Gaddafi, Saddam & Jörg Haider

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Vom Holz bis zum Tourismus: Jörg Haiders Netzwerk und internationale Kontakte in den arabischen Raum und die angeblichen Millionenzahlungen.

Wien. Saif al-Gaddafi, Sohn des libyschen Revolutionsführers Muammar al-Gaddafi, lernte Jörg Haider über seinen Sekretär Gerald Mikscha kennen. Mikscha studierte damals an der „Imadec-University“, einer Bildungsinstitution, die sich der Lehre stramm konservativer Wirtschaftsideen verpflichtet fühlt.

Mikscha, der nun eine Schlüsselrolle in der Haider-Liechtenstein-Konto-Affäre spielt, stellte Haider dem Gaddafi-Sohn vor, der der damalige FPÖ-Chef sollte später ein Freund der Gaddafis werden, der auch mehrfach in der libyschen Hauptstadt Tripolis zu Gast war.

In einem „News“-Interview sagte Saif al-Gaddafi im September 2000: „Wir sind mit der FPÖ in Kontakt, weil Jörg Haider unser Freund ist. [. . .] Sollten sich dadurch geschäftliche Beziehungen ergeben, wäre das kein Nachteil.“

Von Tourismusprojekten war damals die Rede, von Holzhandel und Benzingeschäften. „Die libysche Regierung möchte demnächst mit Kärnten in den Holzhandel einsteigen. Und Jörg Haider wird uns das Holz verkaufen“, sagt Saif al-Gaddafi zuvor im Mai 2000 der Zeitschrift „News“. „Hat Haider von Libyen Benzin bezogen?“, wollte „News“ dann im Juni 2000 wissen. Damals sagte der designierte Nachfolger von Muammar al-Gaddafi, Sohn Saif: „Warum nicht? Er ist ja ein guter Freund von uns.“ Saif al-Gaddafi weiter: „Vielleicht steigen wir auch in den Kärntner Tourismus ein, Gespräche gab es schon.“

Waren die Gaddafis zu jener Zeit, als sie Jörg Haider kennenlernten, noch Parias auf dem internationalen Parkett, änderte sich das am 19. Dezember 2003. Unter dem Eindruck des Sturzes von Saddam Hussein im Irak erklärte Muammar Gaddafi die Abkehr vom Massenvernichtungswaffen, die Annäherung an die USA und die Länder der Europäischen Union konnte beginnen.

Die „Kronen Zeitung“ mutmaßt, dass es für „Kenner“ nur eine logische Erklärung für die angeblichen Millionen-Zahlungen aus Libyen in Richtung Haider gäbe: Haider könnte demnach als Strohmann das Konto geführt haben, während das Geld eigentlich für Gaddafis Kinder bestimmt gewesen sei. Haider könnte die Gelder veranlagt haben und Anteile am Gewinn bekommen haben.

Die blaue Irak-Connenction

Im Lichte der jüngsten „profil“-Enthüllungen ist auch die Irak-Connection der damaligen Haider-FPÖ durchleuchtenswert: Jörg Haider fuhr im Jahr 2002 drei mal nach Bagdad, um dem irakischen Diktator seinen Besuch abzustatten. In Bagdad hieß es damals, dass solche Besuche vom international völlig isolierten Regime fürstlich honoriert würden.

2004 tauchten dann in Bagdad nach dem Sturz Saddam Husseins Dokumente auf, aus denen hervorging, dass die FP-nahe Irakisch-Österreichische Gesellschaft lukrative Öldeals mit dem irakischen Diktator abgeschlossen hatte.

Diese Gesellschaft – Präsident war FPÖ-Volksanwalt Ewald Stadler – verkaufte Dokumenten zufolge das Öl an die in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässige Al Hoda Co., die von Taha Jassin Ramadan, dem irakischen Vizepräsidenten, kontrolliert wurde.

Stadler kommentierte die Vorhaltungen damals schnippisch: „Ich würde mir wünschen, dass das echt wäre, dann könnte ich hoffen, dass bei mir eine Öllieferung eingeht.“ Die Wochenzeitung „Falter“ zitiert in ihrer aktuellen Ausgabe aus dem Tagebuch von Walter Meischberger, dass Haider-Sekretär Franz Koloini, die „Sache mit dem Saddam-Geld“ bestätigt habe: „Über 10 Mio. Euro wahrscheinlich 15 Mio. haben sie damals aus dem Irak heimgebracht. Denen war nichts zu blöd.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2010)

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