Wer laut ÖVP die Pflege in Zukunft zahlen soll

Die Presse
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Sebastian Kurz stellte in groben Zügen seine Ideen für eine Pflegereform vor. Der ÖVP-Chef fordert eine Pflegeversicherung. Mehrbelastungen der Arbeitgeber soll es nicht geben - eine Senkung der AUVA-Beiträge aber auch nicht.

Als die ÖVP noch in der Regierung saß, und Sebastian Kurz im Bundeskanzleramt, einigte man sich mit dem Koalitionspartner: Bis Jahresende sollte eine große Pflegereform stehen. Hauptverantwortlich dafür war die damalige Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ). Wie schwierig diese Einigung geworden wäre, zeigen nun die Reformpläne der ÖVP. Die Partei stellte ihr eigenes Pflegekonzept für die Zukunft vor. Schon am Wochenende kommunizierte die ÖVP einige Details - und war dabei auf breite Ablehnung gestoßen. Auch vonseiten der FPÖ.

Denn wenn es nach der ÖVP geht, soll die Pflege nicht mehr Teil des Sozialbereichs sein, sondern in den Gesundheitsbereich wandern. Demnach soll es auch eine Pflegeversicherung geben. Sie würde also nach dem Prinzip der Kranken-, Pensions-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung funktionieren. Der Arbeitgeber müsste damit eine Abgabe dafür zahlen, der Rest der benötigten Mittel solle aus dem allgemeinen Steuertopf kommen.

Kurz: „Spielraum der AUVA verwenden"

Aber, so argumentiert die ÖVP, die Unternehmen sollten nicht insgesamt mehr Abgaben zahlen. Die Rechnung der Volkspartei: Insgesamt gebe es weniger Arbeitsunfälle. Bei der zuständigen Versicherungsanstalt, der AUVA, seien also mittelfristig Gelder frei. Und die könnte man eben in den Pflegebereich investieren. „Diesen Spielraum wollen wir verwenden“, sagte ÖVP-Chef Kurz am Montag bei der Präsentation der Reformpläne. Dafür solle die AUVA in die „AUPVA“ umgewandelt werden

Ob diese Rechnung nicht nur nach dem Prinzip Hoffnung aufgeht? Immerhin hatte die Ex-Regierung der AUVA ein striktes Sparprogramm verordnet. Außerdem könnte die Anzahl der Arbeitsunfälle wieder steigen. Diese Sorge habe er nicht, sagt Kurz. Und überhaupt: „Für alle Mittel, die es braucht, gibt es eine Abgabendeckung vom Bund.“ Die (von der türkis-blauen Regierung) angedachte Senkung des Unvallversicherungsbeitrag von 1,3 auf 0,8 Prozent werde allerdings nicht mehr kommen, sagt Kurz.

Die AUVA solle in Zukunft laut ÖVP ohnehin kein eigenständiger Träger mehr sein - und gemeinsam mit der Pflege zu einer neuen Versicherungsanstalt verschmelzen.

Derzeit wird das Pflegegeld, von dem es sieben Stufen gibt, gänzlich vom Steuertopf finanziert. Auch Dienstleistungen werden je nach Pflegebedürftigkeit von der öffentlichen Hand finanziert.

Eine neue Pflegelehre, mehr Tageszentren

Abseits der Finanzierung sollen noch weitere Eckpunkte des Pflegesystems reformiert werden, wünscht sich die ÖVP: In Zukunft solle es eine zentrale Anlaufstelle - etwa pro Bezirk - für Pflegebedürftige beziehungsweise Angehörige geben. So solle es zu einer Entbürokratisierung kommen. Auch eine eigene Pflegehotline könne kommen, meinte ÖVP-Frauenchefin Juliane Bogner-Strauß am Montag. Außerdem würden großteils Frauen ihre Angehörigen beziehungsweise die Angehörigen ihrer Partner pflegen. „Diese Frauen muss man bestmöglich unterstützen“, sagte Bogner-Strauß.

Die mobile Pflege müsse ebenfalls ausgebaut werden: „Damit Frauen trotzdem Teilzeit arbeiten können und ihre Lieben dennoch gut gepflegt wissen.“ Ob man nicht auch mehr Männer dazu bringen müsse, sich um Pflegebedürftige zu kümmern? „Ja, natürlich“, meinte Bogner-Strauß. Damit sei den betroffenen Frauen im Moment aber wenig geholfen, fügte sie an. Die betroffenen Frauen, meinte Kurz, „würden uns jagen, wenn wir ihnen sagen, die Lösung wäre“, dass die Männer die Pflegetätigkeiten übernehmen.

Seniorenbund-Obfrau Ingrid Korosec forderte außerdem noch diverse andere Punkte für eine Pflegereform: Zum Beispiel einen Ausbau von Tageszentren oder flexiblere Modelle bei der 24-Stunden-Betreuung, wo Pfleger auch für zwei oder drei Personen zuständig sein könnten. Auch eine eigene Pflegelehre solle eingeführt werden.

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