Bundesheer-Debatte: ''Krone ist eine sehr nette Zeitung"

Sollen Asylwerber zum Zivildienst? Kurz, Berlakovich, Hundstorfer und Brigadier Frank diskutierten mit Jugendlichen über die Wehrpflicht.

Ist die Wehrpflicht bald ein Stück Geschichte? Der Schauplatz würde es –anders als die Umfragen nahe legen. Am Montagnachmittag diskutierten die Berufsheer-Befürworter Rudolf Hundstorfer (SP-Sozialminister) und Brigadier Johann Frank (Leiter des Sicherheitsbüros im Verteidigungsministerium) mit den Wehrpflicht-Verteidigern Sebastian Kurz (Integrationsstaatssekretär und JVP-Chef) sowie Niki Berlakovich (VP-Umweltminister) – im Naturhistorischen Museum. Die Debatte auf Einladung der betont überparteilichen Jugend-Umwelt-Plattform (Jump) verlief zumeist entlang der bekannten Nebenfronten von E wie Ehrenamt über K wie Katastrophenschutz bis zu Z Wie Zivildienst. Das Kernthema -  Österreichs Sicherheitspolitik und Landesverteidigung - wurde nur gestreift. Man kennt das schon.

Die zu Beginn von Jugendlichen verlesene Wunschliste reichte von einer echten Neutralitätsdebatte über mehr Berufsorientierung während Grundwehr- oder Freiwilligendienst bis zu der Öffnung des Zivildiensts (falls er überlebt) für Asylwerber und Anwärter der Staatsbürgerschaft - denen das auch einen Vorteil im Verfahren bringen soll.

Integrationsstaatssekretär Kurz hielt davon nichts. Asyl sei ein Menschenrecht. Entweder man werde in seinem Heimatland verfolgt oder nicht. Und der Präsenzdienst sei eine Staatsbürgerpflicht wie Wählen ein Recht ist, daher nichts für Anwärter.

"Wertschätzung leidet"

Auffallend war, dass bei den Proponenten des "echten" Freiwilligen Sozialen Jahres (FSJ) der Frust über die Namensverwirrung tief sitzt: Das von der SPÖ als Zivildienst-Ersatz vorgeschlagene Freiwillige Soziale Jahr ist bekanntlich mit 1386 Euro monatlich dotiert. Wer derzeit ein Freiwilliges Soziales Jahr macht, bekommt ein bisschen Taschengeld und Familienbeihilfe. 500 Österreicher nehmen das in Anspruch. „Und ihre Wertschätzung leidet“, erklärte die ehrenamtliche FSJ-Vorsitzende Judit Marte-Huainigg im Publikum. Durch das Hundstorfer-Modell käme es zu Verwechslungen.

Berlakovich sprang dankbar auf: Er fürchte um das Ehrenamt. Im Falle einer Berufsheer-Einführung werde „alles vom Staat gemacht.“ Das Anwerben von Freiwilligen über den Präsenz- und Zivildienst breche weg. Für Hundstorfer kein Argument. Das Feuerwehrwesen würde 99 Prozent seiner Freiwilligen auch nicht über den Präsenz- oder Zivildienst gewinnen.

Und dann wäre da noch der Katastrophenschutz durch Bundesheer-Rekruten. Für die ÖVP eine heilige Kuh, die Berlakovich vehement verteidigte: Ältere Menschen in einem Katastrophengebiet hätten ihn gefragt, ob er denn schon jemals einen Offizier mit der Sandschaufel in der Hand gesehen habe? Soll heißen: Die Drecksarbeit machen die Rekruten, die es durch die Einführung eines Berufsheers nicht mehr geben würde. Und die Feuerwehrleute wären dann für ein "Dankeschön" und "Gotteslohn" neben Berufsheer-Soldaten im Katastrophen-Einsatz.

Frauenanteil würde sich "vervielfachen''

Hundstorfer erwiderte, im Ernstfall brauche es schon jetzt vor allem Profis, Baugerät und Hubschrauber. Das gehe auch mit Berufsheer. Brigadier Frank nickte. Er geht übrigens davon aus, dass sich der Frauenanteil im Falle eines Berufsheers von derzeit 2 Prozent vervielfachen würde. 20.000 Frauen hätten Interesse bekundet, großteils mit hohem Bildungsstandard ("„Matura aufwärts"“). Und Soldatinnen seien auch bitter nötig, etwa für den Umgang mit notleidenden Frauen in Krisengebieten “mit "kulturellen Unterschieden“".

Dann wurde das freundliche Klima etwas unterkühlt, als aus dem Publikum die Sorge um den von mehr als "hundert Männern und Frauen verrichteten Auslands-Sozialdienst" an Hundstorfer herangetragen wurde. "Ich weiß was ich zahle", erklärte der Sozialminister. Derzeit würden nur 20 Männer Auslands-Gedenkdienst als Zivildienst ableisten. Und weiter: „"Soll ich 22.000 Menschen zur Wehrpflicht schicken, weil 20 ins Ausland gehen wollen?"“ Da müsse es andere Wege geben, wie etwa Subventionen.

'Krone': "Eine sehr nette Zeitung''

Kurz wurde es dann noch unterhaltsam, als Hundstorfer versuchte, den roten Wehrpflicht-Schwenk aus dem „"Krone"“-Eck zu holen. Die „Krone“ sei eine sehr nette Zeitung, erklärte der Sozialminister schmunzelnd. Aber mehr auch nicht. Mit dem SPÖ-Schwenk hätte das Boulevardblatt jedenfalls nicht zu tun. „Es sei der Sozialdemokratie gestattet, sich zu entwickeln“, erklärte der Minister zudem auf die Frage eines Jugendlichen, warum die SPÖ für ein Berufsheer eintrete, während sie es einst wie der „Teufel das Weihwasser“ gefürchtet habe.

Der Wunsch der Veranstalter und Jugendlichen nach einer „ganzheitlichen Diskussion“ und weniger Kostenspielen blieb letztlich ein frommer. Am Ende war es „"more of the same"“. Die Fronten zwischen SPÖ und ÖVP sind abgeklärt, die Fakten dagegen weniger. Und das wird sich wohl auch bis Sonntag nicht ändern. Zumindest aber haben sich Jugendliche Gedanken über Verteidigungspolitik gemacht und diese artikuliert. Das mag ein kleiner Verdienst der Volksbefragung sein.

(jst)

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