Kurz will Sicherungshaft für Asylwerber: "Brauchen keine Skepsis"

Die Neos sind verhandlungsbereit, lehnen aber eine Präventivhaft ab.
Die Neos sind verhandlungsbereit, lehnen aber eine Präventivhaft ab.Die Presse
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Die Regierung will einen Entwurf vorlegen und wendet sich gegen die Bedenken des Bundespräsidenten. Man brauche "keine Arbeitsgruppen oder weitere Diskussionen“.

Wien. Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte die Pläne einer Sicherungshaft für gefährliche Asylwerber mit Skepsis betrachtet und von einem „rechtlich extrem heiklen“ Vorschlag gesprochen. Bundeskanzler Sebastian Kurz wendet sich nun direkt gegen das Staatsoberhaupt. „Wir brauchen keine Skepsis“, heißt es in einer Aussendung des Kanzleramts.

Auch der Vorschlag der SPÖ nach Einrichtung einer Arbeitsgruppe wird abgelehnt. Die Koalition benötigt die Zustimmung der SPÖ oder der Neos, wenn sie eine Sicherungshaft per Verfassungsgesetz einführen will. Die Neos sind verhandlungsbereit, lehnen aber eine Präventivhaft ab, die SPÖ hat eine „Task Force“ zum Mord an dem Sozialamtsleiter in Dornbirn gefordert. Diese solle von einem unabhängigen Richter geleitet werden, die Behördenvorgänge in dem Fall überprüfen, alle Rechtsfragen aufarbeiten und Maßnahmenvorschläge erarbeiten. Der Fall Dornbirn müsse genauestens durchleuchtet werden, bevor weitreichende neue Verfassungsbestimmungen diskutiert werden, so die SPÖ.

Dagegen wendet sich nun der Bundeskanzler. „Wir brauchen keine Arbeitsgruppen oder weitere Diskussionen“, sagte Kurz. Es sei die Aufgabe der Politik, die rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um Gewalttaten zu verhindern. „Die Pläne der Bundesregierung sind klar, nämlich die Möglichkeit einer Sicherungshaft zu schaffen.“ Diese solle in einem ordentlichen rechtsstaatlichen Rahmen mit richterlicher Kontrolle und auch nur bei konkreten Verdachtsmomenten sowie klar definierten Straftatbeständen erfolgen.

Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), Staatssekretärin Karoline Edtstadler und Justizminister Josef Moser (beide ÖVP) sollen nun einen Gesetzesvorschlag ausarbeiten. Allerdings hat auch Moser vergangene Woche den Vorschlag einer Sicherungshaft als „äußerst sensibel“ bezeichnet. In der Europäischen Menschenrechtskonvention gebe es Gründe, nach denen man eine präventive Haft durchführen kann, aber nur wenn der konkrete Verdacht besteht, dass eine Straftat ausgeführt werden soll. Ein Asylantrag allein reiche jedenfalls nicht.

Strache: Möglichkeiten des EU-Rechts nützen

Wie Kurz ging auch Vizekanzler Heinz-Christian Stracher (FPÖ) am Samstag davon aus, dass alle Interesse daran haben müssten, im Interesse der Sicherheit eine Verfassungsmehrheit zu ermöglichen: "Unser primärer Auftrag ist es, die österreichische Bevölkerung zu schützen, wenn Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gegeben ist. Denn Freiheit ist ohne Sicherheit nicht vorstellbar." Das EU-Recht gebe "uns Möglichkeiten, die andere Staaten bereits anwenden". Diese gelte es zu nützen.

Jedenfalls notwendig sein wird dafür eine Verfassungsänderung und damit die Zustimmung von SPÖ oder Neos, wobei sich beide Parteien im Vorfeld skeptisch zu dem Unterfangen geäußert haben; Gleiches gilt für die Liste Jetzt.

Doskozil gibt sich gesprächsbereit

Zumindest der burgenländische SPÖ-Chef Hans-Peter Doskozil zeigt sich gesprächsbereit. In der Ö1-Reihe "Im Journal zu Gast" meint der baldige Landeshauptmann, wenn ein Psychologe bei einer Person eine Gefahr sehe, dass jederzeit eine strafrechtliche Handlung möglich sei, sei klar, dass dringender Handlungsbedarf gegeben sei.

Grundsätzlich verhandlungsbereit hatten sich davor auch die Neos gezeigt. Eine generelle Präventivhaft lehnte Parteichefin Beate Meinl-Reisinger in der "ZiB2" jedoch ab.

>>> Bericht im Ö1-"Mittagsjournal"

>>> Meinl-Reisinger in der "ZiB2"

(APA/Red.)

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