BVT zieht verdeckte Ermittler ab

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in Wien-Landstraße (Archivbild)
Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung in Wien-Landstraße (Archivbild)(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Namen eingeschleuster Beamten des Verfassungsschutzes fanden sich auf Namenslisten, die den Abgeordneten für den U-Ausschuss übermittelt wurden. Weil man Enttarnung fürchtete, wurden die Beamten präventiv abgezogen.

Wien. Verdeckte Ermittler des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sollen von heiklen Projekten abgezogen worden sein. Der Grund: Ihre Namen sind in Akten des Untersuchungsausschusses gelandet. Man habe somit eine Gefahr gesehen, dass die Beamten enttarnt würden, weil ihre Namen an die Öffentlichkeit gelangen könnten. Um sie zu schützen, habe man entschieden, sie präventiv abzuziehen. Das soll der stellvertretende BVT-Direktor Dominik Fasching im Zuge einer nicht-medienöffentlichen Befragung erklärt haben.

Fasching muss jedenfalls wissen, wo Ermittler eingeschleust wurden und auch, ob jemand abgezogen wurde: Er war für Quellenführung verantwortlich, bis er stellvertretender Direktor wurde. Jetzt hat er die Oberaufsicht.

Informationen der „Presse“ zufolge finden sich die Namen dieser verdeckten Ermittler auf einer Personalnachbesetzungsliste, die mit nachgelieferten Akten im U-Ausschuss landete. Die Abgeordneten hatten Auskunft darüber verlangt, wo und an wen dieses Jahr Planposten im Innenministerium vergeben wurden. Das Innenministerium bestätigt auf Anfrage, dass die Namen von zwei verdeckten Ermittlern in zwei verschiedenen Akten genannt wurden. Diese zwei Ermittler seien deshalb aus Sicherheitsgründen abgezogen worden.

Enttarnte Mitarbeiter

Bereits im Frühjahr gab es Wirbel um eine Namenslisten von BVT-Mitarbeitern – auch damals wurde vermutet, dass sich die Namen von V-Männern darauf finden ließen. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) dementierte das damals: Es seien „keine Namen verdeckter Ermittler, sondern bloß die Führungsebene der Abteilung Verdeckte Ermittlungen“ angeführt worden.

Heikel ist die Übermittlung dieser Liste dennoch. Sie enthält etliche Namen von BVT-Mitarbeitern, die kein Interesse daran haben, dass ihre Identität einem breiteren Publikum oder auch Politikern bekannt wird. Die Beamte können ihren Job nur gut ausüben, wenn sie anonym und im Verborgenen bleiben. Das gilt vor allem für die Zusammenarbeit mit anderen, ausländischen Diensten. Daher finden sich die Ermittlernamen nicht im Amtskalender.

Dass die fallführende Staatsanwältin Ursula Schmudermayer diese Liste überhaupt in den Strafakt aufgenommen hatte, wurde damals heftig kritisiert. Sie rechtfertigte sich damit, dass eine Zeugin diese Liste vorgelegt habe. Das Organigramm mit Namen landete später auch im U-Ausschuss, wurde aber mittlerweile retourniert. Diskussionen um Namen von verdeckten Ermittlern gab es auch in den vergangenen Sitzungen des Untersuchungsausschusses. Grund dafür war eine Anfrage, die Generalsekretär Peter Goldgruber an BVT-Direktor Peter Gridling gestellt haben soll.

Das Begehren des Generalsekretärs

Goldgruber soll wenige Tage nach der niederösterreichischen Landtagswahl Auskunft darüber begehrt haben, ob verdeckte Ermittler in Burschenschaften tätig sind. Gridling sagte darüber hinaus im Untersuchungsausschuss aus, dass Goldgruber Namen von verdeckten Ermittlern verlangt habe. Die Information habe man dem Generalsekretär aber verweigert.

Goldgruber bestreitet das. Er sagt, er hätte diese Information zur Vorbereitung für den Nationalen Sicherheitsrat begehrt. Vertreter von SPÖ, ÖVP, Liste Pilz und Neos bestreiten, dass Personen Thema im Sicherheitsrat gewesen seien. Um das zu klären, wird nun eine Gegenüberstellung von Gridling und Goldgruber im U-Ausschuss angedacht.

Manche vermuten hinter Goldgrubers Anfrage ein anderes Motiv. Diese kam nämlich zwei Tage nach dem für die FPÖ unerfreulichen Ausgang der niederösterreichischen Landtagswahl. Zur Erinnerung: Kurz vor der Wahl berichtete der „Falter“, dass in der Burschenschaft von FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer ein Nationalsozialismus-verherrlichendes Liederbuch gefunden wurde. Landbauer bestritt, davon gewusst zu haben, trat dann aber zurück. Die Ermittlungen wurden eingestellt.

In der FPÖ glauben einige, dass dieses Liederbuch als ÖVP-geführte politische Intrige aus dem BVT an die Öffentlichkeit gespült wurde. Derartiges stellt auch einer der Hauptbelastungszeugen in der BVT-Causa in den Raum.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.11.2018)

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