich auch menschlich recht gut verstanden.

Und was plant die Regierung in nächster Zeit? Zwei Details verrät der Vizekanzler: Bei der Steuerreform, die für das Jahr 2020 geplant ist, könnte das Volumen aufgrund der guten Wirtschaftsentwicklung fünf Milliarden Euro betragen – mindestens sind es 3,5 Milliarden. Und bei der Mindestsicherung, für die demnächst ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden soll, will die Regierung stärker differenzieren: Manche sollen mehr als bisher bekommen. Das gilt vor allem für Pflegefälle und ältere Menschen – auch jene, die derzeit nicht um Mindestsicherung ansuchen, weil sie sonst Vermögen verwerten müssten. Dafür sollen jene, die „nicht ins System eingezahlt haben“ weniger bekommen. Das wird nicht nur Asylberechtigte treffen, sondern auch Inländer.

Für die anstehende Europawahl, bei der Harald Vilimsky FPÖ-Spitzenkandidat wird, hat Strache hohe Erwartungen: Man werde gegen den Macron-Merkel-Kurs auftreten. Und damit könne man durchaus auch den ersten Platz in Österreich erreichen.

Ebenfalls hohe Erwartungen gibt es für die Wien-Wahl, wo die FPÖ die Dominanz der Sozialdemokraten brechen will. Soll es erstmals einen FPÖ-Bürgermeister geben? „Da öffnet sich gerade ein Fenster“, sagt Strache. Auf die Unterstützung der Neos, die angekündigt haben einen unabhängigen Bürgermeister wählen zu wollen, setzt er dabei nicht. Wohl aber auf die Schwäche der SPÖ, ausgelöst durch die Linken in der Partei. „Jetzt habe ich eine zarte Sympathie für Michael Ludwig herausgehört“, kommentiert Nowak.

(maf)

Dieses Gespräch fand im Rahmen einer Kooperation der „Presse“ mit dem Wiener Städtischen Versicherungsverein im Wiener Ringturm statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2018)

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