Dirty Campaigning: Die SPÖ und die Iden des Augusts

 SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter rückt zur Verteidigung der SPÖ aus.
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christoph Matznetter rückt zur Verteidigung der SPÖ aus.(c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Die Partei will nichts von einem längerfristigen Engagement ihres Mitarbeiters für die Anti-Kurz-Kampagne wissen. Stattdessen rügt Matznetter die Medien.

Wien. Auch wenn Georg Niedermühlbichler am Samstag wegen der Dirty Campaigning-Affäre als SPÖ-Bundesgeschäftsführer zurücktreten musste, hat er noch eine wichtige Funktion inne. Er ist nach wie vor der zustellungsbevollmächtigte Vertreter der SPÖ für die Wahl, wie das Innenministerium der „Presse“ bestätigte. Dem Zustellungsbevollmächtigten kommen zentrale Aufgaben zu. Er ist etwa der einzige, der eine Wahl im Namen seiner Partei anfechten kann oder Kandidaten nachnominieren darf, wenn Mandate sonst unbesetzt bleiben würden.

>>> Schritt für Schritt durch die Dirty-Campaigning-Affäre

Die SPÖ erklärte am Mittwoch auf Nachfrage aber, dass sie nun auch in diesem Punkt handeln wolle. Die Interims-Geschäftsführerin der Partei, Andrea Brunner, solle das Amt des Zustellungsbevollmächtigten „in den nächsten Tagen übernehmen“. Für einen Austausch wäre es nötig, dass Niedermühlbichler sich von selbst aus dieser Funktion zurückzieht. Alternativ könnten aber auch die auf der SPÖ-Liste befindlichen Kandidaten Niedermühlbichler als Zustellungsbevollmächtigten absetzen. Dafür wäre es nötig, dass mehr als die Hälfte der roten Kandidaten diese Erklärung unterschreiben.

Der zweite Interims-Geschäftsführer der Partei, Christoph Matznetter, meldete am Mittwoch Zweifel an den jüngsten Enthüllungen in der Dirty Campaigning-Affäre an. Wie „Die Presse“ berichtete, war das SPÖ-Kampagnenmitglied Paul Pöchhacker auch nach der Trennung von Tal Silberstein noch an der Organisation jener Facebookseite beteiligt, die Stimmung gegen ÖVP-Chef Sebastian Kurz machten. Der am Dienstag suspendierte SPÖ-Mitarbeiter bestreitet laut Matznetter aber eine Beteiligung an der Seite nach Mitte August. Es gebe nur eine Unschärfe: So sei nicht sicher, ob das Engagement des Mitarbeiters für die Facebookseiten am 14. August, dem Tag des Silberstein-Rauswurfs, oder erst am 16. August endete.

Laut den der „Presse“ vorliegenden Dokumenten hat Paul Pöchhacker aber deutlich über Mitte August hinaus an den umstrittenen Facebookseiten mitgewirkt.

Matznetter erklärte, dass in der SPÖ keiner der Vorgesetzten des suspendierten Mitarbeiters über die von Silberstein aufgestellte Dirty Campaigning-Spezialeinheit gewusst habe. Er stelle den „Wahrheitsgehalt der reißerischen Medienberichterstattung“ deshalb infrage. Zudem meinte Matznetter, dass die ÖVP Silbersteins Dirty Campaigning-Team nach dessen Rauswurf fliegend übernommen und finanziert haben könnte. Eine „heiße Spur“ sieht Matznetter in einer Kooperation zwischen dem Silberstein-Mitarbeiter Peter Puller, der in der Vergangenheit auch für die ÖVP und die Neos tätig war, und dem Kurz-Kandidaten Efgani Dönmez, für dessen Verein „Stop Extremism“ Puller arbeitete – wie die „Presse“ berichtete. Dönmez weist derartige Vorwürfe zurück. Dass Puller für Silberstein tätig war, habe er erst im Nachhinein erfahren.

SPÖ: Steuervorteile für ÖVP-Spender

Die SPÖ griff die ÖVP am Mittwoch auch an anderer Stelle an. So schoss sich SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer auf Finanzminister Hans Jörg Schelling und KTM-Chef Stefan Pierer ein. Pierer unterstützt im Wahlkampf Sebastian Kurz als Großspender.

Laut der SPÖ hat Pierer in den Jahren 2012 und 2013 weniger als 3000 Euro Einkommensteuer pro Jahr gezahlt. So habe die Finanz die von Pierer eingereichte Steuerkonstruktion erst per Bescheid abgelehnt. Somit hätte Pierer angeblich über 500.000 Euro Einkommensteuer pro Jahr zahlen müssen. Laut SPÖ wurde aber auf „Druck von oben“ Pierer schließlich doch die Konstruktion erlaubt. Von Schelling wollen die Sozialdemokraten nun in einer Anfrage wissen, ob die Finanz solche Konstruktionen zur Steuervermeidung akzeptiert.

KTM erklärte, die von der SPÖ genannten Beträge würden sich nur auf Aufsichtsratsbezüge beziehen. Die deutlich höheren Vorstandsbezüge seien über eine Firma abgewickelt worden, wofür Körperschafts- und Kapitalertragsteuer fällig werden. So seien im Jahr 2012 ca. 200.000 Euro und im Jahr 2013 ca. 300.000 Euro Steuern auf Vorstandsbezüge bezahlt worden. Schelling erklärte, dass es keinen Druck von oben gegeben habe: Ein unabhängiges Gericht habe die Rechtsfrage entschieden. (aich/red/APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.10.2017)

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