TV-Konfrontation zur Wahl: Ein Dreikampf zwischen Kern, Kurz und Strache um die Migration

ÖVP-Chef Sebastian Kurz, SPÖ-Kanzler Christian Kern und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache.
ÖVP-Chef Sebastian Kurz, SPÖ-Kanzler Christian Kern und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache.(c) AFP (Alex Halada)
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SPÖ-Kanzler Christian Kern, ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache trafen bei einer Debatte der "Presse" und der Bundesländerzeitungen erstmals aufeinander. Zwei von ihnen gaben sich betont ruhig und staatsmännisch. Livestream verpasst? Hier finden Sie die Aufzeichnung der Dreier-Konfrontation.

In gewisser Art und Weise gibt es bei dieser Wahl zwei Titelverteidiger – und einen stimmenstarken Herausforderer. Am Freitag trafen sie erstmals in einer öffentlichen Diskussion aufeinander: „Die Presse“ hatte gemeinsam mit den Bundesländerzeitungen ins Linzer Design Center geladen. Bundeskanzler Christian Kern, ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache debattierten zum ersten Mal eineinhalb Stunden vor laufender Kamera miteinander.

Und tatsächlich war es eher ein Mit- als ein Gegeneinander: Denn besonders angriffig fiel das Gespräch nicht aus. Warum auch: Nach dem 15. Oktober müssen aller Wahrscheinlichkeit nach zwei der drei Anwesenden gemeinsam eine Koalition bilden. Die Frage ist nur: Wer mit wem?

Es kristallisierte sich allerdings recht schnell heraus, wer es eher nicht werden möchte – zumindest nicht in dieser Konstellation: Kern und Strache. „Danke für die vielen unfreundlichen Hinweise“, sagte der Kanzler in Richtung FPÖ-Chef. Nachsatz: „Sonst hätte ich drei Tage lang erklären müssen, dass ich nicht mit Ihnen zu koalieren gedenke.“ Strache meinte darauf: „Sie gehen doch eh in Opposition.“ Antwort Kern: „Abwarten.“

Die Aufzeichnung der Dreier-Konfrontation zum Nachschauen:

Aber zurück zu den beiden Titelverteidigern: Zum einen gibt es den wahren, also Regierungschef Christian Kern. Traditionell genießen Spitzenkandidaten in seiner Position den Kanzlerbonus. Sie haben das Land schon einmal angeführt, Verantwortung übernommen. Wieso also nicht ein weiteres Mal? Zuletzt wurde Kern eher aus der Rolle gedrängt. Zu holprig begann die Kampagne seiner Partei, zu unklar war die Linie, auf die er im Wahlkampf setzen wollte.

Und das führt uns zu dem zweiten Titelverteidiger, zumindest, was die Umfragewerte betrifft: ÖVP-Chef Sebastian Kurz liegt laut aktuellen Befragungen bei 32 bis 35 Prozent – und damit deutlich vor der SPÖ. Kein Wunder also, dass sich am Freitag bei der Diskussion beide betont gelassen und staatsmännisch gaben. Direkte Angriffe gab es nicht, eher (mehr oder weniger) subtile: Zum Beispiel, als Kurz darauf anspielte, dass es nach der Wahl wohl den einen oder anderen Wechsel an der Parteispitze geben werde. Übrigens: Mit Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil habe er „bei der Migrationsfrage besser zusammengearbeitet“.

Strache: "Kurz ist jetzt ein Fan von mir"

Am meisten in die Offensive ging der Herausforderer, nämlich Strache: Lange Zeit lag seine Partei in Umfragen auf Platz eins, nun muss Strache verhindern, dass Kurz mit seinem scharfen Zuwanderungskurs den Blauen allzu viele Stimmen wegnimmt. Also bemühte er sich, die Debatte immer wieder auf Asyl und Migration zu lenken – um dann den ÖVP-Chef zu kritisieren: Seine Partei habe bei den steigenden Flüchtlingszahlen zu lang zugesehen und nichts unternommen. „Wie ein Soletti war Kurz überall dabei.“ Nach sieben Jahren Verantwortung „ist er jetzt ein Fan von mir“.

Und Kurz? Auch er kam immer wieder auf das Thema Zuwanderung zu sprechen. Beispielsweise auch beim Thema Bildung. Das System sei nicht für so viele Menschen geschaffen, die nicht Deutsch als Muttersprache hätten. „Das funktioniert nicht.“ Für Kinder mit mangelnden Sprachkenntnissen brauchte es daher eigene Vorbereitungsklassen.

Kern versuchte, Debatten über Ausländer zu vermeiden – ermahnte sogar seine beiden Kontrahenten, nicht nur darüber zu sprechen. Er konzentrierte sich lieber auf sozialdemokratische Kernthemen: soziale Gerechtigkeit, aber auch Bildung. „Bruno Kreisky hätte sicher Tablets für Schüler gekauft“, sagte er. Das blieb aber nicht die einzige persönliche Anmerkung: Als Alleinerzieher habe er früh sehr viel Verantwortung übernehmen müssen, dieses Prinzip ziehe sich durch sein ganzes Leben. Auch das war wohl auch ein (mehr oder weniger) subtiler Angriff auf seinen Kontrahenten Kurz.

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