Ein Ende der Grenzkontrollen?

 Katarina Barley, deutsche Justizministerin, will Grenzkontrollen zwischen Bayern und Österreich abschaffen.
Katarina Barley, deutsche Justizministerin, will Grenzkontrollen zwischen Bayern und Österreich abschaffen.(c) REUTERS (MICHELE TANTUSSI)
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Die deutsche Justizministerin, Katarina Barley, fordert das "baldige Auslaufen" der Grenzkontrollen zwischen Österreich und Deutschland.

Berlin/Wien. Die deutsche Justizministerin Katarina Barley (SPD) hat sich für ein baldiges Ende der Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze ausgesprochen. Die Verlängerung der Grenzkontrollen „geht nicht ewig“, wurde sie am Sonntag in mehreren Medien zitiert. „Wenn wir einen funktionierenden Binnenmarkt haben wollen, dann müssen wir die EU-Außengrenze schützen – und die Binnengrenzen zwischen den Mitgliedstaaten offenhalten.“

Barley, die als SPD-Spitzenkandidatin in den Europawahlkampf ziehen soll, hat in dem Zeitungsinterview „eine europäische Lösung beim Asyl, die wirklich funktioniert“, gefordert. Sie sei „nicht festgelegt auf einen Lösungsmechanismus“, es müsse aber einer gefunden werden. Es sei notwendig, das europäische Asylsystem gerechter zu machen, betonte Barley. „Es kann nicht wieder so sein, dass einige die ganze Last tragen und andere sich raushalten.“

Tauziehen um Grenzkontrollen

Mit der Forderung nach einem Ende der Grenzkontrollen zwischen Österreich und Deutschland stellt sich Barley gegen den deutsche Innenminister, Horst Seehofer (CSU). Dieser hatte zuletzt angeordnet, die seit 2015 bestehenden Kontrollen an der Grenze zu Österreich um weitere sechs Monate zu verlängern. Zur Begründung verwies Seehofer auf „die nach wie vor bestehenden Defizite beim Schutz der EU-Außengrenzen“ sowie das „immer noch zu hohe Aufkommen illegaler Sekundärmigration nach Deutschland“. Wörtlich meine der CSU-Politiker: „Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Binnengrenzkontrollen sind derzeit noch nicht gegeben.“ Immer noch würden viele Migranten von einem EU-Land ins nächste weiterziehen – der EU-Außengrenzschutz sei unzureichend.

Durch die Verlängerung laufen die Kontrollen an der Grenze zwischen Bayern und Österreich bis zum 11. Mai 2019. Deutschland kontrolliert seine Grenze zu Österreich seit Herbst 2015, nachdem sich Zehntausende Flüchtlinge und Migranten über die Balkan-Route auf den Weg nach Westeuropa gemacht haben. Wobei Österreich (vor der jetzigen Entscheidung Deutschlands zur nochmaligen Verlängerung der Grenzkontrollen) beim Grenzschutz vorgelegt hat. Konkret bestätigte die EU-Kommission bereits am 11. Oktober, man habe den Antrag Österreichs auf Verlängerung der Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien erhalten. Eine weitere Stellungnahme gab es nicht, das Stillschweigen der Kommission bedeutet in der Praxis keine Probleme bei der Verlängerung der Grenzkontrollen – erst bei einer negativen Stellungnahme müsste Österreich handeln.

Sicherheitsprobleme als Begründung

Damit wird der Status quo fortgeschrieben, obwohl es im Schengen-Raum, dem 26 europäische Länder angehören, keine stationären Personenkontrollen an den Grenzen geben dürfte. Neben Deutschland kontrollieren derzeit fünf weitere europäische Länder zumindest Teile ihrer Schengen-Grenzen: Österreich, Frankreich, Schweden, Dänemark sowie das Nicht-EU-Land Norwegen. Sie begründen das mit Sicherheitsproblemen, die aus der Flüchtlingskrise resultieren. Die Frist für derlei Kontrollen beträgt sechs Monate, kann aber (mit Begründung) verlängert werden.

Wobei Seehofer durchblicken lässt: Das Ziel ist ein effektiver Schutz der Außengrenze, um wieder zum Schengen-Raum ohne Grenzkontrollen zurück zu kehren. „Denn grenzkontrollfreies Reisen zählt zu den größten Errungenschaften der EU überhaupt“, erklärte Seehofer wörtlich. Derzeit sei es jedoch seine Pflicht als Innenminister, „alles in meiner Macht stehende zu tun, um verantwortungsvoll und angemessen auf die Herausforderungen im Bereich der Migration und Sicherheit zu reagieren“. Die Grenzkontrollen sollten an die Lage angepasst und mit Rücksicht auf den Grenzverkehr erfolgen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.10.2018)

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