Karl-Heinz Grassers Abwehrschlacht

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Ex-Finanzminister Grasser verteidigt seine „weiße Weste“ im U-Ausschuss. Eine Teilanklage wegen Amtsmissbrauchs wird schwierig. Grasser ist nicht aus der Reserve zu locken.

Wien. Einer der größten Kriminalfälle der Zweiten Republik könnte wie das Hornberger Schießen enden. Denn die Justiz dürfte sich die Zähne an der Causa um den Verkauf der 58.000 Bundeswohnungen (Buwog) 2004 ausbeißen. Die Schlüsselfigur in dem Verfahren, Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, ist weder von gewieften Staatsanwälten noch von gut vorbereiteten Abgeordneten aus der Reserve zu locken.

Die Hoffnung der Justiz, dass Grasser und auch sein einst engster Vertrauter Walter Meischberger im U-Ausschuss auspacken und Stoff für eine Teilanklage gegen Grasser wegen Amtsmissbrauchs liefern, erhärtete sich am Dienstag jedenfalls nicht. Vielmehr blieb Grasser bei jener Argumentationslinie, die er seit Auffliegen der Affäre verfolgt. „Alles ist rechtlich völlig korrekt auf Basis von Ministerratsbeschlüssen, parlamentarischen Abläufen und internationalen Ausschreibungen abgelaufen“, verteidigte der Expolitiker seine „weiße Weste“. Außerdem sei der Verkauf der Buwog „ein guter Erfolg für unser Land“ gewesen. Er übernehme „selbstverständlich die volle politische Verantwortung dafür“.

Dabei wollten es die Abgeordneten aber nicht belassen. Sie wollten vielmehr endlich die beiden Kernfragen klären: Wurde bei der Auswahl der für den Privatisierungsprozess zuständigen Investmentbank im Jahr 2002 getrickst, und zwar auf Geheiß Grassers? Und gilt das auch für die Auswahl des Buwog-Käufers 2004?

„Niemandem etwas gesagt“

„Ich weiß, dass ich nie jemandem gesagt habe, dass ich Lehman will“, konterte Grasser alle Vorwürfe, er selbst hätte dafür gesorgt, dass Lehman und nicht die CA-IB den Verkaufsprozess begleitete. Auch eine Einflussnahme auf den Zuschlag für das Konsortium um die Immofinanz und die Raiffeisen Landesbank OÖ stritt Grasser vehement ab. Zur Erinnerung: Nachdem bekannt geworden war, dass die CA Immo maximal 960 Mio. Euro für die Buwog bieten würde, wurde überraschend eine zweite Bieterrunde anberaumt. Diese habe nicht er befohlen, sondern „die Experten“ um Lehman, so Grasser. Die Immofinanz siegte dann mit nur einer Million Vorsprung mit 961 Mio. Euro.

Woher die Immofinanz den heißen Tipp hatte? „Sicher nicht von mir, ich habe die Zahl von Lehman gewusst, aber weder an die Herren Meischberger und Hochegger noch an Haider (den verstorbenen Kärntner Landeshauptmann, Anm.) weitergegeben“, sagte Grasser. In diesem Zusammenhang scheute er nicht zurück, seine ehemaligen Kabinettsmitarbeiter Heinrich Traumüller und Michael Ramprecht der Unwahrheit zu bezichtigen. Deren Aussagen, der Deal wäre ein abgekartetes Spiel gewesen, bezeichnete der Ex-Minister als „unglaubliche Geschichten“, bei Ramprecht sprach er sogar offen von Lügen.

Fast abgesprochen klangen Grassers und Meischbergers nahezu deckungsgleiche Aussagen zum Informationsfluss, obwohl das Verhältnis der beiden inzwischen auf „null abgekühlt“ sei, wie Meischberger sagte. „Die Zahl ist herumgegeistert, gut 50 bis 60 Leute, die in den Verkaufsprozess eingebunden waren, wussten von den 960 Millionen – übrigens auch Haider“, meinte er. Meischberger hat mit dem PR-Mann Peter Hochegger 9,9Mio. Euro Provision für „Beraterdienste“ von der Immofinanz kassiert. Kärnten hätte bei einem Beharren auf sein Vorkaufsrecht den Deal kippen können.

Buch: Ex-Vertraute als „Täter“

Profitierte von der Provision, die Meischberger und Hochegger angeblich im Verhältnis 80 zu 20 teilten, möglicherweise auch Grasser? Auch das Fragengewitter der Abgeordneten nach liechtensteinischen Konten, die von Meischberger eingerichtet worden sind, perlte an Grasser ab: „Ich bin der falsche Adressat dafür.“

Grasser plant nun übrigens ein Buch: Darin soll er Meischberger und Hochegger als „Täter“ bezeichnen. Da verschlug es sogar Meischberger die Sprache.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2012)

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